Text: David Schnapp | Fotos: Digitale Massarbeit
Gemüse-Restaurant bei der Dolder-Bahn. «Wir haben weder Kosten noch Mühen gescheut», könnte als Titel über dem neuen, spektakulären Gartenrestaurant Blooms im Swiss Deluxe Hotel The Dolder Grand in Zürich stehen. Neben der Bergstation der Dolder-Bahn wurde mit viel Aufwand ein hübscher Kräuter-, Gemüse- und Obstgarten angelegt, dazwischen sitzen die Gäste unter grossen Sonnensegeln im Freien und essen vegane Gerichte, die in der Outdoor-Küche zubereitet werden. Im Zentrum überragt das riesige rote Stahl-Objekt des Künstlers Keith Haring die idyllische Szenerie. Das Kunstwerk wurde zur Neueröffnung aufwendig restauriert.
Der Garten als Inspiration. Trotz der bunten Beete mit Fenchel, Stachelbeeren, unzähligen Kräutern und mehr ist dies kein Farm-to-Table-Konzept. «Der Garten ist unsere Quelle der Inspiration, aber kann uns nicht mit allem versorgen, was wir brauchen», sagt Heiko Nieder. Aber zum Konzept gehört auch, dass die Köche ab und zu durchs Grün streifen und da noch ein paar Blüten und dort noch ein paar Blätter abzupfen. Dass 19-Punkte-Chef Nieder auch ein talentierter Gemüsekoch ist, wissen die Gäste vom «The Restaurant» schon länger. Seit 13 Jahren serviert der Culinary Director des «Dolder Grand» auch ein vegetarisches Menü, das geschmacklich mühelos auf dem Niveau der Fisch-und-Fleisch-Auswahl mithalten kann.
Neue Geschmackswelt. Für sein «Blooms» hat sich das kulinarische Multitalent aber nochmals eine neue Geschmackswelt erarbeitet – mit einer veganen Küche «ohne philosophischen Überbau», wie Nieder es ausdrückt. Das Resultat ist ein vielfältiger Reigen von Gerichten, die vom ersten Salat bis zum letzten Dessert einfach gut schmecken. Während in den Blätter der Bäume um uns herum der Wind rauscht und Ibiza-Lounge-Musik die entspannte Atmosphäre untermalt, werden verführerische Kleinigkeiten zum Start serviert: ein Algen-Chip mit Pilzen, Bergbohnen-Falafel mit gelbem Linsendip und eine herzhaft-fruchtige Gazpacho mit Melone und Jalapeño.
Frische & etwas Schärfe. Brot wird keines serviert, denn das neue Lifestyle-Restaurant ist nicht nur vegan, sondern auch Gluten- und Laktosefrei. Das mache für die Küche am meisten Sinn und komme den Bedürfnissen der meisten Gäste entgegen, sagt Heiko Nieder. Leichtigkeit, Frische und eine angenehm dosierte sommerliche Schärfe zieht sich dafür wie eine tragende Melodie durch das Menü: Der «Blooms»-Gartensalat mit Kräutern, Gemüse, Blüten und Blättern etwa wird mit etwas Wasabi-Öl abgeschmeckt; das cremig-aromatische Tofu-Kokos-Chawanmushi mit Erbsen und den kaviarähnlichen Samen der Kochia Scoparia bekommt durch eine Curry-Mischung eine feine Schärfe, die in diesem delikaten Löffelgericht einen schönen Kontrast erzeugt.
Nur bei schönem Wetter. «Bis das Chawanmushi die richtige Konsistenz hatte, musste ich zwei Tage üben», sagt Nieders Sous-Chef Robin Briner, der mit seinen Kollegen Julia Stepanova und Leano Feltre das Alltagsgeschäft im «Blooms» übernimmt. Das Restaurant ist natürlich nur bei schönem Wetter geöffnet, morgens um 10 Uhr wird jeweils – je nach Wetterbericht – entschieden, ob angerichtet wird oder nicht. Die Gäste können von Donnerstag bis Montag mittags oder abends reservieren. Droht Regen, werden sie telefonisch benachrichtigt.
Dashi & Umami. Umami spielt in den neuen pflanzenbasierten Gerichten von Heiko Nieder eine wichtige Rolle. In der freien Interpretation des thailändischen Papaya-Salats etwa, gibt eine vegane Dashi der Kombination mit gebratenen, eingelegten Kräuterseitlingen und Erdnüssen eine solide Basis des Wohlgeschmacks. Dafür werden die Umami-Kräfte von Kombu-Algen, Tomaten und Shitake-Pilzen extrahiert und sorgen dafür, dass man gleich noch eine Portion bestellen möchte. Aber auch der stattdessen servierte nussig-süssliche Topinambur mit Kopfsalat und einem «Risotto» aus Waldstauden-Roggen, der mit Miso, Reisessig und Shio Koji gekocht ist, könnte man gern noch ein zweites Mal essen. Dazu trinkt man entweder ein Glas von dem passenden knackig-frischen und mineralischen Ultra Brut von Laurent-Perrier (im Offenausschank) oder auch einen der vom Bar-Team eigens für das «Blooms» entwickelten Cocktails.
Süsser Salat. Bei den Desserts entscheiden wir uns für eine Salat-ähnliche Kombination aus Rosé-Champagnersorbet mit Beeren und einer Vinaigrette mit Olivenöl, Essig und Erdbeersaft sowie danach für einen Kokos-Cheesecake mit einer wunderbar leichten Textur, einem Pistazien-Matcha-Boden, Himbeeren und Himbeer-Sorbet. Das «Blooms», soviel lässt sich nach einem ersten Besuch sagen, ist nicht nur das mutmasslich schönste Freiluft-Restaurant der Stadt Zürich. Heiko Nieder beweist ausserdem, dass gesunde pflanzenbasierte Küche auch mit einer entspannten Selbstverständlichkeit serviert werden kann, die fast jede und jeden zu erreichen vermag.