Text: Patricia Heller Fotos: Thomas Buchwalder
Das Wunder von Vitznau. Die kleine Gemeinde am Vierwaldstättersee hat nur 1289 Einwohner. Aber zwei beeindruckende Hotels: «Park Hotel» und «Vitznauerhof» ernten 61 GaultMillau-Punkte und vier Michelin-Sterne. Die kulinarischen Stars: Der Aargauer Patrick Mahler (36, grosses Bild oben, links), der sich beharrlich an die nationale Spitze kochte (17 Punkte, zwei Sterne). Und der Holländer Jeroen Achtien (31), der in der Innerschweiz und im Winter auch im Waldhotel Davos wie ein Blitz in die Schweizer Kochszene einschlug (16 Punkte, «Entdeckung des Jahres», 1 Stern).
Feinde oder Freunde? Freunde! Wie gehen zwei junge Chefs miteinander um, die nur wenige Meter voneinander getrennt um die gleichen Gäste kämpfen und ganz nach oben wollen? Patrick Mahler: «Wir sind Best Buddies. Wir gingen am ersten Abend mit einer Flasche Champagner rüber in den Vitznauerhof, um das Team willkommen zu heissen. Wir diskutieren und feiern oft zusammen.» Ungewöhnlich unter Rivalen? «Nein», sagt Mahler klipp und klar, «so gehen wir jungen Chefs heutzutage miteinander um.»
Vierhänder in den Bergen! Achtien ist Doppelagent. Im Sommer ist Vitznau sein Revier, im Winter wechselt die komplette Brigade in den Schnee von Davos; General Manager Raphael Herzog führt beide Hotels. Auch Patrick Mahler reiste mit seiner Brigade in die «WEF-City», wenigstens für einen Abend: Spektakulärer «Vierhänder», sechs Amuse-bouches und acht Hauptgänge. Ausgezeichnet war’s. Und ziemlich frech dazu.
Golden Egg & Schweinbauch. Die Gäste waren ziemlich schnell begeistert. Patrick Mahler begrüsste sie mit einem seiner berühmtesten Gerichte, dem «Golden Egg»: Elegante Rauchfischmousse, Sauerrahm und üppig Kaviar (Kristal Kaviari). Jeroen Achtien kam gleich selber an den Tisch, mit scharfem Messer und schwarzem Handschuh: Er schnitt den wunderbar kross gebratenen, zwei Wochen gereiften Schweinebauch und servierte eine «Mountain XO». XO? Gibt’s sonst vor allem in Hongkong. In Davos prägten selbst gesammelte Kräuter aus der Schweiz die kräftige Sauce. Auch gut: Kimchi Taco, Kaisergranat mit Krustentierschaum, Geräucherte Peperoni-Kugel, Königsmakrele mit Dashi.
Rotbarbe, Hirschherz, Dry Aged Ente. In den Hauptgängen gaben die beiden Jungstars besonders Gas, scheuten vor allem bei den Saucen kein Risiko. Bei Achtien mutierte ein in feine Lamellen geschnittener Rouget zum Ceviche; angerichtet wurde auf Schweinekopf-Essig! Mahler verblüffte mit seinem Zander aus dem Lago Maggiore in der Küche selbst seinen Kollegen: Sauerkraut-Beurre blanc und Gulaschöl. «Darauf muss man erst kommen. Faszinierend!», lobte der Holländer. Auch er hatte eine Überraschung auf Lager: Auf die Dry aged Ente drapierte er – Muscheln und servierte eine Rotkohl-Beurre blanc dazu. Highlight des Abends: Patrick Mahlers geschmeidige Entenleber mit erfrischenden Kumquats. Kumpel Achtien raspelte gefrorenes Hirschherz über ein kleines, feines Butterzöpfli! Verantwortlich für das raffinierte Winepairing Patrick Mahlers Freundin Madeleine Löhner.
>> Das nächste Patrick Mahler-Spektakel: «Kaviar Extravaganza», ein luxuriöser Lunch am 22. April im Park Hotel Vitznau. Fünf Gänge, fünf Kaviarsorten (von Kaviari), 395 CHF.
www.waldhotel-davos.ch
www.vitznauerhof.ch
www.parkhotel-vitznau.ch