Aufzeichnung: David Schnapp
Skitag. «Wir Gastronomen sind ja keine Leute, die gerne herumsitzen. Tage mit zwölf bis sechzehn Stunden Arbeit sind eher die Regel denn die Ausnahme. Durch den Shutdown können wir uns aber immerhin die Zeit etwas anders einteilen, Skitage mit der Familie zum Beispiel sind sonst eher selten, weil wir normalerweise samstags und sonntags geöffnet haben. In 75 Minuten stehen wir von zu Hause aus oben am Berg, gestern haben wir am Männlichen für einen Tag Nebel mit Sonne getauscht. Ich bin kein verbissener Skifahrer, es geht eher darum, aktiv zu geniessen und in der Natur zu entspannen.
Wald und Hund. Dazu gehören auch Spaziergänge mit dem Schäferhund meines Vaters. Sobald der Frühling kommt, verbinden wir das Bedürfnis nach frischer Luft gerne mit der Besorgung von frischen Zutaten aus unserer Umgebung. Im Wald nach Sauerklee, Schafsgarbe, junge Brennesseln, Bärlauchkapern, Löwenzahn oder Holunderblüten zu suchen, ist nicht nur eine schöne Abwechslung, sondern auch wichtig für meine Küche. Auch solche Kleinigkeiten sollen am Ende auf einem Gericht geschmacklich Sinn machen und etwas mit uns zu tun haben.
Zeit für Lehrlinge. Man spricht ja zurzeit immer häufiger darüber, dass es für junge Leute eine schwierige Zeit sei. Wenn Kochlehrlinge zum Beispiel in Betrieben arbeiten, die komplett geschlossen haben, verlieren sie womöglich ganz viel Zeit und bleiben in ihrer beruflichen Entwicklung stehen. Deshalb trainiere ich regelmässig mit unserem Auszubildenden Luca Heiniger für das Finale des Kochwettbewerbs Gusto. Wir müssen als Gastronomen unbedingt Leute ausbilden, sonst gibt es irgendwann keine Mitarbeiter mehr, die gut und frisch kochen können. Das ist auch bei meinen Kollegen von Jeunes Restaurateurs (JRE) ein wichtiges Anliegen. Aber junge Menschen zu fördern, tut mir selbst auch gut. So werde ich immer wieder mit frischen Ideen konfrontiert und bleibe nicht stehen. Dass ich 2019 Lehrmeister des Jahres war, macht mich stolz und ist gleichzeitig eine Verpflichtung.
Geschmort statt gepunktet. Von Freitag bis Sonntag bieten wir Menüs zum Mitnehmen an. Wir haben beschlossen, das auf das Wochenende zu konzentrieren, um uns nicht zu verzetteln. Damit es funktioniert, setzen wir stark auf Schmorgerichte, die lange haltbar sind. Wir wollen keine Punkteküche liefern, sondern uns auf das Wesentliche beschränken. Es ist aber auch wichtig, bei den Stammgästen im Gespräch zu bleiben und der Zuspruch der Kunden ist enorm: An Silvester zum Beispiel haben wir 200 Menüs verkauft. Vielleicht ist es auch einfach wichtig, dass man ins Restaurant fahren kann, um dort Essen zu bekommen. So kommt man miteinander ins Gespräch, genau das fehlt den Leuten gerade jetzt.
Projekt: Wolfsbarsch. Immerhin bleibt im Moment auch mehr Zeit, um mit der Familie am Tisch zu sitzen oder in der Küche zu stehen. Kürzlich habe wir mit den Kindern Sushi zubereitet, und mit unserem Sohn Fabian habe ich letzthin einen Wolfsbarsch in der Salzkruste gebacken. Er ist jetzt vierzehn und will Koch lernen. Seine Neugier und sein Interesse ist gross, und als Vater ist es natürlich toll, das zu fördern. Fabian hat aus dem Wolfsbarsch auch gleich noch ein Projekt gemacht, die Karkassen zweier Fische ausgekocht, mit einer Zahnbürste sorgfältig gesäubert und dann mit Heissleim zu einer Art Fabelwesen zusammengefügt. Das Ganze kam dann als Ausstellungstück auf ein Brett, was insbesondere seine Schwester Jael ganz abstossend fand.
Malend entspannen. Meine Frau Manuela und ich haben schon vor einigen Jahren – aus lauter Neugier und Freude an der Sache – angefangen zu malen. Wir hatten damals keine Bilder für die Gaststube und so entstanden die ersten Werke. Wir wurden zwar teilweise etwas belächelt, aber irgendwann wollte tatsächlich jemand ein Bild kaufen. Seither malen wir als eine Art Entspannungsübung. Nicht jedes Mal entsteht etwas, was man anderen Leuten zeigen möchte, aber hin und wieder klappt es. Mittlerweile haben wir die Preise für die Bilder erhöht, damit wir nicht zu viel malen müssen.
Handlanger. Nach dem Shutdown wollen wir voller Elan durchstarten. Deshalb haben wir die komplette Gaststube praktisch in den Rohbau zurückversetzt, alle Möbel herausgenommen und den Holzboden sandgestrahlt. Viel haben wir dabei selbst gemacht, 130 Stunden Holz geschliffen etwa. Und es war toll, einmal als Handlager den Bauarbeitern zur Seite stehen zu können. Jetzt haben wir eine wunderschöne Gaststube mit neuem Mobiliar und neuer Beleuchtung – ein totales Facelifting für unser Bistro.
Test mit Bauernbrot. Auch in der Küche geht es immer weiter. Kürzlich konnte ich eine 45 Jahre alte Brotmaschine erstehen, die den Teig automatisch zu runden schönen Laiben formt. Das Ziel ist, dass wir zukünftig jedem Gast ein ganzes, rustikales Bauernbrot mit viel Kruste servieren können. Dazu gibt es Butter aus der Käserei. Wir haben bisher schon hausgemachte Baguettes serviert, aber das Bauernbrot bringt uns einen Schritt weiter. Bevor es soweit ist, musste ich erst die Maschine revidieren, den Rost entfernen, alle Teile reinigen und die entsprechenden Stellen frisch ölen. Jetzt geht es darum, wie wir das Brotbacken in unseren täglichen Ablauf integrieren. Das ist gar nicht so einfach, wenn man mittags und abends frisch backen will. Damit sammeln wir jetzt Erfahrungen, bis es wirklich funktioniert. Aber auf jeden Fall sind wir bereit für unsere Gäste!