Text: Patricia Heller
«Papa, mach ein Fischbuch!» Design ist im Hause Caminada Familiensache. Cousin Remo, in Italien zuhause, gestaltet Logos, Speisekarten, Bücher – und leistete auch wertvolle Starthilfe bei «Caminada. Das Magazin», der erfolgreichen Personality-Zeitschrift des Kultchefs. Beim neuen Rezeptbuch gab ein anderer aus dem Clan den entscheidenden Input: «Papa, mach doch noch ein Fischbuch. In Blau», sagte Sohn Finn. Also machte sich Andreas Caminada an die Arbeit. «Pure Tiefe», heisst sein Fischkochbuch, das rechtzeitig zu Weihnachten erschienen ist. Der Umschlag ist tiefblau, das Herz dazu, Kennzeichen dieser Buchserie, grün. «Tiffany-Grün», präzisiert der Chef.
Ein Meisterwerk, im zweiten Anlauf. Dass Caminada ein Fischbuch herausgibt (im AT Verlag), erstaunt nicht: «Fisch sind meine Leidenschaft. Seit 30 Jahren schon.» Andreas scharte seine Verbündeten um sich: Gaudenz Danuser für die Fotografie, Remo Caminada für die Gestaltung, Alexander Kühn für die Texte. Der Start war harzig: «Ich studierte nochmals die Umsetzung der ersten 25 Rezepte, war innerlich unzufrieden und beschloss: Alles nochmals von vorn.» Nach dem zweiten Start kam der «Flow», das Endergebnis überzeugt. Erstklassige Rezepte, spannende Geschichten, in und zwischen den Zeilen wertvolle Tipps vom Profi. Ein Rezeptbuch für alle? Der 19-Punktechef: «Eher für etwas geübtere Hobbyköche. Alle anderen kommen besser zu mir ins Schloss und essen meine Fischküche dort.»
Plädoyer für Süsswasser-Fisch. Wer schon auf Schloss Schauenstein war, weiss: Seezunge, Lotte, Kabeljau, Hummer und Langustinen sucht man im Caminada-Menü vergeblich; die Paradegerichte der ersten Jahre werden nur noch als «Specials», also als Zusatzgänge angeboten; die allerdings, präzis mit Jahrgang deklariert, sind herausragend gut. Im Schlossmenü sind seit einigen Jahren Süsswasserfische Trumpf. Der Maestro: «Wichtig ist nur, dass die Begleiter den zarten Fisch nicht mit ihrer Wucht zerschlagen. Den mediterranen Aromen wie Knoblauch oder Rosmarin sind die meisten Süsswasserfische nicht gewachsen. Dafür kommen Kräuter und Blüten besonders zur Geltung. Mit der Temperatur muss man bei Forelle, Saibling oder Felchen vorsichtiger sein als beim Meerfisch, erst recht, wenn man es nicht mit ganzen Fischen, sondern mit Filets zu tun hat.»
Hanspeter Gubser & Curdin Capeder. Andreas Caminada kann sich auf sich bei seiner Aktion «Süsswasserfisch im Spitzenrestaurant» (19 GaultMillau-Punkte, drei Sterne) auf herausragende Produzenten verlassen. Einer von ihnen ist Curdin Capeder, der im Val Lumnezia Saiblinge züchtet und Caminada seit zehn Jahren beliefert. Der andere ist Berufsfischer Hanspeter Gubser, der auf dem Walensee unterwegs ist, den Köchen seinen Fang auf WhatsApp anbietet und Felchen und Forellen aus dem kalten Wasser zieht. Caminada: «Seine Felchen schmecken mir vor allem gebeizt sehr gut. Seine Forellen serviere ich sanft gegart.» Der Meister zum Thema Süsswasserfische: «Anders, aber genauso gut.»
Der Fischmarkt von Chioggia. In «Pure Tiefe» geht’s natürlich auch um Meergetier. Das kleine Lagunenstädtchen Chioggia ist Caminadas Inspirationsquelle. Zweimal täglich heult auf dem «Mercato Ittico» die Sirene auf: Beginn der Fisch-Auktion! Caminada beeindruckt: «Überall türmen sich Fische, Muscheln und Krustentiere auf Bergen von Eis: Sardinen, Makrelen, Scampi, Wolfsbarsch, Rotbarbe, Seeteufel, Vongole. Und über allem liegt der Duft des Meeres.» Andreas Caminada ist ein hervorragender Fischkoch. Gelernt hat er es im Schwarzwald: «Als junger Koch kam ich zu Claus-Peter Lumpp ins Dreisterne-Restaurant Bareiss in Baiersbronn. Er machte mich zum Poissonnier. Die teils riesengrossen Fische kamen stets im Ganzen an, und wir lernten, sie bis zur letzten Gräte zu verwerten.»
Fotos: Lukas Lienhard / AT Verlag, Nik Hunger, Joan Minder, Hotel Bareiss