Text: Elsbeth Hobmeier I Fotos: Marcus Gyger

Schönes Hühnerleben. Die Legehennen haben es gut bei Kobi Zeller in Gstaad-Grund. Am Morgen liefern sie pflichtschuldigst ihr Ei ab, dann spazieren sie hinaus ins Freie, scharren im Gras, picken hier einen Wurm und dort einen Käfer. Werden sie müde, spazieren sie zurück, hocken auf den Stangen und den Strohballen und schlafen eine Runde. Erst am Abend heisst es wieder: Alle rein in den schützenden Stall, wegen dem Fuchs und anderen hungrigen Zaungästen. Erblicken die Hühner Kobi Zeller oder Robin Romang, die Betriebsleiterin, nähern sie sich freudig und neugierig. Die Liebe scheint gegenseitig. Und das Ergebnis, nämlich die Eier, sind entsprechend perfekt und erster Klasse: Gross, mit goldgelbem Dotter, topfrisch. Grosses Bild oben: Franz W. Faeh (l.) und Kobi Zeller.

Kobi Zeller mit Robin Romang (Geschäftsführerin)

Gegenseitige Liebe: Kobi Zeller und Betriebsleiterin Robin Romang inmitten ihrer Hühner.

Der «Palace»-Chef will nur Kobi-Eier. Die Qualität von Kobi-Ei überzeugt auch die Hoteliers, Wirte, Detailhändler und Bäckereien im ganzen Saanenland. Zwei Drittel der Produktion geht in die Gastronomie, «praktisch alle grösseren Betriebe wollen unsere Eier», sagt Jakob «Kobi» Zeller. Und so werden jeden Morgen pünktlich um 7 Uhr 150 Eier ins weltberühmte Swiss Deluxe Hotel «Palace Gstaad» geliefert: «Franz Fäh will keine anderen». Das lässt manch einen Frühaufsteher staunen. «Ich dachte, das täglich frische Ei direkt aus dem Stall sei nur ein Werbegag», sagte neulich ein Palace-Gast. Auch Marcel Reist, Chef im Viersterne-Hotel «Bernerhof», gehört zu den Kobi-«Frühentdeckern», wertet damit seit Jahren das Frühstücksangebot auf.

«Ich bin die Böse.» Besonders begeistert sind die Passanten, wenn Kobi oder seine Betriebsleiterin Robin per «Tuktuk», also dem dreirädrigen Piaggio-Gefährt anliefern, mit zwei Kisten à 360 Eiern. Seit Robin Romang vor eineinhalb Jahren die Leitung von Kobi-Ei übernommen hat, versucht sie ohnehin, etwas striktere Regeln durchzusetzen. «Ich bin die Böse, die nicht mehr zu jeder Tages- und Nachtzeit ausrückt und liefert». Sagt es, nimmt einen Anruf entgegen - und verspricht einem drängenden Gstaader Küchenchef, sofort bei ihm vorbeizufahren.  

Kobi Ei Gstaad

Der Eier-Lieferant der Gstaader Chefs: Jakob «Kobi» Zeller.

Die 800 Hühner legen täglich etwa 800 Eier. Das reicht für normalen Zeiten.

Kobis Hühner legen täglich etwa 800 Eier. Das reicht im Normalfall.

Hühner

Kobi hat 800 Legehennen: «Eigentlich müssten wir vergrössern.» 

60 Gramm Ei, 60 Gramm Mist. Die Hühnerherde umfasst 800 Tiere, die täglich rund 800 Eier legen. Das genügt in normalen Zeiten. Doch während der Touristensaison im Sommer und ganz besonders über die Festtage an Weihnachten und Neujahr ist die Nachfrage weit grösser. Kobi-Ei muss dann von befreundeten Freiland-Betrieben im Unterland zusätzliche Ware beziehen. Umgekehrt werden allfällige Überschüsse in schwächeren Zeiten zu Flüssig-Ei verarbeitet, das vor allem in Bäckereien und in den Restaurants fürs morgendliche Rührei begehrt ist. Kobis Eier werden auch gekocht, gefärbt und als Picknick-Ei verkauft. «Wir müssten uns gemäss der Nachfrage eigentlich vergrössern, so 4000 bis 5000 Legehennen wären mein Ziel», sagt Robin Romang. Aber wo bauen? Die Zufahrt muss lastwagentauglich sein für die tonnenweise Anlieferung des Futters. Und die gesetzlich vorgeschriebene Fläche zur Ausbringung des Düngers muss entsprechend gross sein. Denn, so rechnet Kobi Zeller vor: «Ein Huhn frisst pro Tag 120 Gramm Futter, es legt ein Ei von 60 Gramm und hinterlässt 60 Gramm Mist». Diesen muss der Eierbauer in einer Distanz von maximal acht Kilometer ausbringen. «Fast unmöglich», sagt Kobi. «Nicht ganz einfach», sagt Robin. 

Alles rund ums Huhn. Angefangen hat alles 1997, als Jakob Zeller den elterlichen Bauernbetrieb in Gstaad-Grund von der Kuh aufs Huhn umstellte. «In der Region wurden jährlich 11 Millionen Liter Milch produziert, aber keine Eier. Das wollte ich ändern.» Er baute einen Stall für Legehennen und einen für Mastpoulets. 2020 gründeten Jakob und Lydia Zeller das Label Kobi-Ei und konzentrierten sich auf die Legehennen. Die Bibeli werden ein halbes Jahr zum voraus in einer Brüterei bestellt und kommen in Alter von 18 Wochen vom Aufzüchter zu Kobi. Ab 20 Wochen legen sie mit dem Eierlegen los. Und hören erst im Alter von 66 Wochen wieder auf, wenn sie in der Gstaader Buuremetzg geschlachtet und zu Suppenhuhn und Hühnerbouillon verarbeitet werden. Man kann sie auch bei Kobi direkt kaufen für fünf Franken, eine Gelegenheit, die von Gastarbeitern, vornehmlich Portugiesen, früher sehr rege und auch heute etwas weniger rege genutzt wird. 

«Unsere Eier sind viel besser als Bio.» Kobi Zeller hat sein Leben rund ums Huhn ausgerichtet und schwärmt von seinem Lieblingstier: «Das Ei ist ein fixfertig verpacktes Lebensmittel, das einzige in unseren Breitengraden. Es hält sich 28 Tage ohne Kühlung. Und das Suppenhuhn hat einen extrem hohen Nährwert, weit höher als das Mastpoulet». Auf das Bio-Label verzichtet er auch aus voller Überzeugung, «denn unsere regionale Freilandhaltung und die frischer als frische Anlieferung ist noch viel besser als Bio». 

>> www.kobi-ei.ch