Text: Marc David Fotos: Blaise Kormann
Liebe auf den ersten Blick. Wiesen, Wälder, Kühe und im Hintergrund die Alpen. Die «Pinte des Mossettes» befindet sich irgendwo im nirgendwo. Und das ist keineswegs despektierlich gemeint. Romain Paillereau hat es sich nämlich genau so ausgesucht. «Das alpine Chalet in mitten von nichts hat mir sofort gefallen. Das rustikale Innere hat mich dann überzeugt. Ich war mir von Anfang an sicher», erzählt der 34-Jährige. Seit 2016 führt er also das Lokal in Cerniat FR im Greyerzerland.
Wildkräuter. Als er sich hier eingerichtet hat, war er sich der Geschichte des Hauses gar nicht recht bewusst. Bis 2008 kochte hier Wildpflanzenköchin Judith Baumann. Virginie Tinembart und Georgy Blanchet haben diese Natur-Philosophie weitergeführt. Und so hält es auch Romain Paillereau. «Ehrlich gesagt, habe ich die Vergangenheit ignoriert. Mir ist das erst aufgefallen, als ich hier angefangen habe und die ehemaligen Gäste von Judith gekommen sind.» Mittlerweile ist das mit den Vergleichen ebenfalls Geschichte.
Geheimnisse. Wie seine Vorgänger hat sich auch Romain der Natur verschrieben. Er sammelt Heilpflanzen und Kräuter auf den Wiesen und in den Wäldern. «Ich hatte schon zuvor ein bisschen Ahnung von Wildpflanzen. Aber wenn du sie nicht zehn Mal in der Hand hattest, weisst du nicht wie du sie benutzen kannst.» Und man ist auf sich alleine gestellt. Zu Beginn wollte niemand Paillereau verraten, wo sich die guten Pilz-Stellen befinden. «Als ich kam, war bereits alles weg. Hier muss man sich echt beeilen.»
Troisgros & Pic. Aufgewachsen ist der Franzose in Bergerac im Périgord. Seine Wanderjahre verbrachte er in Paris im George V und im Bristol. Er war auch in Österreich und in Los Angeles. In der Schweiz machte er im Beau-Rivage in Lausanne im Restaurant Anne-Sophie Pic Halt. «Die wichtigste Station in meiner Karriere war aber bei Michel Troisgros.» Beim 3-Sterne-Chef lernte er alles über den Einsatz von Zitrusfrüchten. «Bei ihm gibt es kein Gericht ohne. Und er wollte auch nie, dass ein Gericht gleich ist wie das andere.»
«Aufsteiger des Jahres». Heute arbeitet Romain Paillereau mit Kontrasten. Es gibt zwei Menüs, das Probierer-Menü und das Emotionen-Menü. Seine Gerichte sind bodenständig und ausgefeilt zugleich. Er will Gerichte, die noch nie dagewesen sind und lässt grossen Klassikern ihre Berechtigung. Die GaultMillau-Tester sind in diesem Jahr noch mehr begeistert als in den Jahren zuvor. «Sehr positiv überrascht wurden wir schon von den Amuse-bouches: zum einen knusprige Poulethaut mit Limette, zum anderen ein Stück Hummer mit einem Türmchen aus Kräutern und Meerrettich. Ihnen folgten die Leckerbissen Schlag auf Schlag: Sellerie-Cannelloni mit Eglifilets, Blüten und einer sämigen Sauce mit einem Hauch Zitronenaroma», notieren sie.
Fazit: Romain Paillereau steigt auf 17 Punkte auf und ist «Aufsteiger des Jahres in der Westschweiz». Und übrigens: Jetzt kommt die beste Zeit für einen Besuch in der «Pinte des Mossettes. «Menu Chasse» steht auf der Karte. Das genialste Gericht ist «Lièvre à la royale». Hase und Innereien werden geschmort, das sind fünf Tage harte Arbeit.