Quique Dacosta, Sie sind Gastkoch bei Andreas Caminada. Wie kommt es, dass ein spanischer 3-Sterne-Koch im Bündnerland kocht?
Andreas und ich sind Freunde. Wir haben uns in den vergangenen Jahren immer wieder an Kongressen getroffen und das gab uns auch die Möglichkeit, uns in einem entspannteren Rahmen kennenzulernen. Sie befinden sich gerade auf Tour mit ihrem Team.
Müsste ein Chef nicht zu Hause in der Küche seines Restaurants sein?
Ich reise nur, wenn das Restaurant geschlossen ist, also an meinen freien Tagen oder in den Ferien. Ich kenne eigentlich auch keinen verantwortungsvollen Chefkoch, der einfach in die Ferien geht. Trotzdem braucht man ein unglaubliches Team, auf das man sich verlassen kann und das so kocht, als wäre der Chef da.
Und das funktioniert in Ihrem Fall?
Ja, mein Team arbeitet sogar besser, wenn ich nicht da bin – zum Beispiel wenn ich in einem meiner drei anderen Restaurants in Alicante koche. Denn manchmal mache ich sie mit meiner Anwesenheit nervös. Aber für mich ist es das Wichtigste, dass meine Mitarbeiter glücklich sind. Ich bin was ich bin wegen meines Teams und wegen der Produkte.
Und wie sorgen Sie dafür, dass die Mitarbeiter glücklich sind?
In einen so harten Job wie unserem muss man sich voll und ganz hineingeben. Und man braucht Leidenschaft. Kochen ist wie eine Medizin. Heute Morgen habe ich mich beschwert: ‹Ich habe so Rückenschmerzen, alles tut mir weh!› Dann haben wir angefangen zu kochen und plötzlich waren die Schmerzen weg.
Welche Rolle spielen Sie in ihrer Küche?
Es gibt Chefköche, die schneiden die Zwiebeln nicht mehr selber. Die haben Personal dafür. Bei mir ist das anders. Ich mache alles: Ich schneide Zwiebeln und serviere die Gerichte. Denn ich will ja nicht, dass die Leute wegen mir ins Restaurant kommen, sondern wegen meines Essens. Es ist wie in der Kunst: Es geht um das Kunstwerk und nicht um den Künstler.
Wie lange muss man warten, um in ihrem Restaurant einen Tisch zu bekommen?
Sie bekommen morgen einen! (lacht) Nein, das kommt auf die Saison an. In der Hochsaison – im Juli oder August – muss man etwa eine Woche warten. Aber wir können immer ein bisschen mehr Platz schaffen.
Wie viel gebe ich für einen Abend bei Ihnen aus?
Wir haben zwei Menüs. Für ein Menü mit 16-18 Gängen bzw. Tellern und Weinbegleitung bezahlt man 300 Euro.
Was ist Ihr Lieblingsessen?
Gutes Essen. Ich habe eigentlich kein Lieblingsessen. Das hängt vom Tag ab und wo ich mich gerade befinde. Hier in der Schweiz esse ich natürlich gerne ein Fondue. Aber privat esse ich eigentlich ganz anders als ich koche. Ich habe zwei Kinder (6 und 9) und koche jeden Tag für sie. Sie mögen, was ich koche. Aber sie wollen selbst nicht Koch werden.
Gibt es etwas, was Sie überhaupt nicht mögen?
Insekten!
Wieso?
Ich respektiere Menschen, die damit kochen und das mögen. Aber das gehört nicht zu meiner Kultur. Ich habe sie probiert, aber ich kann sie nicht geniessen.
Wie reagiert die spanische Küche auf aktuelle Food-Trends wie die peruanische oder auch die nordische Küche Essen?
Natürlich verfolgen wir diese Hypes. Denn erstens sind wir weltoffen. Es wäre nicht effektiv, sich solchen Trends zu verschliessen. Aber wenn man weiss, wer man ist und was einem diese Trends bringen, schafft man auch Neues. Das ist genau so wie wenn ich hier mit Andreas Caminada koche. Man zieht sich einfach ein paar Sachen raus. So kommt man weiter.
Gibt es ein Schweizer Produkt, das Sie selbst gerne für sich hätten?
Sanddorn. Aber man muss ja nicht immer die Produkte aus den anderen Ländern mitnehmen. Es reicht, wenn ich die Seele der Gerichte mit nach Spanien nehme. Sonst komme ich mir am Flughafen vor wie ein Drogendealer mit all den Produkten, die ich einführen will.
>> Quique Dacosta (geboren 1972) startete seine Karriere im Alter von 14 Jahren als Tellerwäscher in einer Pizzeria. Ende der 80er-Jahre startete er im «El Poblet» in Denia. 1999 übernahm er das Restaurant, seit 2009 heisst es «Quique Dacosta». Der Spanier hat 3 Michelin Sterne und ist Ehrendoktor an der Universität Miguel Hernández Elche. Dacosta verwendet vorwiegend Rohstoffe und Produkte, die aus der Region stammen.