Fotos: Andrea Furger
Alle Jahre wieder! Immer zur Adventszeit wird die Chesa Colani zur Backstube. Denn im Dezember produziert Starchef Paolo Casanova in Madulain Panettone um Panettone – und die wunderbar luftigen Kuchen werden ihm geradezu aus den Händen gerissen: Waren es bei der ersten Produktion 2017 grad mal fünfzig Stück à 500 Gramm, waren es vor einem Jahr schon unglaubliche 250 Stück, und zwar je ein Kilogramm schwer! «Dieses Jahr werden es wohl 300 Panettoni sein», sagt der Küchenchef mit Wurzeln in den italienischen Dolomiten. Glücklicherweise muss er das angepeilte Ziel nicht alleine erreichen, beim Backen wird er tatkräftig unterstützt von Laura Mondani, die im 17-Punkte-Restaurant übrigens auch das wunderbare Lärchen-Sauerteigbrot bäckt.
Kuchenduft vs. Bouillonluft. Wie in der traditionellen Rezeptur üblich, hat sie den Teig bereits am Vortag angesetzt. Nun kommt noch zusätzlich Mehl und Salz und eine gute Portion Butter hinein, «sie muss zimmerwarm sein, sonst funktioniert es nicht.» Später eine Creme aus Zucker, Eiern, Vanille und kandierten Orangen. Man kann förmlich zusehen, wie der Teig in der Teigmaschine immer praller und geschmeidiger wird. Und in der ganzen Küche beginnt es plötzlich herrlich nach Vanille und Orange zu duften, Weihnachten pur – obwohl auf dem Herd nebendran auch noch eine kräftige Gemüsebrühe köchelt.
Panettone - Lieblingsfrühstück im Dezember. Das Rezept für seinen Panettone stammt von Paolo Casanova selbst. Die Grundlagen für das zur Weihnachtszeit in Italien so beliebte Gebäck hat ihm sein Schwager Ercule de Ponte beigebracht, der in Auronzo di Cadore eine Bäckerei betreibt. Ist Paolo denn mit dem Traditionsgebäck aufgewachsen? «Meine Mutter hat ihn zwar nicht selber gebacken, aber immer im Dezember war Panettone mit Café Latte mein Frühstück», sagt er. «Am Ende des Monats brachte ich jeweils zwei Kilo mehr auf die Waage!»
Tempo, Tempo, sonst kühlt der Teig ab. Nachdem der Teig nochmals eine Stunde geruht hat, wuchtet Laura Mondani ihn auf die Arbeitsfläche: Eindrücklich, dieses 16 Kilogramm schwere Ungetüm, das nun mit fast 2 Kilo getrockneten Pflaumen gespickt wird. «Wir müssen schnell arbeiten, damit der Teig nicht abkühlt und die Hefe ihre Arbeit unterbricht.» Nach einer weiteren Ruhepause wird er portioniert und in die typischen Panettone-Formen gelegt, dafür kommt die Waage zum Einsatz. «Und wir schauen, dass überall etwa gleich viele gedörrte Pflaumenstücke drin sind.» Rausschauen sollen sie auch nicht, weil sie sonst im Ofen verbrennen. Ein weiteres Mal muss der Teig nun ruhen. Notabene dauert der gesamte Herstellungsprozess ungefähr 36 Stunden. Drei Chargen pro Tag sind in der Chesa Colani möglich.
Das Kreuz und die Butter. Auch in Mailand, wo der Hefekuchen herkommt, gehören Dörrfrüchte, meist Sultaninen, in den Kuchen. Um die Entstehung des Gebäcks ranken sich verschiedene Legenden, die alle im ums 15. Jahrhundert angesiedelt sind. Eine davon erzählt von der Nonne Ughetta, deren Namen wohl vom Begriff «Ughett» abgeleitet wurde, was im Dialekt «getrocknete Weintraube» bedeutet. Um ihren Mitschwestern wenigstens an Weihnachten eine süsse Freude zu machen, suchte sie die edelsten Zutaten in der Küche zusammen. Schönes Detail: Um den Kuchen zu segnen, schnitt die gottesfürchtige Frau ihn kreuzweise ein – das macht vor dem Backen auch «Green Chef 2024» Paolo Casanova. Und legt ein Stück Butter in die so entstehende Mulde.
Kopfüber auskühlen lassen. Wenn die Panettoni dann in den Ofen wandern, riecht es auch ums Restaurant herum herrlich. «Es sind schon Nachbarn vorbeigekommen, um zu fragen, was wir backen, weil der Kamin den Duft im ganzen Dorf verbreitet hat», erzählt der Starchef. Nach dem Backen ist es wichtig, das Gebäck möglichst schnell kopfüber aufzuhängen, damit der nun luftige Teig nicht wieder zusammenfällt. Als letztes kommt die Schokoladenglasur (Felchlin!) übers Gebäck, Hagelzucker und je nach Sorte noch glasierte Maronen oder karamellisierte Pekannüsse. Und allen Geniesserinnen und Geniesser, die den kuppelförmigen Hefekuchen bei ihm kaufen, gibt Paolo Casanova noch einen Tipp mit auf den Weg: «Am besten schmeckt Panettone, wenn man ihn zwanzig Minuten vor dem Essen auf die warme Heizung legt!»
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