Text: David Schnapp | Fotos: Simon Kurt/Digitale Massarbeit

Die Eier-Lieferantin. Unter der bunt leuchtenden Moncler-Jacke trägt Simone Probst ein weissen Pullover, dessen Oberfläche ein wenig an Hühnerfedern erinnert. Die Hotelfachfrau im Ruhestand bringt jede Woche jeweils am Montagmorgen 120 bis 170 frische Eier ins Panorama-Restaurant auf dem idyllischen Hartlisberg bei Steffisburg. Der Empfänger ist Besitzer und Küchenchef Rolf Fuchs, Simone Probst ist gewissermassen seine elegante Eier-Lieferantin aus Leidenschaft. 

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Immer Montags werden die Eier geliefert: Rolf Fuchs und Simone Probst im «Panorama».

Vögel im Paradies. Rund 70 Hühner verschiedener Rassen hält die Tierfreundin auf ihrem schönen Stück Land im bernischen Wichtrach bei Münsingen: «Die Vögel leben in einem Paradies», sagt Rolf Fuchs, der sich den Betrieb natürlich selbst schon angeschaut hat. «Die Hühner können in aller Ruhe bis ins AHV-Alter bei mir sein, geschlachtet wird keines», erklärt Simone Probst, und bezeichnet ihr Federvieh als «Hobby», das allerdings viel Arbeit mache. 

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Nach Gewicht und Grösse sortiert: die frischen Eier von Simone Probst Hühnern.

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Ein Paradies für Hühner: Simone Probst zeigt ein Foto ihres Landstücks.

Seit 20 Jahren regional. Gute Grundprodukte von vertrauenswürdigen Lieferanten aus der Nachbarschaft sei etwas vom Schönsten beim Kochen, findet JRE-Mitglied Fuchs, auch wenn er das Wort «Regionalküche» nicht besonders mag: «Wir kochen schon seit 20 Jahren regional, das ist für mich kein Verkaufsargument mehr.» Die Rinder-Salami mit Trüffel oder Pfeffermantel, die es zum hausgemachtem Brot als Apero für die Gäste gibt, wird aus dem Fleisch von Tieren hergestellt, die auf der ans Restaurant angrenzenden Wiese weiden. Die Bachforellen, die gerade auf dem Gourmetmenü stehen, züchtet eine Familie aus Steffisburg, und dass der Wald nicht nur Naherholungsraum, sondern auch Vorratskammer für die Küche sein kann, ist für Fuchs so selbstverständlich wie der Kaffee am Morgen.

Der Klassiker. Aber Eier haben in der Arbeit des erfolgreichen Kochs (17 Punkte, ein Stern) einen besonderen Stellenwert: «Unser gebackenes Ei mit knuspriger Kruste und flüssigem Eigelb ist ein Klassiker geworden. Irgendwann konnte ich es nicht mehr sehen, und habe es von der Karte genommen, aber die Nachfrage war zu gross. Mittlerweile habe ich mich mit unserem Signature Dish wieder angefreundet», sagt Fuchs. Zurzeit serviert er das Ei als Interpretation des Szegediner Gulaschs: Dafür wird es erst mit der Stoppuhr gekocht (sechs, sieben Minuten, je nach Gewicht), dann abgeschreckt, geschält, mit Pankobrösel paniert und dann – wieder mit festem Blick auf die Uhr – 1:25 Minuten bei 180 Grad im heissen Öl auf den Punkt frittiert.

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Ein Fuchs-Klassiker: das panierte Ei wird im heissen Öl frittiert.

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Zeit, Temperatur, Gespür: die Zubereitung des perfekten Rühreis.

Sortierte Eier. Am Ende hat man ein cremig-knuspriges Ei vor sich, auf etwas Sauerkraut gebettet, mit knusprigem Lardo, Paprikaschaum und Sauerrahm-Schnittlauch-Espuma zum «Comfort Food» veredelt. Entstanden ist das Rezept, als Rolf Fuchs für 500 JRE-Kollegen am Europakongress den Hauptgang zubereiten sollte. «Das Ei schien mir eine gute Idee für ein anspruchsvolles Publikum, aber es hat gedauert, bis wir es so hinbekommen haben», erzählt er. Entscheidend sei das Gewicht; die Eier dürfen nicht mehr als zwei, drei Gramm Abweichung haben, damit das Timing stimmt. Deshalb liefert Eier-Lady Simone Probst ihre legefrischen Produkte mittlerweile schön nach Grösse und Gewicht sortiert.

Frisch, aber nicht zu frisch. Überhaupt ist die Frische für ein gutes Ei entscheidend, auch wenn das vielseitige Naturprodukte erstaunlich lange geniessbar bleibt. Zwei Monate halte es problemlos im Kühlschrank, weiss Rolf Fuchs. «Das Ei ist ja ein kleines Wunder, ein System mit einer atmenden, aber festen Aussenhaut und einem flüssigen Kern», sagt der Koch. Für hartgekochte, gefärbte Eier an Ostern allerdings ist zu frisch nicht ideal: «Dafür sollten die Eier mindestens zehn Tage alt sein, sonst lassen sie sich nicht gut schälen», sagt Fuchs.

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Neuinterpretation: das Szegediner-Ei von Rolf Fuchs mit Sauerkraut und Paprikaschaum.

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Ei, Rahm, Rucola: das cremige Rührei von Rolf Fuchs.

Das perfekte Rührei. Zum Schluss zeigt uns der Koch, der einen ausgezeichneten Ruf als Lehrlingsausbildner hat, noch die Zubereitung des seiner Meinung nach perfekten Rühreis. Dafür werden die eben gelieferten frischen Eier in eine Schüssel geschlagen und mit einem Stabmixer kurz schaumig gemixt. Bei mittlerer Hitze lässt sie Fuchs dann mit Butter in einer beschichteten Pfanne kurz und ohne zu rühren, «etwas anziehen», bevor er die Masse mit einem Silikon-Spatel etwas zusammenschiebt, so dass sich grössere Stücke bilden. Wenn das Ei gerade so gestockt ist, kommt etwas frischer, kalter Rahm hinzu, «um den Garprozess zu stoppen», und erst ganz zum Schluss wird mit frisch gemahlenem Pfeffer, Salz und etwas Rucola oder Schnittlauch gewürzt. Die Mischung ist jetzt immer noch cremig-flüssig, so kann man sie auf ein Stück knuspriges Baguette geben, das sich dann mit dem Rührei vollsaugt.

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Osterboten: Für hat gekochte, gefärbte Eier nimmt man sich in der Familie Fuchs Zeit.

Alles, was ein Koch braucht. Ein Rührei, sagt Rolf Fuchs am Ende, sei zwar etwas Einfaches, aber die Art der Zubereitung sage viel über die grundlegenden Fertigkeiten eines Kochs aus: «Es braucht ein Gespür für das Produkt, für die Temperatur und für das Timing – also alles, was man in der Küche als Grundlage sowieso braucht.»


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