Text: Urs Heller I Fotos: David Künzler
Die Molke macht’s! Die zwei sind feste Grössen in der Innerschweizer Food-Szene. Toni Odermatt von der «Geissäheimet Meierskählen» am Fuss des Stanserhorns ist Lieblingsproduzent vieler ambitionierter Chefs; er liefert nicht nur «das Beste von der Geiss», er zieht auch Schweinchen auf. Molkensäuli, um genau zu sein. Moritz Stiefel ist einer der besten Chefs der Stadt: konzentriert und raffiniert in der Küche, «born to be wild» im Ausgang. Der Chef ist von den Schweinchen begeistert: «Dass Tonis Säuli wirklich nur Molke fressen, spürt man bei jedem Bissen.» Grosses Bild oben: Moritz Stiefel mit dem Schädel von Matilde: «Dieses Schwein hat mir meine Frau Luigina vor drei Jahren zum Geburtstag geschenkt.»
Eine schweinische Brotzeit. Auf das Dreamteam Stiefel / Odermatt ist Verlass. Also treffen die Gäste pünktlich, nämlich an einem Sonntagnachmittag bereits um 17 Uhr, in «Stiefels Hopfenkranz» ein. Sie wissen: Moritz-Metzgete gibt es (höchstens) einmal im Jahr; verpassen sollte man sie nicht. Schmunzeln bereits zum Start: Eine «schweinische Brotzeit» ist angekündigt, die sanfte, elegante Säuli-Leber wird in Schweineform serviert, dazu saftiger Buurehamme und als erster Härtetest für «Metzgete-Einsteiger» die knusprige Schwarte.
Gang des Abends: Säulikopf! Höhepunkt im Menü? «Säulikopf im Knuspermantel». Dafür hat das «Hopfenkranz»-Team hart gearbeitet und B-Teile fantastisch verwertet: Bäggli und Schnörrli verbergen sich, vom Fett befreit, im Knuspermantel, etwas Fenchel gibt es dazu und auch eine aufregend gute Orangen-Hollandaise. Dass das «saugut» ist, weiss auch der Chef Stiefel: «Dieser Gang kommt ins nächste Menü. Vielleicht etwas kleiner und eleganter und unter einem anderen Namen.» Die Bezeichnung «Säulikopf» ist eher etwas für Liebhaber.
Blutwurstgröstel 2.0. Wie sorgfältig und subtil Stiefel kochen kann, zeigt sich in der nächsten Runde: Blutwurstgröstel 2.0! Eine Blutwurst darf bei einer Metzgete nicht fehlen, aber Moritz Stiefel serviert sie ohne Haut, gewissermassen als Terrine. Das Gröstel ist von überraschender Eleganz und hat Power: «Ich mixe die Schwarte rein», verrät der Chef. Birnenwürfel sorgen für Frische im Teller.
Würstli, Wädli, Sauerkraut. Ganz traditionell geht’s auch: Mini-Schweinswürstli von Toni Odermatt mit Zwiebelsauce folgen; wer fleissig gräbt im Teller, stösst auch noch auf eine knusprige Rösti. Der Hauptgang ist ein Riesending: Ein wunderbares, krosses Wädli, selbst gepökelt, auf einem Sauerkraut, das eindeutig mehr ist als «nur Beilage», dazu eine riesige Schmelzkartoffel. Das Geheimnis bei diesem Gericht: Eine höchst angenehme, geschickt dosierte Senfsauce.
Darf es eine Beurre-Noisette-Glace sein? Wie bleibt man klassisch und kreativ zugleich? Stiefel hat den Dreh raus: Er serviert zum Dessert wie es sich an einer Metzgete gehört ein Apfel-Chüechli mit Apfel-Chip und Gel, giesst eine Vanillesauce drüber. Aber da liegt noch eine Kugel Eis auf dem Teller: Beurre Noisette-Glace! Typisch Stiefel. Luigina Stiefel schmeisst fröhlich den Service, spielt bei der Getränkebegleitung ihre hohe Kompetenz beim Thema Naturweine aus und legt schliesslich die Rechnung auf den Tisch. 95 CHF pro Person. Das ist angesichts des unglaublichen Aufwands bei der Mise-en-place, bei der Qualität des Molkenschweins und bei der Raffinesse der einzelnen Gerichte wirklich nicht zu viel.