Text: David Schnapp | Fotos: Joan Minder

Matthias Schmidberger, was war Ihre erste Amtshandlung als neuer Executive Chef im 7132 Hotel in Vals?
Zuerst habe ich mich um das Personalessen gekümmert und dafür gesorgt, dass es ein grosses Salatbuffet gibt, und dass einfach gut gekocht wird. Die Qualität der Rezepte und Produkte in diesem Hotel sind sehr gut, da gab es keinen unmittelbaren Handlungsbedarf. Natürlich schaue ich mir nach und nach an, wie etwa Jus oder Consommés gekocht werden. Aber ich gehe vorsichtig an die Arbeit. Es gibt hier viele gute Leute im Team, da muss ich nicht alles anders machen wollen. Grosses Bild oben: Matthias Schmidberger (m.) mit seinen Küchenchefs Marcel Koolen (r., «7132 Silver») und Jose Luis Garcia Balado («7132 Red»).


Sie sind also ein Teamplayer?
Ja, das ist mir wichtig, und es ist mein Auftrag, für ein angenehmes Arbeitsklima und einen guten Austausch zwischen den verschiedenen Küchen und Abteilungen zu sorgen. Um den Teamgeist zu fördern, spielen wir auch Fussball oder grillieren zusammen. 


Für Leute, die mit der Hotellerie nicht so vertraut sind: Was macht eigentlich der Executive Chef?
2010 habe ich im «Dorchester» in London gearbeitet, da sass der Executive Chef den ganzen Tag im Büro und hat den Betrieb organisiert. Das ist aber auch ein grosses Haus mit vielen Restaurants und riesigen Teams. Ich komme hingegen aus der Gourmet-Gastronomie und koche zwischendurch noch gerne mit. Heute habe ich zum Beispiel Steinbutt aus der Bretagne und Saibling aus dem Val Lumnezia filetiert. 

Matthias Schmidberger

Teamplayer: Matthias Schmidberger vor dem «7132 Hotel» in Vals.

Marcel Koolen

Der Neue im «7132 Silver»: Marcel Koolen

Jose Luis Garcia Balado

Der Neue im «7132 Red»: Jose Luis Garcia Balado.

Sie sind also eher Koch als Verwalter?
Unbedingt, ich sehe mich immer noch als Koch –, auch wenn ich am Tag rund zwei Stunden Büroarbeit zu erledigen habe.


Was zeichnet Sie als Koch aus?
Ich bin ein Allrounder, man kann mich auf jedem Posten einsetzen: als Garde Manger, als Saucier oder auch als Patissier. Ich habe nach meiner Koch-Ausbildung noch zwei Jahre unter Pierre Lingelser in der «Schwarzwaldstube» eine Lehre als Konditor absolviert. gemacht.


Hotelbesitzer Remo Stoffel ist kein stiller Teilhaber, sondern kommuniziert auch der Küche klar, was er will. Können Sie damit umgehen?
Das «7132 Red» steht für Qualität: Wir servieren frischen bretonischen Hummer aus unseren Meerwasserbecken, Filet vom Rind und Rücken vom Schweizer Kalb. Die Qualität hat erste Priorität, alles andere kommt danach. Bei bestem Rohstoff muss man das Rad auch nicht neu erfinden. Klassische Gerichte verändern sich nicht. Die Art wie man einen Fond ansetzt, wurde in den letzten hundert Jahren nicht neu erfunden. Eine Küchenphilosophie ohne Halbfabrikate, Konservierungs- und Aromastoffe zu verfolgen, ist ein ambitioniertes Vorhaben. Damit umzugehen, dass die erlernte Theorie über den Küchenaufwand, wie Preis und Verarbeitungszeit, im «7132» anders zu priorisieren sind, ist für jeden Koch eine neue Herausforderung, in die man sich zuerst einarbeiten muss. Die kommenden zwei Monate werden der Anfang unserer Zusammenarbeit sein. Mich erwarten viele Diskussionen und Degustationen. 
 

Matthias  Schmidberger

«Viele Diskussionen»: Matthias Schmidberger im Gespräch mit Kollege Jose Luis Garcia Balado.

Können Sie sich trotzdem auch einbringen, wenn es um Gerichte oder Produkte geht?
Ja, wir haben die Vorgabe, neue Ideen einzubringen und zu präsentieren. Dabei wird ein neues Gericht auf die Zubereitungsart, Präsentation, seinen Geschmack und die Übereinstimmung mit unserer Grundhaltung geprüft. Stehen in der Folge die Zeiger auf Grün, können wir die «Red»-Karte um ein neues Gericht erweitern; passt jedoch das Gericht nicht wirklich zu unserem Konzept, sind wir aufgrund der erwähnten Argumente in der Umsetzung der «Red»-Philosophie auch eine Runde weiter.


Im «7132 Red» gibt es die zwei ziemlich ambitionierten Menüs «Classic» und «Imperial» mit 9 beziehungsweise 13 Gängen und einer Bratwurst zum Schluss. Haben Sie eines davon selbst schon mal gegessen?
Nein, das ist zu viel für mich (lacht). Aber für gesellige Leute, die gerne klassische Gerichte geniessen und viele Stunden am Tisch sitzen, ist das doch eine gute Sache. Ich bin immer wieder überrascht, wie oft Gäste das Menü «Classic» oder «Imperial» bestellen.


Was ist Ihre Rolle im Gourmet-Restaurant «7132 Silver», das bis vor kurzem von Mitja Birlo geleitet wurde?
Ich halte Marcel Koolen den Rücken frei. Da das neue Team im «7132 Silver» noch nicht vollzählig ist, koche ich gerade auf dem Saucier-Posten, wo Fisch und Fleisch zubereitet werden. 
 

Marcel Koolen am Pass

«Ich halte ihm den Rücken frei»: Marcel Koolen am Pass im «7132 Silver».

Mit Jeroen Achtien im «Vitznauerhof» sind in den letzten Jahren holländische Einflüsse und auch durchaus verrückte Ideen in die Schweiz gelangt. Auch Marcel Koolen stammt aus dieser Schule. Verstehen Sie einander auf kulinarischer Ebene?
Marcel hat tatsächlich manchmal sehr originelle Einfälle, und er mag zum Beispiel asiatische Einflüsse. Uns ist aber auch wichtig, die Region, die Berge, die lokale Sennerei in die Küche miteinzubeziehen. So versuchen wir verschiedene Ideen und Ansätze zusammenzubringen: Ich lerne von ihm, und er kann sicher auch von mir profitieren. Wir ergänzen uns gut.  


Bei den Küchenchefs ist im 7132 Hotel alles neu, im «7132 Red» gab es zuletzt mehrere Wechsel, Mitja Birlo hat das Haus nach mehr als acht Jahren verlassen. Was bedeutet das für Sie?
Im «7132 Red» kann ich auf bestehende, gut funktionierende Strukturen zurückgreifen. Die klassischen Gerichte sind alle bis auf die Menge Salz im Pasta-Wasser genau rezeptiert. Anfang Mai hatten wir eine sehr intensive Zeit: Marcel hat immer wieder neue Menü-Varianten geschrieben, dann haben wir Bestellungen gemacht und schliesslich alles gekocht und angerichtet. Seither ändern wir schrittweise immer was, manchmal hat er gute Ideen und Rezepte, mal habe ich einen Input – das ist ein Prozess.

>> Matthias Schmidberger (41) war bis Ende 2022 Executive Chef im «Kempinski» St. Moritz, wo er zusammen mit Reto Brändli auch das «Cà d’Oro» auf das Niveau von zwei Sternen und 17 Punkten geführt hat. Davor hat Schmidberger unter anderem im Brenner’s Park Hotel in Baden-Baden oder beim verstorbenen Helmut Tieltges im Drei-Sterne-Restaurant «Sonora» in Dreis gearbeitet. Seit Frühjahr 2023 ist Schmidberger auf dem neu geschaffenen Posten als Executive Chef im 7132 Hotel in Vals.