Text: David Schnapp | Fotos: Caspar Martig
Breitbandleinwand-Blick. Der Tag beginnt für all jene, die früh genug aufstehen mochten, mit einem Frühstück auf dem Bauernhof, danach geht es wieder zu Fuss zurück auf die Moosegg zum so genannten Partnerlunch: Die jährliche Tagung der Jeunes Restaurateurs (JRE) findet dieses Jahr mit dem buchstäblichen Weitblick statt – auf den Hügeln im Emmental sieht man selbst bei trüben Witterungsverhältnissen über die anmutige Landschaft, als sässe man vor einer Breitbandleinwand. (Grosses Bild oben: Die teilnehmenden JRE-Mitglieder auf der Moosegg.)
Abwesende Neumitglieder. Nach der Jahresversammlung am Vortag, die in eine ziemlich lange Party-Nacht im Stil der 20er Jahre für die meisten Mitglieder mündete, geht es am Montag danach traditionell um einen entspannten Ausklang und um die Geschäftspartner der Gastronomenvereinigung JRE, in der vorwiegend kleinere und mittlere (Familien-)Betriebe mit hohem Qualitätsanspruch aus der ganzen Schweiz zusammengeschlossen sind. Die beiden neuen Mitglieder allerdings können nicht teilnehmen: Manuel Steigmeiger («Fahr», Künten) musste bei seiner hochschwangeren Frau bleiben, und Christoph Hunziker («Schüpbärg-Beizli», Schüpfen) befindet sich im «Trainingslager» für den Kochwettbewerb Bocuse d’Or.
Kaum Personalsorgen. Die Themenfelder am Mittagstisch haben sich geändert, die Corona-Zeit haben die meisten JRE-Mitglieder gut überstanden. «Zurzeit geben eher die Preisanpassungen unserer Lieferanten zu reden. Wöchentlich erreicht mich derzeit ein Brief, der höhere Kosten für Waren ankündigt», sagt beispielsweise Björn Inniger («Alpenblick», Adelboden). Personalsorgen seien kein grosses Thema, sagt etwa Rolf Fuchs («Panorama», Steffisburg): «Die meisten von uns haben familiär geführte kleine Betriebe, da fühlen sich die Mitarbeiter wohl, und wir tragen ihnen auch Sorge», sagt der Koch und Gastronom. Etwas komplizierter präsentiert sich die Lage bei den Auszubildenden: «Lehrlinge zu finden, ist schwierig geworden», sagt Thomas Huber («Krone», Sihlbrugg).
Der Gast aus Mailand. Gastgeber im Hotel Moosegg (16 Punkte) ist der 44-jährige Daniel Lehmann, der seit 2002 im früheren Betrieb seiner Eltern arbeitet und das Haus seit 2007 führt. Lehmann ist Präsident der JRE Europe und hat seinen Vizepräsidenten Daniel Canzian aus Mailand ins Emmental eingeladen: «Was uns verbindet, ist der immer wichtiger werdende Gedanken der Nachhaltigkeit. Wir achten die Region, kochen aber völlig unterschiedlich», sagt Lehmann. Für seine Kollegen hat er einen Schangnauer Hirschpfeffer mit Brotknödel, Rotkraut, eingelegter Melone und frisch gesammelten Pfifferlingen sowie Hexen-Röhrling zubereitet. Davor gibt es eine Brüggli-Saibling mit Meerrettich-Ravioli und Dill-Beurre-blanc.
Italienischer Käse-Trick. Daniel Canzian wiederum hat im Erdgeschoss des Hotels einen kleinen Stand aufgebaut und bereitet dort einfache Spaghetti mit einem erfrischend-grünem Pesto zu: «Das Geheimnis eines guten Pestos ist, dass man es sehr schnell mixt und sofort einfriert, dann bleibt es frisch», erklärt der Mailänder Koch. Und er verrät noch einen italienischen Käse-Trick: «Für die Sauce verwende ich 36 Monate alten Parmigiano Reggiano, weil er würziger ist. Frisch auf die Pasta aber kommt hingegen bloss 18 Monate alter Parmesan, der ist cremiger und schmilzt deshalb schneller auf dem Gericht.»
«Kein langweiliges Clübli.» Auf einem Feuerring-Grill von Ofyr braten draussen auf der Terrasse Kräuterseitlinge für einen Pilz-Kebap und heisse Marroni werden auch noch auf dem heissen Metall geröstet. Auf dem Weg nach draussen stehen Geny und Eliane Hess an einem weiteren Stand: Der Weinhändler und Präsident der GaultMillau-Weinjury stellt zusammen mit seiner Frau den Jeunes Restaurateurs seine neuesten Entdeckungen aus der Winzerwelt vor: Die Liste reicht vom Weingut zum Rosenberg in Uri bis zu Terre Nere in Sizilien. Hess schätzt die Zusammenarbeit mit JRE wegen der engagierten Mitglieder: «Das ist kein langweiliges Clübli», bringt es der gelernte Koch und Sommelier auf den Punkt.