Text: Urs Heller
Kein Platz für «Orsini-Nostalgie». Die Spannung steigt. «Mandarin Oriental» kommt nach Zürich, an den Paradeplatz. Und Foodies fragen sich: Wie kocht Antonio Guida (grosses Bild oben, vorne), 51, der ab 20. Dezember das Kommando in der Fine-Dining-Küche übernimmt? Vorweg: Guida ist in Italien ein Star: Glanzvoller CV, zwei Michelin-Sterne im «Mandarin Oriental Milan», einen Stern im pompösen «Emirates Palace» in Abu Dhabi («Talea»). Und demnächst auch Sterne in Zürich? «Ich komme auf leisen Sohlen», lacht der Hüne (mit Toque etwa zwei Meter), «ich lege mal los, hoffe, dass mich die Zürcher Gäste entdecken, und Spass haben an meiner Küche.» Die «Orsini»-Gäste, die im ehemaligen «Savoy» Jahrzehnte lang «Spaghetti Orsini», Kalbsleber alla Veneziana und Rindsfilet Rossini bestellt haben, werden sich wundern. Geblieben ist nur noch der Name.
Milano, Zürich, Abu Dhabi. Geht das? Signore Guida, wie führt man drei Restaurants in drei verschiedenen Städten gleichzeitig? «Mit einer bella squadra. Und mit fiducia, mit Vertrauen. Dario Moresco, der das «Orsini» in Zürich führt, hat fünf Jahre bei mir in Milano gearbeitet. Ein guter Koch. Ein feiner Kerl. Auch sein Souschef war sieben Jahre lang bei mir.» Der klare Auftrag für seine Jungs: Sterne, Punkte!
Ortstermin in Mailand. Das «Mandarin Oriental» (104 Zimmer & Suiten) ist die Nummer 1 im Mailand und Antonio Guida der Star im Haus. Er kocht im eleganten «Seta» und im lässig-trendigen «Mandarin Garden». Gemeinsamer Nenner: Je ein «Secret Garden» für die beiden Restaurants, ein zauberhafter Innenhof, mit hohem Romantikfaktor. Die «Starters» im «Seta» sind eine Kampfansage und ambitioniert: Marinierte Ricciola (Bernsteinmakrele) mit Fenchelgel & Daikon. Wachtelei knackig verpackt mit Wasabi, Algen und Ingwer, Rebhuhn-Süppchen mit Creste di gallo (Pasta) und Ziegenkäse.
Sassicaia & Krug im Offenausschank. Spektakulär auch das eigentliche Menü: Blauer, knackiger Hummer mit einem Sprutz Passito (Strohwein) in der Zabaione. Spaghetti mit Seeanemonen und Gambero Rosso-Tatar. Hauchdünne Buttoni mit Wildschweinfüllung in einer Schinken-Bouillon. Räucheraal, ziemlich mutig kombiniert mit Foie gras und einer wunderbaren Rosmarinsauce. Und der Signature Dish, eine Symphonie in drei Farben und überraschender Harmonie im flachen Teller: Risotto, Himbeeren (!), tiefgrüne Kräutercrème. Sommelière Andrea Loi strahlt, wacht über 1100 Etiketten. «Sassicaia» und «Krug 171ème» gibt’s im Offenausschank (!), den Pinot Blanc von Terlan aus der Jeroboam-Flasche (fünf Liter).
Guida kann auch Frühstück. Auch Antonio Guidas Zweitrestaurant «Mandarin Garden» ist gut besucht, für Frühstück, Lunch und Dinner. Das «Oriental»-Frühstück? Nichts für Kalorienzähler, wunderbar ungesund. Shashuka, Baba Ganoush, (Reis-)Nudeln und Sojamilch gibt es auch, aber der Hammer im Angebot ist ein veritables Kuchenbuffet mit verschiedenen XXL-Croissants, mit Rüebli-, Apfel- und Zitronenkuchen, mit Erdbeer-Plunder. Chef Guida schaut schnell vorbei, stellt mir «La Veneziana» hin, ein wundervolles Gebäck mit Crème «und mit einer Zuckerwolke» drüber. Eine Sünde wert. Die Speisekarte lockt mittags und abends auch die Milanesi ins Haus: Club Sandwich, Burger, Ceviche di Ricciola mit Tiger's Milk, Costoletta di vitello alla milanese, Turbot, Snapper. Und klar: Im Herbst fliegen die Trüffelspäne, über Kalbstatar, Tagliolini, Risotto oder über das «Uovo in Camicia»; so heissen hier die pochierten Eier.
In drei Minuten bei Gucci & Prada. Das «Mandarin Oriental», smart geleitet von General Manager Luca Finardi (zuständig auch fürs grandiose MO Lago di Como), ist ein herausragend gutes Hotel. Tolle Küche, perfekter Service. Die Anreise ist mühelos. Das GPS weist den Weg durchs Innenstadt-Chaos, am Ende der schmalen Via Andegari genügen ein Knopfdruck und ein Blick in die Kamera: Die beiden Poller senken sich, der Weg ist frei zum Eingang des Luxushotels an privilegierter Lage. Die Nachbarschaft lässt sich sehen: Teatro alla Scala, Gucci, Prada, Dior, Moncler & Co.; die weltberühmte Via Montenapoleone, Epizentrum der italienischen Mode, erreicht man in einem dreiminütigen Fussmarsch.
www.mandarinoriental.com/milan
>> Fotos: George Apostolidis, Tyso Sadlo, HO