Text: David Schnapp

Rolf Fliegauf, wie spüren Sie persönlich den Frühling?
Heute ist hier in Ascona ehrlich gesagt gerade schlechtes Wetter, aber für mich fängt der Frühling immer dann an, wenn wir Mitte März den Schnee von St. Moritz verlassen und im Tessin auf warme Temperaturen und blühende Landschaften treffen. Dann wird für mich auch das ganze Lebensgefühl frühlingshaft.
 

Welches Produkt ist für Sie «typisch Frühling»?
Neben Morcheln, Erbsen und Spargeln, bin ich wirklich ein grosser Bärlauch-Fan. Wir gehen hinaus in die Tessiner Täler und pflücken die jungen Blätter, um daraus ein Öl zu machen. Die noch verschlossenen Blütenknospen legen wir in einen Fond aus Essig, Salz, wenig Zucker, Mirin, Pfeffer, Koriandersaat und Lorbeer ein. Davon produzieren wir eine grosse Menge und setzen die Knospen dann während des ganzen Jahres ein, weil ich das für mich ein sensationelles Produkt ist. 

Was macht es so besonders?
Wir öffnen die Knospe und zupfen die einzelnen Teile heraus, so wird der Geschmack sehr angenehm und fein. Man spürt den Bärlauch, das Aroma ist aber etwas abgemildert und der Essig gibt dazu eine schöne Säure. Das gibt vielen Gerichten einen besonderen Kick.

Wie setzen Sie dieses besondere Gewürz ein?
Im Frühlingsmenü gibt es eine geschmorte Pyrenäen-Milchlammschulter von Alfred von Escher. Dazu kombinieren wir einen Wildkräutersalat und eine Sauce mit Bärlauchöl, Senfsaat und Lammzunge. 

Bärlauch polarisiert, was tun sie bei starker Abneigung gegen den wilden Knoblauch?
Natürlich gibts Leute, die Bärlauch nicht mögen, dann müssen wir halt umgestalten. Mittlerweile sind viele unserer Gerichte aber darauf ausgelegt, dass man Dinge weglassen kann – weil die Gäste Allergien haben, kein Gluten essen oder etwas nicht mögen.

Chefkoch Rolf Fliegauf  und Jenifer Fliegauf, Partnerin und Gastgeberin - Restaurant Ecco - Giardino Ascona - 19. Juni 2020 - Copyright Olivia Pulver

Starkes Paar: Jennifer und Rolf Fliegauf führen das «Ecco» im Hotel Giardino in Ascona.

Giardino Ascona - Restaurant Ecco - Chefkoch Rolf Fliegauf  - 19. Juni 2020 - Copyright Olivia Pulver

Bereit für den Saisonstart: Das Restaurant Ecco ist mit 18 Punkten und zwei Sternen ausgezeichnet.

Saisonstart ist bei Ihnen am 8. April 2022, wie sieht das Frühlings-Menü im Restaurant Ecco in Ascona aus?
Wir servieren zum Beispiel einen kleinen Spargelsalat mit Hollandaise-Eis, Räucherfisch-Beurre-blanc. Dazu passen die feinen Spitzen der Löwenzahnblätter mit seinen leichten Bitterstoffen, den wir auch selber sammeln. Gerade gestern waren wir mit dem Team auf Sammeltour – und haben Vogelmiere, knackige saure Schildampfer, Schafgarbe oder Wiesenkerbel gepflückt.
 

Und wie geht es weiter im Menü?
Wir servieren Bernstein-Makrele mit Rettich, Yuzu und der leichten Schärfe von Jalapeño, Seehecht mit Nori-Algenbutter, Fenchel und Beurre blanc, Ravioli, gefüllt mit geschmortem Miréal-Perlhuhn-Schenkel und Shitake und im Hauptgang gibt es ein Kotelett vom Luma-Schwein, das wir noch etwas länger reifen lassen. Dazu füllen wir grosse Morcheln mit geschmorter Backe vom Schwein. Und im Dessert kombinieren wir den typischen Frühlings-Rhabarber mit Tessiner Ziegenfrischkäse als Eis und Hibiskus.

Spüren Sie eigentlich bei den Gästen auch die Frühlingslaune?
Das Wichtigste für mich als Koch ist es, eine gute Stimmung zu kreieren. Das fällt einem hier leicht: Wahrscheinlich ist es nach dem Winter alleine schon die Tessiner Sonne, welche die Leute in Ferienlaune versetzt. Und im Restaurant wird die die Atmosphäre dadurch sehr gelassen und entspannt. 


>> Ecco Ascona

Fotos: Thomas Buchwalder, Olivia Pulver