Text: David Schnapp Fotos: David Hubacher/PPR/Weitwinkel
Start mit Blaulicht. Der grosse Gala-Abend begann für «Suvretta»-Direktor Peter Egli mit Blaulicht: In der Küche des Mitarbeiterrestaurants brach um 18.30 Uhr in einem Herd ein Brand aus. Es war für die St. Moritzer Feuerwehr zwar nur ein Kurzeinsatz, aber zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. 30 Minuten später trafen die ersten Gäste der Porsche-Gourmet-Gala im Swiss Deluxe Hotel ein, das letzte grosse Dinner am diesjährigen St. Moritz Gourmetfestival. «Erst Feuer, dann Party on!», fasste Egli die Situation trocken humorvoll zusammen.
Zanettis Grosseinsatz. Das Team um Esther und Peter Egli meisterte den Feueralarm so gelassen wie das ganze Festival und diesen Gala-Abend. Insbesondere für «Suvretta»-Küchenchef Fabrizio Zanetti sind solche Dinnerpartys gewissermassen ein organisatorischer und logistischer Grosseinsatz: «Neben den 170 Gala-Gästen haben wir auch noch rund 100 Halbpensions-Essen sowie etwa 30 Gäste, die à la Carte bestellen», erklärt Zanetti. Dafür richtet er im «Salon vert», wo sonst Frühstück serviert wird, eine improvisierte Satellitenküche ein.
Frauen in der Küche. Rund 90 Köche sind an diesem Abend im Einsatz. In der Hauptküche haben fünf Frauen die Führung übernommen: Kamilla Seidler («Lola», Kopenhagen), Bee Satongun («Paste», Bangkok), Emma Bengtsson («Aquavit», New York), Cristina Bowerman («Glass Hosteria», Rom) und Asma Khan («Darjeeling Express», London) – die Lady-Chefs der zweiten Festivalwoche. Unterstützt werden sie von ihren eigenen Leuten, den lokalen Küchenchefs der grossen Hotels im Oberengadin sowie deren Teams. Die Stimmung ist locker bis konzentriert. «Frauen arbeiten vermutlich leichter zusammen als Männer, sie müssen sich nicht ständig etwas beweisen», sagt die Italienerin Cristina Bowerman, die schon von weitem an ihren graumeliert-pinkfarbenen Haaren erkennbar ist.
Reich oder glücklich. Bowerman hat wie viele weibliche Küchenchefs keine ganz gradlinige Karriere gemacht. Sie war erst Anwältin, dann Grafikdesignerin und machte schliesslich eine Kochschule. «Die Haare habe ich mir vor einigen Jahren für ein weltweit ausgestrahltes Fernsehinterview bunt gefärbt, das hat sich zu einem Markenzeichen entwickelt», erzählt sie. Mit Asma Khan steht eine zweite Juristin, die aber auch lieber als Köchin arbeitet, am Pass. «Ich hatte die Wahl entweder als Anwältin reich, aber unglücklich zu werden oder als Köchin glücklich zu sein, aber kein Geld zu haben. Aber weil es immer mein Traum war, für andere Leute zu kochen, habe ich diesen Weg gewählt», so die gebürtige Inderin, die in London lebt und als erste Britin überhaupt für die Netflix-Serie «Chef’s Table» porträtiert wurde.
Eine Suppe aus Bangkok. Kulinarisch wird der Abend eröffnet von der Dänin Kamilla Seidler, die einige Zeit in Bolivien verbracht hat, und von da die Idee für ein Ceviche mitgebracht hat aus Zander, Koriander-Kresse, Quinoa und fruchtig-säuerlicher Blutorange. Bee Satongun aus Bangkok serviert einen der besten Gänge des Abends: eine süss-säuerliche Suppe auf Geflügelfondbasis, die unter anderem mit Galgant und Zitronengras gewürzt ist und mit geräuchertem, gekochtem und schliesslich frittiertem Schweinebauch veredelt wird. Emma Bengtsson, eine von nur zwei Zweisterneköchinnen in den USA, hat sich den lokalen Verhältnissen angepasst und gibt über ihren Heilbutt mit Blumenkohl und Bottarga eine Béchamelsauce, die dezent mit Gruyère gewürzt ist. «Wir sind hier ja schliesslich in der Schweiz», sagt sie. Cristina Bowerman ummantelt für den Hauptgang ein Rinderfilet mit Lauchasche, gibt Pilze, Pérrigord-Trüffel und eine Jus mit Schokolade hinzu.
Geschichten aus Indien. Asma Khan schliesslich kombiniert die Geschichte ihrer Familie mit Geschichten aus ihrer Heimat in einem schlichten, süssen Dessert: Aprikosen aus Afghanistan und «Gajar ka halva», eine Art Pudding aus geriebenen Karotten, Milch und Zucker: «Es wurde zwei Tage lang gekocht, so wie das schon meine Vorfahren gemacht haben», erklärt sie. «Während die Halva-Masse langsam unter Rühren reduziert wird, haben die Frauen in Indien Zeit, sich zu unterhalten und Klatsch auszutauschen», erklärt die aussergewöhnliche Köchin die innere Schönheit dieses Desserts.
Liebe zum Essen. Für Michael Glinski, den Chef von Porsche Schweiz, der 2020 erstmals als Hauptsponsor des Festivals aufgetreten ist, sind solche Momente und Abende der Grund, die Sportwagenmarke mit gutem Essen in Verbindung zu bringen: «Egal, welche Interessen man sonst hat, uns alle eint die Liebe zum guten Essen. Die Liebe zum Detail und einen gewissen Hang zum Perfektionismus sowie die Kombination aus Innovation und Tradition, finden sich sowohl in der hochstehenden Küche als auch im Premium-Automobilbau», sagt der Porsche-Chef.