Fotos: Digitale Massarbeit
Zwei Stile, eine Liga. Zwei Köche, zwei Landesgegenden, zwei Sprachen, zwei ziemlich unterschiedliche Stile, aber eine Liga: In der «Steinhalle» treffen an diesem Abend auf Einladung von Mercedes-Benz die beiden Kollegen Markus Arnold und Guy Ravet zusammen, um je drei Gänge für Kunden des Premium-Automobilherstellers zu kochen. Beide haben 17 GaultMillau-Punkte und einen Michelin-Stern, aber unterschiedliche Voraussetzungen. «Auswärts zu kochen, ist für jeden Küchenchef anspruchsvoll», sagt Markus Arnold. Abgesehen davon, dass es in einer fremden Umgebung immer schwieriger werde als dort, wo jeder Ablauf, jeder Handgriff einstudiert sei, sind in Arnolds Restaurant die Platzverhältnisse knapp. In der kleinen offenen Küche ist es eng, mehr als ein mit Bambusholz aufgeheizter Grill, ein V-ZUG-Steamer und zwei Induktions-Platten stehen zum Garen nicht zur Verfügung. Guy Ravet bleibt trotzdem entspannt: «Dinner wie dieses machen wir vor allem, weil uns die Abwechslung reizt», sagt er. Ausserdem sei die Zusammenarbeit mit Markus Arnold sehr angenehm, weil alles «perfekt organisiert» sei. Grosses Bild oben: Guy Ravet l., Markus Arnold.
Passende Handschrift. Auch wenn er für die letzten Vorbereitungsarbeiten in die zweite kleine Küche im Keller ausweichen muss, ist Ravet hoch motiviert und bestens vorbereitet. «Wir haben unsere Gerichte ein wenig dem Stil von Markus Arnold angenähert. Schliesslich muss das Essen ja den Berner Gästen schmecken», sagt er. Auf dem Programm in der «Steinhalle» steht gerade das Menü-Thema «Kyūshū Essenz» – eine Referenz an die Inselgruppe im Süden Japans. Auch wenn sein Kochstil sich stark von dem seines Kollegen unterscheide, habe er Gänge aus seinem Menü ausgewählt, die zu Arnolds Handschrift passen, so Ravet. Während Arnold japanische Gelbschwanzmakrele mit Sudachi-Sud, Daikon-Rettich, kandierter Yuzu und einem kraftvoll-säuerlichen Geschmack serviert, wird es bei Guy Ravet auf angenehme Art zunächst etwas feiner und leiser: Die Kombination aus Kohlrabi und Langoustine mit Oona-Kaviar ist frisch und elegant.
«Gutes Essen macht mehr Spass.» Eine Art von kulinarischer und aromatischer Verwandtschaft ist hingegen bei den beiden warmen Fisch-Gerichten zu erkennen: Markus Arnold kombiniert den über Holzkohle perfekt gegarten Zander mit einer Shitake-Beurre-Blanc, während Guy Ravet beim gebeizten, sanft gegarten Saibling mit Fenchel und gebratenem Kopfsalat seine klassische Buttersauce mit einem Püree von Aji Amarillo und etwas Miso anreichert. «Das ist ein Gericht aus unserem nächsten Menü, das mir gut passend zum heutigen Abend erschien», sagt Ravet. Wie genau er den Fisch zubereitet hat, und was es mit der Sauce auf sich hat, muss er auch Roland Schell, dem CEO von Mercedes-Benz Schweiz detailliert erklären: «Bei uns zu Hause bin ich in der Küche für die Feinheiten beim Abschmecken zuständig – noch etwas Creme Fraîche da, noch etwas Salz dort», sagt der Auto-Chef gut gelaunt. Mercedes und gutes Essen sei eine perfekte Kombination, findet Roland Schell: «Jeder isst gern und gutes Essen macht unseren Kunden noch mehr Spass.»
Miso statt Butter. Während Guy Ravet mit Patissier Gaëlle Peralta und seinen beiden weiteren Kollegen aus dem Grand Hotel du Lac in Vevey jetzt das Dessert vorbereitet – «nichts ist japanischer wie ein reifer Pfirsich», so Ravet – konzentrieren sich Markus Arnold und seine beiden Sous-Chefs auf den Hauptgang: «Das Entrecôte vom Swiss Black Angus wird eigens für uns selektioniert und nur auf dem Grill zubereitet», sagt Arnold. Zum Fleisch gibt es fermentierte Chili, ein Miso-Auberginenpüree sowie Jus, dazu ein Salat mit japanischer Knusper-Gewürzmischung und Sesam-Dressing. Aber auch für Guy Ravet sind fernöstliche Produkte und Würzmittel eine interessante Ergänzung in der Küche: «Ich setze sie vielleicht etwas anders ein als Markus, aber Miso beispielsweise erlaubt uns eine leichtere Küche mit weniger Butter und Rahm», erklärt er seinen japanischen Weg. Am Ende fahren die beiden Köche, beide Mitglieder bei der Vereinigung Les Grandes Tables, zwar in verschiedene Richtungen, sorgen aber dennoch für seltene Harmonie.