Interview: Kathia Baltisberger Fotos: Ellin Anderegg/Olivia Pulver
Patrick Mahler, Ihre Kochpause dauert schon länger als bei anderen Chefs, weil das «Focus» bis anfangs März sowieso geschlossen ist. Was haben Sie gemacht?
Ich habe die Zeit genutzt, um alles, was wir machen, mal zu hinterfragen. Was haben wir gut gemacht und wo können wir neue Wege einschlagen? Das Ziel ist ja sich stetig zu verbessern. Optimieren kann man immer, etwa bei der Grundorganisation oder der Menüzusammenstellung. Ich habe auch neue Leute im Team, das ist immer eine Challenge.
Ein bisschen Ferien haben Sie aber auch gemacht?
Genau. Wir waren in Frankreich. Meine Freundin, Madeleine Löhner (grosses Bild oben), hat ein paar Ausflüge auf Weingüter organisiert. Und wir waren eine Woche in Stockholm, wo wir im «Frantzén» waren.
Wie wars?
Besser geht’s eigentlich nicht. Mir fehlen fast die Worte. Und es ist nicht nur das Essen, sondern das Gesamtkonzept und auch die Zusammenarbeit mit dem Service. Man liest immer die Berichte und denkt: So gut kann es doch gar nicht sein. Und dann ist es einfach noch besser.
Wenn man so etwas erlebt, schaut man sich da auch mal etwas ab?
Das ist ganz klar. Ich gehe ja auch bei Kollegen essen, weil ich wissen will, wie sie etwas machen. Manche Dinge wird man nie umsetzen können, aber bei kleinen Dingen denkt man sich, dass man auch selbst hätte drauf kommen können. Im «Frantzén» hat mich vor allem die professionelle, aber unbeschwerte Lockerheit beeindruckt. Du sitzt am Tresen und die Köche bringen das Essen oder richten noch etwas fertig an. Durch den erhöhten Sitz bist du mit ihnen immer auf Augenhöhe.
Wie viel Geld geben Sie maximal für ein Essen aus? Wo ist die Schmerzgrenze?
Ich will nicht sagen, dass es keine Schmerzgrenze gibt. Aber meistens weiss man ja worauf man sich einlässt.
Ihre Küche ist momentan dicht. Ihr Kollege Philipp Heid kocht einmal pro Woche gratis für die Risikogruppe. Was haben Sie zu tun?
Ich bin nicht aktiv im Kochprozess. Aber ich muss eine neue Karte schreiben, das Jahr vorbereiten. Ich habe auch Zeit neue Lieferanten zu suchen. Solche Dinge sind zeitintensiv und macht man sonst nebenbei. Wir wurden alle aus unserem normalen Rhythmus herausgerissen. Aber für die geistige Gesundheit ist das ehrlich gesagt gar nicht so schlecht. Das ist ein wichtiger Part und viele vergessen das.
Tüfteln Sie auch an neuen Gerichten herum?
Ja, das passiert automatisch. Aber es ist jetzt nicht so, dass ich mich morgens um 9 ins Büro setze und neue Gerichte erfinde. Die Leute denken immer, man wacht auf und hat Ideen für einen kompletten 9-Gänger. Das setzt sich mit der Zeit so zusammen. Ob es dann auf dem Teller funktioniert, sehe ich erst, wenn ich zurück in der «Focus»-Küche bin.
Ihre Freundin und Sommelière Madeleine Löhner hat Vitznau verlassen und ist jetzt in der «Neuen Taverne». Vermissen Sie sie bei der Arbeit?
Ja, natürlich. Wir hatten das miteinander aufgebaut. Und ein gewisser Teil fehlt jetzt. Aber ich habe ihre Unterstützung auch weiterhin noch. Ich frage sie um Rat. Und für Madeleine war es sicher die richtige Entscheidung nach Zürich zu gehen.
Sie leben und arbeiten in Weggis. Träumen Sie nicht manchmal von der grossen Stadt?
Ich kann gerne ein Bild mit der Aussicht von meiner Terrasse schicken. Dann erübrigt sich diese Frage. Ich wohne praktisch am See und geniesse die Ruhe sehr. Natürlich ist Zürich aus gastronomischer Sicht cooler. Aber ich denke, mit Jeroen Achtien vom Vitznauerhof und Benjamin Just vom Kräuter Hotel auf der Rigi haben wir einiges zu bieten. Wie haben hier eine coole Community und wir treffen uns auch privat. Im Sommer ist hier auch ziemlich viel los – allerdings wohl nicht dieses Jahr.
Und worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Corona vorbei ist?
Etwas zu erschaffen und damit die Gäste glücklich zu machen. Das ist mein grösstes Ziel. Und natürlich darauf, dass man wieder unbeschwert gemeinsam zusammensitzen kann.
>> Patrick Mahler kocht seit zwei Jahren im «Focus» im Swiss Deluxe Hotel Park Hotel Vitznau. Zuvor war er beim selben Arbeitgeber, aber «Prisma». Letztes Jahr bekam er den 18. GaultMillau-Punkt, plus die Auszeichnung «Aufsteiger des Jahres».