Fotos: Thomas Buchwalder, HO

«Fun Fine Dining.» Vor elf Jahren wurde im «Maison Manesse» in Zürich-Wiedikon unter der Führung des damaligen Küchenchefs Fabian Spiquel ein neuer Stil namens «Fun Fine Dining» erfunden: wilde kreative kulinarische Ideen, cooles Ambiente und Personal mit einer internationalen Ausstrahlung. Jetzt hat das 16-Punkte-Restaurant sein vorläufiges Ende angekündigt, nur noch ein halbes Jahr wird weitergekocht, Ende 2024 ist Schluss am jetzigen Standort am Manesseplatz. Grosses Bild oben: v.l. Souschef Pepe Clément, Küchenchef Benjamin Plsek und Geschäftsführer & Sommelier Raymond Fürer

Suche nach neuem Standort. Grund für das Ende sei die ungewisse Zukunft der Liegenschaft, die immer weniger den Bedürfnissen eines Restaurants genügt. Ein neuer Standort habe trotz intensiver Suche noch nicht gefunden werden können. Trotzdem handle es sich nur um das Ende eines Kapitels in der «Maison»-Geschichte, damit ein neues beginnen könne. «Das Restaurant ist wunderschön, und es ist viel Wehmut dabei, wenn wir es Ende Jahr verlassen. Aber ein Teil der Infrastruktur ist sehr veraltet, so dass man nicht richtig für die Zukunft planen kann. Deshalb haben wir uns entschieden, unser Glück an einem anderen Ort zu versuchen», sagt dazu Benjamin Plsek. Der 34-Jährige hat 2017 als Sous-Chef im «Maison Manesse» angefangen, seit 2020 ist er der Küchenchef.

Maison Manesse 2021

Noch bis Ende 2024 offen: Das «Maison Manesse» am Manesseplatz in Zürich-Wiedikon.

Maison Manesse 2021: Im Backteig frittierter Sellerie mit eingemachtem Périgord Trüffel, Sauce Gibiche, Gemüsejus, Spitzkohl

Gemüse spielt eine wichtige Rolle im Menü: Sellerie im Backteig mit eingemachtem Périgord Trüffel, Sauce Gibiche, Spitzkohl.

Wie ein aufmüpfiger Teenager. Das «Maison Manesse» war immer ein Ort mit der Ausstrahlung eines aufmüpfigen Teenagers. Hier wurde vieles ausprobiert. Unvergessen sind etwa die mit Goldfarbe überzogenen frittierten Mehlwürmer, die zum Onsen-Ei serviert wurden, weil das ja gewissermassen das Futter der Hühner sei. Nachdem sich Fabian Spiquel vor sieben Jahren als Private Chef nach Thailand abgesetzt hat, wurde Benjamin Plsek neuer Küchenchef und führte schrittweise einen neuen Stil ein: Immer noch überraschend und hochkreativ, aber doch mit einer gewissen Ernsthaftigkeit gepaart wirkt seither das Überraschungsmenü im «Maison Manesse». «Ich möchte auf jeden Fall weitermachen und hoffe auch, dass das Team zusammenbleibt», sagt Plsek über die Zukunft des Restaurants. Die Suche nach einem neuen Standort sei allerdings nicht einfach. «Oft sind die Küchen in Zürich sehr klein, es fehlt an Lagerplatz und gleichzeitig sind die Übergabekosten sehr hoch», erklärt er.

Ente, Palmkohl, Limette. Zusammen mit Raymond Fürer, einem in Alaska aufgewachsenen Zuger, war Benjamin Plsek sowie das achtköpfige «Maison»-Team dabei, die Teenager-Jahre hinter sich zu lassen, ohne dabei die Eigenständigkeit zu verlieren. Beim letzten Test-Besuch überraschte der talentierte Koch unter anderem mit einer Kombination aus Enten-Ragout, Palmkohl und Limette als perfekter Comfort Food auf hohem Niveau oder mit einem fantastischen Dessert aus wilder und kultivierter Quitte, Kerbelwurzel und Leinsamen als nussig-fruchtiger und leicht säuerlicher Abschluss. Kurz: Auch wenn lockeres Fine Dining längst zum breiten Trend geworden ist, hinterlässt das «Maison Manesse» eine Lücke, die das engagierte Team hoffentlich selbst bald wieder schliessen kann.

>> www.maisonmanesse.ch

 

Ergänzt am 21.6.24 um 11:51 Uhr