Text: Urs Heller

Der Metzgersohn mag Schweizer Fleisch. Der Gast im Restaurant Ecco im «Giardino» Ascona hat im grossen Menü die Wahl: Lamm aus der Romandie oder Kalb vom Bürgenstock? 18-Punktechef Rolf Fliegauf, ein Qualitätsfanatiker, hat die Vorzüge von Schweizer Fleisch entdeckt. «Das war nicht immer so», sagt der deutsche Starchef, der in einer Metzgerfamilie aufgewachsen ist, «vielleicht hatte ich am Anfang meiner Karriere einfach noch nicht die richtigen Produzenten entdeckt.» Unterdessen ist für ihn klar: «Wir kaufen das Fleisch für unsere beiden Restaurants in Ascona und St. Moritz in der Schweiz ein.» Nur beim Wagyu Beef geht er fremd, lässt es aus Japan einfliegen, «weil es hier zwar gute Wagyu-Ansätze gibt, das Preis-/Leistungsverhältnis für mich aber noch nicht stimmt.»

Lamm aus der Romandie

Rolf Fliegaufs Hauptgang: Lammrücken aus der Romandie, perfekt gebraten. 

Lambauch mit Auberginen - Giardino Ascona - Restaurant Ecco - Chefkoch Rolf Fliegauf  - 19. Juni 2020 - Copyright Olivia Pulver

Rolf Fliegauf: «Lammbauch empfehle ich auch für Hobby-Köche!»

Lammrücken & Lammbauch. Natürlich gibt es in einem edlen Restaurant auch edle Stücke. Aber nicht nur. Der Umgang mit «Special Cuts» ist für den Chef die grössere Herausforderung. Am Beispiel Lamm: Neben dem perfekt gebratenen Lammrücken liegt ein Stück Lammbauch, liebevoll gepökelt. Fliegauf: «Lamm soll nach Lamm schmecken. «Böckeln» darf es nicht, sonst haben die Gäste keinen Spass daran. Den saftigen Lammbauch empfehle ich auch für Hobby-Köche – einfach beim Metzger vorbestellen! Fliegauf schwört auf Weidelämmer aus der Romandie oder aus dem Emmental; das traditionelle Berner Familienunternehmen Mérat & Cie in Bern ist sein Hoflieferant.

 

Kalb? Ein Kompliment für Holzen Fleisch. Fliegaufs Kälber weiden am Bürgenberg in der Zentralschweiz. «Wir kaufen bei Holzen ein. Die machen das grossartig, lassen unser Kalbfleisch vier Wochen am Knochen reifen.» Vertrauen ist gut, Kontrolle besser: Der Chef nimmt von jeder Lieferung eine Bratprobe: «Sicher ist sicher. Jedes Tier altert verschieden. Mit der Probe sehe ich, ob es allenfalls noch etwas länger reifen muss.» Überraschung bei der Kalbfleisch-Bestellung im Restaurant: «Hätten Sie lieber das Entrecôte oder das Kotelett?», fragt die Bedienung freundlich. Fliegauf erklärt: «Koteletten werden vor allem von Männern bestellt, Frauen bevorzugen das Entrecote, das etwas weniger Fett hat.» Die Sauce dazu ist eine kleine Sensation: Der Chef mischt Kalbsschwanz-Stücke drunter. Mehrere Ansätze, 36 Stunden Arbeit. Aber den «Ecco»-Jungs ist keine Extrameile zu viel.

Rolf Fliegauf 2019 Angus Rind

Angus-Rind vom Bürgenstock (Holzen), 60 Tage gereift. 

Rolf Fliegauf 2019

Grosse Bühne für einen grossen Koch: Rolf Fliegaufs Restaurant am Giardino-Teich.

«Ich bin ein Luma-Fan!» Schweinefleisch schafft es auch immer in Fliegaufs Menü, allerdings eher in Ascona, als in St. Moritz, wo die Clientèle internationaler ist. «Bei den ausländischen Gästen mussten wir feststellen, dass Schweinefleisch nicht überall salonfähig ist», sagt der Chef. Seine Quelle für Schweinefleisch? «Ich bin ein Luma-Fan. Ich mag es, wenn das Fleisch schön marmoriert, vom Fett durchzogen ist. Privat kauft die Familie Fliegauf beim Engadiner Metzger Plinio Laudenbacher in Samedan ein. Ich liebe seinen Speck, seinen Rohschinken und vor allem seine Kastanienschweine aus dem Bergell.» Hat es eigentlich unter den jungen Köchen auch Veganer und Vegetarier? Fliegauf: «Bei mir nicht. Köche sollten produkteaffin sein. In unserem Team ist der Kampf um die besten Abschnitte nach wie vor voll im Gang.»

 

 

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Fotos: Thomas Buchwalder, Olivia Pulver, Tania Quispe