Text: David Schnapp | Fotos: Valeriano Di Domenico
Entspannter Sonntag: Kitchen Partys entstehen zurzeit fast so schnell wie McDonald’s-Filialen, da braucht es etwas Fantasie, um etwas Neues auf die Beine zu stellen: Eine ausgezeichnete Idee hatten Dirk Hany, der Chef der «Bar am Wasser» in Zürich, und Patrick Mahler, verantwortlich für das 18-Punkte-Restaurant «Focus Atelier» im Park Hotel Vitznau. In einem gemeinsamen Projekt entwickelten die beiden zum zweiten Mal ein Programm aus Gerichten und Cocktails, die in einem entspannten Sonntag-Nachmittag-Ambiente zu Techno-Beats in der Bar beim Bürkliplatz serviert wurden. Unter den Gästen: Foodscout Richi Kägi, Fischlieferant Dario Bianchi, Starchef Felix Episser (Ex-«Rigiblick» oder Getränke-Erfinder Michael Schneider (Swiss Mountain Spring). Grosses Bild oben: Dirk Hany (Geschäftsführer Bar am Wasser) und Patrick Mahler (m.) mit Sous-Chef Raùl Garcia (l.) und Bar-Chef Luca Huber.
Ungeahnte Harmonie. Zu Beginn gibt es zwar noch ein Glas Champagner (Cuvée Rosé von Laurent-Perrier) zu sehr frischen Austern, dann aber entwickelt sich die Getränkebegleitung in eine überraschende Richtung, die auch für erfahrene Gourmets ziemlich neu gewesen sein dürfte. Zu sanft gegartem, glasigem Kabeljau auf Fenchelkompott mit Kaviar und Vin-Jaune-Sauce etwa kombinieren die Mixologen der Bar am Wasser eine ungewöhnliche Mischung aus mit Nussbutter angereichertem Wodka mit Estragon-Infusion, Sake und Orange. Das schmeckt zunächst ungewöhnlich, entwickelt dann aber eine ungeahnte Harmonie.
Vier Wochen Entwicklungszeit. «Mit den Drinks wollten wir die Gerichte intensivieren», erklärt Dirk Hany den Ansatz seines Teams. Unter der Führung von Bar-Chef Luca Huber habe man rund vier Wochen Entwicklungszeit investiert, bis Essen und Drinks zusammengepasst hätten. Der Rotationsverdampfer im so genannten Labor der Bar, lief dabei auf Hochtouren. Damit wurde beispielsweise ein konzentriertes Erbsen-Wasser aus gefrorenen Erbsen destilliert, das zusammen mit Sherry und Nori-Algen perfekt zum Chawanmushi mit Jakobsmuschel und Umami-Fond passt. Und zum gebeizten Hiramasa-Kingfish mit Gurke, Apfel, Rettich, Jalapeno-Emulsion sowie Leche de Tigre gibt es einen angenehm leichten, aber geschmacksintensiven Cocktail aus Rettich-Destillat mit Olive, Salz, Olivenöl, Jalapeno-Tinktur und Swiss Mountain Spring Tonic Water.
Mehr Geschmack, weniger Alkohol. Die Abstimmung im Vorfeld der Party für die angenehme Zahl von 50 Gästen, sei mühelos verlaufen, verrät Küchenchef Patrick Mahler: «Wir haben unser Menü geschrieben, die Bar-Jungs haben die Cocktails entwickelt. Dann sind sie zu uns nach Vitznau gekommen, wir haben alles zusammen probiert und letzte Korrekturen vorgenommen», sagt der Koch aus dem Swiss Deluxe Hotel am Vierwaldstättersee. «Wir haben ganz neue Ansätze entwickelt und Cocktails mit Demi-Glace, Pilzen oder Estragon kreiert, die man sonst kaum in einer Bar servieren würde», sagt der gelernte Koch Dirk Hany. Auch beim Alkoholgehalt sei man neue Wege gegangen, die Getränkebegleitung komme mit rund 25 bis 50 Prozent weniger Volumenprozent aus als herkömmliche Drinks.
«Ein bisschen cooler.» Die Mix-Profis arbeiten mit allem, was die Bar-Trickkiste hergibt: Zum Dessert von Patissière Sandra Steffen (Pfirisch, Oolong Tee und Mandeln) gibt es einen bitter-süssen Drink auf der Basis von Milch, der die Molke mit Säure entzogen wurde. Zum Schluss wird das Aroma von bitterem Pfirsich darüber gesprüht, was die sensorische Wahrnehmung zusätzlich intensiviert. «Ich hoffe, dass noch mehr Köche merken, dass Cocktails neben Wein und Champagner eine interessante Möglichkeit sind, um Essen zu begleiten», sagt Dirk Hany dazu. Dies sei zwar eine Kitchen Party wie viele andere. «Aber sie ist ein bisschen cooler, weil sie halt in einer Bar stattfindet», sagt der Geschäftsführer der Bar am Wasser mit einem selbstbewussten Augenzwinkern.