Fotos: Adrian Bretscher | Digitale Massarbeit
Gitzi-Fan Rösch. Wenn draussen der erste Bärlauch spriesst und die Krokusse ihre Köpfe aus der Erde strecken, dann ist es auch wieder Zeit für Gitzi. Das Fleisch von jungen Geissen ist eine Delikatesse mit grosser Tradition. Vor allem in der Innerschweiz und im Tessin. Sebastian Rösch ist weder aus der Zentralschweiz noch aus dem Südkanton, doch das zarte Fleisch hat es ihm dennoch angetan. Rösch ist gebürtiger Bayer und Wahlzürcher. Seit zwei Jahren führt er den «Lindenhofkeller» in der Zürcher Altstadt, davor war er im «Mesa». «Eigentlich bin ich ja mit Lamm aufgewachsen. Meine Grosseltern haben immer Lämmer gehalten.»
Sebastian Rösch pökelt den Gitzibauch und bereitet daraus Gröstl als Topping.
Geschmacksnuancen eines Döners: Schmalznudel mit Labneh und Gitzibauch-Gröstl.
Kein Käse ohne Fleisch. Auf das Gitzi ist Rösch durch seinen Produzenten Toni Odermatt gestossen. Der Stanser Ziegenbauer ist bekannt für seinen Ziegenkäse, Rösch kaufte bei ihm aber auch immer die Haxen von Molkesäuli. «Toni hat mir mal gesagt, wer Käse esse, der müsse auch das Fleisch essen. Dieser Satz ist mir geblieben.» Ziegenmilchprodukte werden immer beliebter. Das Fleisch ist zwar bei Kennern beliebt, aber bei der breiten Masse kommt Gitzifleisch nicht auf die Teller. Dabei vergessen viele: Wenn die Ziegen nicht gebären, geben sie auch keine Milch. Doch Toni Odermatt nimmt allmählich eine Veränderung war: «Immer mehr Kunden, die bei mir Käse kaufen, nehmen auch mal ein Gitzi oder eine Ziegenwurst.»
Sebastian Rösch veranstaltet im gemütlichen «Lindenhofkeller» regelmässig Kellerfeste.
Der Herr der Ziegen: Toni Odermatt ist bekannt für seine hervorragenden Ziegenkäse-Produkte – und für Gitzi.
Gitzi-Döner. Auch Rösch nimmt sich das zu Herzen und setzt im Frühling Gitzi auf die Karte. Doch nicht nur das. Am Gründonnerstag lädt er zu einem seiner Kellerfeste ein und dann gibt es ein ganzes Gitzimenü. Rösch startet mit einem kleinen Snack. Aus Hefeteig fertigt er eine Kugel, frittiert sie im heissen Öl und bedeckt sie mit Labneh. «Bei uns in Bayern heisst das Schmalznudel. Das ist im Prinzip wie Langosz.» Der entwässerte Joghurt versetzt Rösch mit Knoblauch, Gurke und Geissenfrischkäse. Getoppt wird das Ganze mit Gröstl vom gepökelten Gitzibauch. «Im Prinzip sind das die Geschmacksnuancen eines Döners», sagt Rösch.
Frühlingshaftes Wohlfühlgericht: Gitzi-Ragout mit Erbsli und Rüebli.
Sebastian Rösch kocht seit zwei Jahren erfolgreich im «Lindenhofkeller».
Gitzi-Ragout an weisser Sauce. Richtig frühlingshaft wird es beim Zwischengang. Statt Blanquette de Veau macht Rösch eine Blanquette de Chevreau. «Für dieses Ragout nehme ich Fleisch von den Haxen und den Schenkeln und konfiere es über Nacht langsam im Öl», erklärt der 16-Punktechef. Wer glaubt, Gitzifleisch «böckele», der irrt gewaltig. Gitzi ist sehr dezent im Geschmack, erinnert eher an Kalb. Zum Ragout in weisser Sause gibt es Erbsli, Rüebli und frisch gepflückte Veilchen. «Jetzt habe ich langsam genug vom Wurzelgemüse», sagt Rösch und lacht. In den Eintopf kommen auch Abschnitte aus der Pastaproduktion. Ein richtiges Resteverwertungsessen.
Ein Tier, das nicht auf der Karte steht: der Wolpertinger.
Von Natur aus zart. Gitzi kriegt man zwar vorwiegend im Restaurant angeboten, doch es gibt keinen Grund, die Spezialität nicht auch mal zu Hause zuzubereiten. Gitzi von Toni Odermatt bekommt man auf dem Wochenmarkt im Helvetiagärtli in Luzern, in der Markthalle im Bahnhof Luzern, bei «Chäs und Brot» in Wollishofen oder im «Nah und fein» in Zürich. «Man darf einfach keine Berührungsängste haben. Aber Gitzifleisch ist von Natur aus so zart, da kann man fast nichts falsch machen», so Rösch.
Sebastian Rösch ist mit Lamm aufgewachsen und auch das serviert er im Frühling gerne. Mit den ersten Badischen Spargeln.
Kellerfeste im «Lindenhofkeller». Wer die Zubereitung doch lieber dem Experten überlässt, kann noch für das Gitzi-Kellerfest am Gründonnerstag reservieren. Doch auch an den anderen Tagen gibt es einzelne Gitzi-Gerichte im Menü. Weitere Kellerfeste finden jeden Monat zu einem spezifischen Thema statt. «Wir hatten schon ein Kesselfleischessen, widmeten uns dem Thema Ente oder Wagyu oder servieren ein Spargel-Menü», sagt Rösch, der sich jedes Jahr wieder etwas Neues einfallen lässt.