Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Thomas Buchwalder
Ungewohntes Setting: Im «Ecco» im Hotel Giardino am Pass steht Mattias Roock. Der 18-Punktechef aus dem benachbarten Castello del Sole in Ascona hat sich nicht in der Tür geirrt, er ist hier für den Starchef-Lunch. «Ich mache heute den Rolf. Ich stehe einfach ein bisschen hier rum und begrüsse die Gäste. Guten Tag, herzlich willkommen. Ich komm gleich zu Ihnen an den Tisch», imitiert Roock seinen Kollegen und winkt mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht den noch nicht anwesenden Gästen zu.
Man hilft sich gerne aus. Rolf Fliegauf ist der eigentliche Chef im «Ecco». Er steckt die Frotzelei stoisch weg. «Der Roock, normal kann der gar nicht», sagt Fliegauf. Er hat seine Kollegen Mattias Roock und Marco Campanella (Eden Roc) zusammengetrommelt, um gemeinsam ein Mittagessen zuzubereiten. Obwohl die drei nur unweit voneinander kochen, sehen sie sich in der Sommersaison kaum. Zu viel hat jeder in seinem eigenen Gärtchen zu tun. Trotzdem hilft man sich aus. «Ich hatte einmal zu wenig Trüffel», erzählt Fliegauf. «Ich habe Mattias angerufen, ob er welchen hat. Dann musste einer aus dem Team rüberspringen, den Trüffel holen und wir haben währenddessen angerichtet.»
Mr. Ravioli. Auch beim Starchef-Lunch greift man sich unter die Arme: Roock gibt die Ravioli in den Teller, Campanella hobelt den Trüffel drüber und Rolf Fliegauf entfernt Saucenspritzer vom Tellerrand. 600 Ravioli hat der «La Brezza»-Chef gefaltet. «Easy! Für die GaultMillau Garden Party habe ich 2400 gemacht.» Diesmal hat Campanella sie mit Parmesan gefüllt. Dazu gibts ein Schäumchen aus Nussbutter. Ein Konkurrenzdenken existiert zwischen den drei nicht. «Im Gegenteil. Ich sehe es eher so, dass wir Ascona kulinarisch aufgewertet haben», sagt Fliegauf. Die Gäste fragen oft, wo sie sonst noch essen sollen. Da empfehlen sich die Chefs natürlich gegenseitig. Und siehe da: viele der Anwesenden sind Stammgäste in allen drei Lokalen.
Lamm, Königsmakrele & Reh. Jeder Chef trägt zwei Gänge zum Lunch bei. Mattias Roock startet mit einem Tessiner Lamm, das er roh als Tatar serviert. Fliegauf kombiniert Königsmakrele, Gillardeau-Auster und Kaviar. Von Campanellas Ravioli ordern die Gäste Supplement! Mattias Roock schickt einem Steinbutt mit Bohnen, schwarzen Oliven und Quinoa ins Rennen. Und Fliegauf toppt das Menü mit einem butterzarten Rehrücken mit Curry, Shiso und Rande. Das süsse Finale kommt von Campanellas Patissier Pietro Leanza: ein Dessert aus Cassis-Glace, Kombucha, Buttermilch-Mousse und Macademia-Crumble.
Erst Ravioli, dann Windeln. Für Roock und Campanella ist der Event auch eine Rückkehr. Roock arbeitete vor vielen Jahren als Poissonier im Giardino, Campanella gehörte zwei Jahre lang zu Fliegaufs Brigade. Der 2-Sternechef verfällt bei seinem jungen Kollegen aber nicht zurück zu einem Befehlston. «Damals musste eher ich Rolf sagen, wie man Ordnung hält», scherzt Campanella. Die Chefs sind zufrieden. So können sie das Ende der Saison in Angriff nehmen. Campanella ist der erste, der die Schotten dicht macht im Restaurant. Mit Ferien ist aber vorerst nichts. Seine Frau erwartet im Oktober das erste gemeinsame Kind. Dann muss er erst mal Windeln statt Ravioli falten.