Text: David Schnapp Fotos: Lucian Hunziker
Die Zukunft rund ums Schloss. Fürstenau im Domleschg ist offiziell «die kleinste Stadt der Welt». Wenn es nach Andreas Caminada geht, soll es bald auch die feinste sein. Der erfolgreiche Koch und Gastronom ist eben von einer mehrmonatigen Reise mit der Familie heimgekehrt – nun ist er mit Hochdruck daran, die Projekte, fertigzustellen, welche die Caminada-Welt rund um Schloss Schauenstein für die Zukunft prägen sollen.
Souvenir aus Asien. Bevor es auf einen kleinen Rundgang durch die verschiedenen Baustellen des Andreas Caminada geht, erzählt er bei einer vietnamesischen Pho Bo von seinen langen Ferien, aus denen er auch ein kulinarisches Souvenir mitgebracht hat: «Diese Nudelsuppe haben wir in Thailand oft zum Frühstück gegessen, das ist dort ein Klassiker. In Zukunft werden auch die Gäste, die bei uns übernachten, diese Suppe oder die traditionellen Eggs Benedict auf der Frühstückskarte finden.»
Gastgeberkultur für alle. Die grossen Änderungen gibt es aber nicht auf der Speisekarte des mit den Höchstbewertungen von 19 Punkten und 3 Sternen ausgezeichneten «Schloss Schauenstein», sondern rundherum. Aus zwei ehemaligen Ställen wird die «Casa Caminada», ein Gästehaus mit 4 Familien- und 6 Doppelzimmer, mit einer Beiz für Bündner Spezialitäten, einem kulinarischen Keller sowie einer Bäckerei. «Mir schwebt etwas vor, das Bodenhaftung hat und beständig ist», sagt Caminada über sein neustes Projekt. Die neuen Gäste sollen Wanderer sein, Durchreisende oder Familien. «Wir möchten eine Gastgeberkultur etablieren, die für alle zugängig ist», sagt der Starchef.
Brot backen wie die alten Römer. Bei unserem Besuch sind die Spezialisten aus Deutschland gerade dabei, den freistehenden gemauerten Bogen anzulegen. Hermann Heuft, Backofenbauer in der sechsten Generation, erzählt: «Die Steine für diesen Holzbackofen bestehen aus vulkanischer Asche, die über Tausende von Jahren gepresst wurden. Dieser Tuff leitet Hitze extrem gut, schon die Römer haben vermutlich damit Brot gebacken.» Der gleiche Ofen stehe auch beim «Eigenbrötler» im luzernischen Wauwil, einem der besten Bäcker der Schweiz, erzählt Caminada.
Kulinarisches Archiv für Graubünden. Andreas Caminada will zukünftig von einem engagierten jungen Bäcker das Brot fürs Schloss und die «IGNIV»-Restaurants in Bad Ragaz und St. Moritz hier backen lassen. Im eigenen Laden gibt es Brot über die Gasse und der hochkreative Koch träumt sogar von einer dreirädrigen italienischen Piaggio Ape, mit der er am Sonntag Brot ausliefern könnte. «Wir wollen hier eine Bühne für das Handwerk schaffen», erklärt Caminada und führt uns in den Keller, der eine «kulinarische Schatzkammer» werden soll und ein kulinarisches Archiv für die Region.
Keller für Würste und Käse. Die Ziegel, hinter denen – belüftet und befeuchtet – einst Würste lagern sollen, sind jetzt noch roh und unverputzt, aber Caminada sieht alles schon bildlich vor sich: «Hier kommt dann ein grosser Tisch hin, dort gibt es Platz für Einmachgläser und hier entsteht der Käsekeller, den wir zusammen mit Martin Bienerth von der Sennerei Andeer bewirtschaften», erzählt der Hausherr mit einem blauen Bauhelm in der Hand.
Nur kein Alpen-Chic. Dann geht die Führung durch die zukünftigen Hotel-Zimmer der «Casa Caminada», für die der Bündner Architekt Gion A. Caminada verantwortlich ist. Er sei nur über viele Ecken mit ihm verwandt, erzählt Andreas und verspricht, dass das Gasthaus nicht im trendigen Alpen-Chic daherkommen werde, sondern in einer modernen Ästhetik, die sich dennoch harmonisch in das jahrhundertealte Ensemble der Kleinststadt einfügt.
Rösterei im Gartenhäuschen. Während in der Casa die Handwerker noch viel zu tun haben, ist das Meierhaus gleich daneben, das 1742 als Verwaltungsgebäude des Bischofs errichtet wurde, schon bereit für Gäste. Seit 2017 ergänzt es Caminadas Boutique-Hotel um zwei Suiten und ein Gästezimmer. Interessanter aber noch ist allerdings das kleine Gartenhäuschen gleich davor, dort steht schon betriebsbereit eine Kaffeeröstanlage. Dieses Projekt hat Andreas Caminada mit dem Chef der Zürcher Kaffeerösterei Black ‚n’ Blaze, Claude Stahel, realisiert.
Neue Kaffeekultur. «Auch hier geht es um das Handwerk», sagt Caminada, «wir wollen im Schloss und in den anderen Betrieben eine neue Kaffeekultur etablieren.» Spezialmischungen kommen künftig aus der eigenen Rösterei und neben den klassischen dunklen Röstungen nach italienischer Art sollen fruchtbetonte Spezialmischungen mit frischer Säure ins Angebot: «Wir werden im Restaurant in Zukunft auch Filterkaffee anbieten, und unseren Gästen die Möglichkeit bieten, die Vielfalt der Kaffeewelt kennenzulernen.»
Vielleicht noch eine Metzgerei? Doch damit ist Caminadas Ideen-Feuerwerk noch lange nicht abgebrannt: Er erzählt von neuen Kleidern für das Personal, dem neuen Logo für «Schloss Schauenstein», einem umgebauten Rezeptionsraum für die Hotelgäste und einer Lounge vor dem Champagnerkeller, der vor der alten Sauna eingerichtet wurde, und träumt davon, dass doch eigentlich auch eine Metzgerei zum wachsenden Genuss-Ensemble passen würde. «Das können wir natürlich nicht selber machen, aber wenn ein Metzger Lust hätte, da etwas auf die Beine zu stellen, wäre ich dabei.»
Caminadas Vision. «Fürstenau soll kulinarisch, kulturell und architektonisch ein Anziehungspunkt werden», umschreibt Andreas Caminada zum Abschluss seine Vision von der kleinsten, aber feinsten Stadt der Welt.