Text: David Schnapp | Fotos: Thomas Buchwalder
Voller Ideen. Nach dem Besuch in seinem neuen Restaurant in Brunnen folgen wir Jeroen Achtien, dem Koch mit der charakteristischen Haartolle, zu seinem Hauptarbeitsplatz in Vitznau, wo er zusammen mit Hotelmanager Raphael Herzog den 121 Jahre alten «Vitznauerhof» mit viel Arbeit und noch viel mehr Ideen aus einer Phase der Depression und Stagnation geführt hat. Während unser EQE draussen an einer der Ladestationen mit Energie versorgt wird, serviert Achtien im Traumgarten am See Gerichte aus seiner Terrassenkarte (13 Punkte): Karottentatar mit Miso, Wachteleier und Pappadums – marokkanische Chips aus Kichererbsen mit japanischem Togarashi-Gewürz – oder gebratenen Reis mit Aubergine, sauer eingelegtem Kohl, gebackenem Ei sowie Pouletschenkel vom Big Green Egg.
Friedliche Koexistenz. Wenige Hundert Meter weiter liegt – in einer Art friedlicher Koexistenz mit dem «Vitznauerhof» – das luxuriöse «Park Hotel Vitznau». Im Swiss Deluxe Hotel drehen sich in einem Wasserspiel im Park die Börsen-Symboltiere Bulle und Bär, scheinbar zum ewigen Kampf verschlungen. Nur in wenigen Häusern dieses Segments in der Schweiz isst und trinkt man so gut wie hier. Der Investor Peter Pühringer hat das Traumhaus am See ermöglicht, ein weiteres Projekt im Dorf hat unlängst geöffnet: Im Themenhotel «Das Morgen» sollen Neurologie und Kulinarik auf neuartige Weise verknüpft werden. Im Park-Hotel selbst sprechen die beiden Starchefs Patrick Mahler und Philipp Heid in ihren jeweiligen Restaurants «Focus» und «Prisma» (18 Punkte und zwei Sterne respektive 16 Punkte und ein Stern) längst schon Kopf, Herz und Bauch ihres treuen Publikums an. Dritter Chef im Park: Felix Kattchin auf der unglaublich schönen Seeterrasse (14 Punkte).
Metzgerei am Hang. Neben den vielen Top-Adressen an bester Lage befindet sich vermutlich auch die Metzgerei mit der schönsten Aussicht der Schweiz in dieser faszinierenden Gegend: Hoch oben am Hang von Ennetbürgen hat Stefan Mathis 2001 mit seiner Metzgerei Holzen angefangen. Mittlerweile gehört der Qualitätsenthusiast zum Lieferantenstamm vieler Starchefs, doch auch «Privatkunden, die das Besondere suchen», wie er sagt, kommen hierher. Vielleicht auch wegen der Aussicht, vor allem aber wegen Mathis’ Fleisch von Angus-Rindern, Wollschweinen oder Lämmern, das selbstverständlich immer komplett verwertet wird – der freundliche Bauer und Metzger produziert beispielsweise Angus-Salami mit Blüten oder Wollschweinsalami mit Thymian. Die Gastronomie sei deutlich nachhaltiger geworden, wenn es um Fleisch gehe, sagt er. «Wir liefern heute viel häufiger auch Füsse, Schwänzchen oder Hirn vom Tier, und auch Privathaushalte haben die Zeit, sich mit spezielleren Stücken zu befassen.»
Ende mit Symbolkraft. Dann geht es wieder hinunter ans Wasser: In der Stille und der romantischen Abgeschiedenheit des Ortes Bauen schliessen wir unsere elektrische Erkundungsfahrt ab: Das «Zwyssighaus», wo man bei Michael Engel nicht nur gut essen kann (14 Punkte), sondern bei Bedarf auch in einem der vier schlichten Hotelzimmer zur Ruhe kommt, ist als symbolträchtiger Ort das passende Ende unserer Vierwaldstättersee-Tour. Hier wurde der Autor des Schweizerpsalms, Pater Alberik Zwyssig (1808–1854), geboren, am Ufer gegenüber liegt die Tellskapelle, und das Herz der Schweiz ist längst nicht nur ein historisch, sondern auch ein kulinarisch bedeutsamer Ort geworden.