Text: GaultMillau Schweiz
Die Mailbox ist voll. Die Familie Ravet verabschiedet sich am 30. Juli von der Spitzengastronomie. Ihre idyllische «Ermitage» in Vufflens-le-Château steht zum Verkauf, die drei Ravet-Kis gehen beruflich getrennte Wege. Dass die Nachricht (exklusiv auf dem GaultMillau-Channel) ein grosses Echo auslösen wird, war zu vermuten. Nur: Die Reaktionen sind überwältigend! Clan Chef Bernard Ravet: «In den ersten 72 Stunden gingen 630 Reservationen ein. Wir sind völlig überwältigt.» Im Klartext: Wer bis zum Sommer noch einen Tisch kriegen will, in der «Ermitage», braucht Durchhaltewillen beim Buchen und Glück. Die Ravets werden fehlen im nächsten Guide GaultMillau. Hier ein Blick zurück: Notizen von unserem letzten Testbesuch.
Würste, Speck & Wagyu. Einschränken lassen sie sich die Ravets nicht: Willkommen ist, was im eigenen, liebevoll ausgebauten Garten wächst und was die Produzenten der Umgebung in die «Ermitage» liefern. Genau so willkommen ist das Beste vom Weltmarkt: Kagoshima-Wagyu aus Japan, aber auch Turbot de ligne, neuerdings aus portugiesischen Gewässern. Eine Komponente ist fix «chez Ravet»: Die «Cochonnailles» zum Start, Würste und Speck der Frères Ledermann in Bière (was für ein Beinschinken!) und von «Chez Philou» in Begnins. Dünne Scheiben vom getrockneten und leicht geräucherten «Mignon d’agneau» vom Marchairuz sind dazu gekommen, ebenso ein neckisches «Malakoff» mit Abländschner Kräuterkäse.
Die Forellen aus der Venoge. Nach deftigem Start tauchen wir dann aber ein in die sommerliche Gourmet-Küche: Foie gras, meisterlich zubereitet, diesmal mit Karotte und Verveine. Schnecken, serviert in vollendeter Harmonie mit Borlotti-Bohnen, Zwiebeln und Minze. Und vor allem eine sanfte, marinierte, fast rohe Forelle, die zuletzt noch mit dem Bunsenbrenner «behandelt» wird. Das frische, saubere Wasser der Venoge fliesst in die Becken des nahen Zuchtbetriebs. Gurken und «Pink Lady» sorgen für Frische, und das Video davon auf dem GaultMillau-Channel ging um die Welt, weil Guy diesen Gang auch an der «Culinary Challenge» von Mercedes präsentiert hat, mit Superstar Roger Federer als «Commis» (hier geht's zum Video).
Die geniale, faustgrosse Milke. Das Repertoire der Ravets ist grenzenlos. Vegi? Wir kriegten den kalten «Gemüseteller de luxe» mit den besten Produkten der Familie Cuendet in Bremblens. Froschschenkel? Eingekauft wird in einer Zucht in Vallorbe, angerichtet mit Sauerampfer und einer milden Crème von schwarzem Knoblauch. Fisch? Wir kriegen das «masterpiece», das grandiose Mittelstück eines vier Kilo schweren Steinbutts, den Bianchi in Portugal beschafft hat. Fleisch? Das Karree vom Saanenländer Kalb, eingekauft in der «Buure Metzg» in Gstaad, erst sous-vide gegart, dann auf dem Green Egg vollendet (Räuchernote!) war sehr gut und die kleine, faustgrosse Milke dazu noch besser: Aussen knusprig, innen saftig; das kriegen nur begabte Köche so hin. In die Sauce gossen die beiden Chefs ihren edelsten eigenen Rotwein («R30»). Und Thymian aus dem Kräutergarten von Ruth Ravet.
Das Burgund im Keller. Die Familie hat über all die Jahre hinweg einen grossartigen Weinkeller aufgebaut. Natürlich fehlen die besten Schweizer Weine nicht im Keller, aber so richtig genial wird es in der Abteilung Burgunder: Chassagne-Montrachet Les Vergers 2001 von Marc Morey & Fils. Chablis Montée de Tonnerre 1992 (!) von Jean-Marie Raveneau, Clos Vougot 2006 von Gérard Raphet. Nathalie Ravet, eine der besten Sommelièren im Land, giesst ein. Aus der Magnum. Das Beste oder nix. Der beste eigene Wein ist auch bereits trinkreif: «R75». Der Wein zum 75. Geburtstag von Patron Bernard Ravet.
>> www.ravet.ch
>> Fotos: Digitale Massarbeit, Valeriano Di Domenico, Marcus Gyger