Text: Knut Schwander I Fotos: Adrian Bretscher
Die Spannung war greifbar. Sämtliche 19-Punktechefs waren anwesend, als Montag um 11:30 Uhr, am Ufer des Lago Maggiores die neue Ausgabe des GaultMillau Guide Schweiz lanciert wurde. Auf dem Steg mit Blick aufs glitzernde Wasser waren auch mehrere Starchefs aus der Romandie und dem Tessin anzutreffen – sie wussten zwar, dass sie für einen Preis nominiert waren. Aber sie wussten weder für welchen, noch wie viele Punkte sie am Ende mit nach Hause nehmen würden. Die Spannung war beinahe greifbar. Grosses Bild oben: Lucrèce Lacchio.
Zwei Punkte auf einen Streich! Der erste Romand, der auf die Bühne gerufen wurde, war Nicolas Darnauguilhem von der «Pinte des Mossettes». Er wurde «Green Chef of the Year», bekam für seine naturnahe Küche in Cerniat (FR) als neue Note eine strahlende 17! (Lesen Sie hier.) Nur wenige Minuten nach ihm nahm Titouan Claudet seine gelbe Plakette als «Patissier des Jahres» entgegen. Er kreiert die Desserts im «Atelier Robuchon» in Genf; das Restaurant steigerte sich gleich – eine absolute Seltenheit – um zwei auf neue 17 Punkte. Claudet war überglücklich und wurde förmlich von Glückwunsch-SMS und -Telefonaten überrollt.
Sprachlos vor Rührung. Romain Paillereau vom Restaurant Des Trois Tours in Fribourg-Bourguillon ist zwar kein Neuling bei den Feierlichkeiten des GaultMillaus (er war schon einmal «Aufsteiger des Jahres», als er Chefkoch der Pinte des Mossettes war), doch als er diese Auszeichnung erneut und dazu 18 Punkte in Empfang nahm, war er buchstäblich sprachlos: «Plötzlich überwältigten mich die Emotionen. Diese 18 Punkte waren schon immer mein Ziel. Dank dieses Titels werden wir bestimmt die eine oder andere Idee verwirklichen können, die Pascal Blanquet, der Besitzer des Restaurants, und ich haben.»
Erst kommt die Arbeit, dann die Feier. Auch eine Frau war unter den «Aufsteigern des Jahres» zu finden: Dank des Talents von Lucrèce Lacchio darf das «Le Berceau des Sens» nun 17 Punkte sein Eigen nennen. Die Küchenchefin des Restaurants der Hotelfachschule in Lausanne war sichtlich gerührt, als sie vom Podium kam – blieb aber dennoch fokussiert auf die Arbeit: «Danke ans Team! Wir werden aber erst am Freitag feiern, zuvor haben wir noch eine Arbeitswoche vor uns.»
Spontane Kurzferien im Tessin. «Harte Arbeit führt zu Anerkennung», nahm Quentin Philippe den Faden auf. Die «Entdeckung des Jahres» in der Westschweiz steht in der Genfer Weinbar Arakel am Herd, die in anderthalb Jahren Bauzeit um ein Feinschmecker-Restaurant im Taschenformat ergänzt worden ist. Zufrieden mit den 15 Punkten? «Ich bin überrascht, dass dieser Titel und diese Bewertung schon so kurz nach der Eröffnung kommen.» Um diesen speziellen Moment gebührend zu feiern, beschloss Philippe spontan, noch eine Nacht im Tessin anzuhängen.
Noch ein Chef von der nahen Insel. Vielleicht ging er ja zu seinem Kollegen Joao Antunes? Denn auch das Tessin ging natürlich nicht leer aus: Der Küchenchef im Hotel Villa Emden auf der Isola di Brissago steigt mit 14 Punkten in den Guide ein. Die «Entdeckung im Tessin» brilliert mit einer Kräuterküche, deren Zutaten zu einem Grossteil gleich neben dem Restaurant wachsen. Zwar war seine Wirkungsstätte mitten im See von der Bühne aus zu sehen. «Ob mein Team jetzt wirklich am Arbeiten ist, erkenne ich von hier aus aber nicht», meinte Antunes mit einem Lachen.