Fotos: Samuel Müller
Frisch sind die «Köpfchen» am besten. Auf runde Waffeln wird süsser Eiweissschaum gespritzt. Immer sechs schneeweisse Türmchen stehen stramm in einer Reihe auf dem Band. Und laufen durch die stetig fliessende Schokoladendusche, die sie mit einer feinen Schicht Schoggi überzieht. Danach werden die «Schokoladenköpfchen» – so nennt man sie inzwischen unverfänglich – gekühlt und einzeln von Hand kontrolliert. Sie kommen in die sogenannte Wickelmaschine, welche sie in glänzende, farbige Aluminiumfolie packt. Wiederum händisch wird Köpfchen für Köpfchen mit Verfallsdatum etikettiert: «Wir möchten, dass sie nach höchstens fünf Wochen gegessen sind», sagt Cécile Richterich. «Auch wenn sie natürlich viel länger haltbar wären.» Grosses Bild oben: Cécile & Matthias Richterich.
Die Köpfchen werden in einer (weissen) Schokoladendusche überzogen.
Verpackt werden sie in Alufolie in verschiedensten Farben.
Die weissen Zeichnungen werden von Hand in die Formen gepinselt.
Sonntagsarbeit: 3-Kilo-Hasen! Cécile und Matthias Richterich führen die Schokoladenmanufaktur Othmar Richterich AG in Laufental seit fünf Jahren. Sie sind die dritte Generation im Familienbetrieb. Jetzt in der Osterzeit hat man dort gerade wieder besonders viel zu tun: «Wir verkaufen etwa zwei- bis dreimal so viel wie in den Sommermonaten», sagt Matthias Richterich. Die Produkte? Besagte Schokoköpfchenen. Die etwas aus der Mode gekommenen Likörstöckchen. Und zurzeit gefragt: liebevoll bemalte Hasen in verschiedenster Ausführung. Besonders liebevoll gemacht und im Fabrikladen zu bestaunen: zwei fast ein Meter grosse Hasen, jeder über 3 Kilogramm schwer, die Cécile Richterich mit ihrer Tochter am freien Sonntag von Hand in die Form gegossen und bemalt hat. «Sogar die aufgesetzten Augen sind von uns selbstgemacht!»
3 Millionen Schokoköpfchen verlassen die Manufaktur jährlich.
Alessandra liebt ihre Hasen. Ein weiteres Produkt aus der Osterkollektion bei Richterich sticht heraus – es verbindet quasi das Beste zweier Welten: ein Schokoladenhase, der mit schneeweissem Eiweissschaum gefüllt wird! Auch hierfür wird die Schokolade von Mitarbeiterin Alessandra De Mitri mit einer alten Maschine in die Formen gegossen. Diese kommen auf eine Art Zentrifuge, die dafür sorgt, dass die noch warme Schokolade sich möglichst gleichmässig an die Formen schmiegt. «Man hat etwa 10 Minuten Zeit, bis die Schoggi wieder erkaltet», sagt die gebürtige Italienerin, die auf dem Handy so viele Fotos von Schokoladenhasen hat wie sonst niemand. Die fertigen Hasen werden gelocht, von Hand bis in die Ohren mit Schaum gefüllt und dann wieder geschlossen.
Sie giesst die Hasen Stück für Stück: Alessandra De Mitri.
Gibt es nur bei «Othmar Richterich»: Hasen mit Schaum gefüllt.
50 Tonnen Schoggi, meist von Felchlin. Othmar Richterich Schokoladenmanufaktur ist mit rund zwanzig Mitarbeitern ein vergleichsweise kleiner Anbieter. Auch wenn die entsprechenden Zahlen den Liebhabern von Süssem vielleicht Tränen in die Augen schiessen lassen: 50 Tonnen Schokolade pro Jahr werden verarbeitet, gut 90 Prozent davon kommt von Felchlin. Und dies schon seit Jahren: «Wir haben in unserem Archiv Quittungen von Felchlin aus den Vierziger-Jahren», sagt Matthias Richterich. Die Eier für den Schaum kommen aus Freilandhaltung, der Zucker aus dem Inland, die Waffeln sind palmölfrei. Und wie viele Schokoladenköpfchen werden hergestellt? Rund drei Millionen Stück. «Unsere Mitbewerber sind meines Wissens im tieferen zweistelligen Millionenbereich», weiss der frühere Ökonom die Zahl einzuordnen. Die Firma Othmar Richterich beliefert, so erklärt er weiter, mehrere Restaurants; die Produkte stehen auch bei Volg und in manchen Coop-Filialen im Gestell. «Nur in Zürich fehlt uns bisher ein Vertriebskanal.»
Osterüberraschung: Wenn das Ohr ab ist, kommt der Schaum zum Vorschein!
Bis zu 50 Tonnen Schokolade werden in dieser Halle jährlich verarbeitet.
Für grosse Geniesser: In diesem Köpfchen versteckt sich flüssiger Kirsch!
75-jährige Mutter packt mit an. Ist man da noch Manufaktur? Tatsächlich gibt es einige Arbeitsschritte, die nicht durch Maschinen ausgeführt werden: Hasen und Schokoladen-Köpfchen dekorieren. Oder das Füllen spezieller Editionen wie dem Dubai-Köpfchen mit verführerischer Pistaziencreme! «Auch das Wickeln von Flachschokolade wird von Hand gemacht», sagt Cécile Richterich. Da helfe manchmal sogar ihre 75-jährige Mutter mit, die den Betrieb früher geleitet hat. «Sie ist topfit!» Die ältere Frau sieht auch in der Osterzeit nach dem Rechten: Sie wolle etwa wissen, ob der «Meilenstein-Hase» im Fabrikladen auch dieses Jahr auf dem richtigen Gestell steht – eine Hasenform, deren Lancierung ihr verstorbener Ehemann als Jugendlicher in den Anfangsjahren der Manufaktur miterlebt hat.
Schokolade in allen Gestellen: der Fabrikladen in Laufen.
Fabrikladen: Kundschaft im Minutentakt! Zur Osterzeit ist in besagtem Verkaufsgeschäft in Laufen so einiges los. «Bling», klingelt im Minutentakt die Türklingel. Willkommen im Schoggi-Schlaraffenland! Eine Grossmutter sucht Kleinigkeiten fürs Osterkörbchen ihrer Enkel zusammen. An der Kasse fragt jemand, nach den mit Schaum gefüllten Hasen. Ein Mann im mittleren Alter bestellt einen Kirsch-Schokolade-Köpfchen, verlässt den Laden und beisst gleich auf der Strasse hinein. Manche nehmen die Schokolade im Handgepäck mit nach Australien oder in die USA. «Und wir haben sogar einen Kunden, der einmal pro Jahr aus Genf herkommt – jeweils mit ellenlanger Bestellliste aus der Nachbarschaft!» Schnell merkt man: Der Laden ist für die Richterichs wichtig – hier können sie die Kundschaft spüren. Und diese spürt offenbar die nahenden Ostern!