Text: Kathia Baltisberger
Belgien vs. Schweiz. Die einen sind die Ruhe selbst. Bei anderen bilden sich Schweissperlen im Gesicht. Neun Kandidaten und eine Kandidatin kämpfen in Brüssel in der Vorausscheidung «West Europe» um den Einzug ins Finale des Kochwettbewerbs S.Pellegrino Young Chef. Die Region Westeuropa besteht aus Belgien und der Schweiz. Sechs Schweizer und vier Belgier treten gegeneinander an. Am Ende schafft es aber nur ein Kandidat oder eine Kandidatin ins Finale in Mailand. Für die Schweiz treten an: Andrea Vailati («Bauernschänke», Zürich), Raul Garcia, («Focus», Vitznau), Damien Delacoste (Restaurant Le Maguet, Les Evouettes), Diego Sgarabossa («The View», Lugano), Gianmarco Pallotta («Riffelalp», Zermatt) und Mirjam Schwarz («Zermatterhof», Zermatt).
Grosses Bild oben: Léa Linster, Mary Nozahic, Tim Boury, Raùl Garcia, Stefan Heilemann, David Martin (v.l.).
Authentizität ist gefragt. Die Jurymitglieder streifen um die Kochstationen herum, schauen den Kandidaten über die Schulter und in die Töpfe. «Sie machen ganz unterschiedliche Gerichte», sagt Mary Nohazic («La Table de Mary»). «Einige arbeiten sehr technisch, auf hohem Niveau. Andere machen etwas Einfaches wie Kutteln. Aber man muss das Resultat abwarten. Erst am Ende können wir ein Urteil fällen.» Ähnlich sieht es auch Léa Linster. «Es ist schön, dass die Kandidaten das machen, was sie wollen. Und nicht das, womit sie zu gewinnen glauben», sagt die Luxemburger TV-Köchin.
Wild, Lamm, Kutteln. Andrea Vailati will die Jury mit einem Hirsch überzeugen. Dafür verwendet er fast alles vom Tier, auch die Haxen. Raùl Garcia setzt auf ein Fischgericht. Zander: Muscheln und Artischocken landen auf seinem Teller. Damit alles gelingt, hat er sich einen Plan zurechtgelegt, bei dem jede Minute durchgetaktet ist. Etwas rustikaler geht Mirjam Schwarz an die Sache: Sie macht Emmentaler Lammvoressen verpackt in einer Praline. Diego Sgarabossa ist derjenige, der es mit Kutteln versucht. Dazu gibts verschiedenes Wurzelgemüse. Gianmarco Pallotta macht hauchdünne Cappelletti gefüllt mit «Chüngel». Und Damien Delacoste präsentiert einen «Spaziergang durch den Wald» mit Schwarzwurzeln, Pilzen und Hirsch.
Ein schmaler Grat. Mit in der Jury ist auch Stefan Heilemann («Widder» Zürich). Auch er macht sich ein erstes Bild. «Die einen sind akribisch vorbereitet, andere sind minimalistisch unterwegs. Ich glaube, man darf sich nicht übernehmen mit zu vielen Komponenten, aber man muss auch zeigen was man kann. Es soll schon ein anspruchsvolles Gericht sein.» Neben Geschmack und Optik gibt es noch andere Kriterien, die eine Rolle spielen. Zum Beispiel wie die Kandidaten mit Foodwaste umgehen. Abzug gibt es auch, wenn der Ofen unnötig lange läuft und Energie verschwendet wird.
And the winner is... Am Ende konnte Raùl Garcia das Rennen für sich entscheiden. Die Jury war von seinem Zander-Gericht begeistert. Raùl hingegen ist auch nach der Siegerehrung die Ruhe selbst. Das sei sein Naturell: «Ich mache halt immer das Beste aus der Situation. Was soll ich sonst machen? Ich kann es ja nicht ändern.» Am Morgen vor dem Wettbewerb zum Beispiel wurde zu wenig Zander geliefert. Raùl bleibt ruhig, arbeitet voran, bis der Zander nachgeliefert wird.
Mahler: «Ich heule grad.» Raùl ist gerade erst 20 Jahre alt und arbeitet als Souschef von Patrick Mahler im «Focus» im Park Hotel Vitznau. Die Lehre machte er in einem gutbürgerlichen Restaurant Anker in Teufen. Danach absolvierte er eine Stage bei Andreas Caminada. Auch bei Pascal Steffen im «Roots» arbeitete er bereits. Seit 1,5 Jahren ist er nun bei Mahler. Und der Chef könnte stolzer nicht sein. Weil er am gleichen Tag die Kitchen Party im Park Hotel schmeisst, konnte er nicht in Brüssel dabei sein. Doch der 18-Punktechef freut sich immens, schickt Herz-Smileys und schreibt per Whatsapp: «So geil! Ich heule grad!» Einziger Wermutstropfen: Raùl muss bald einrücken. Die RS hat er noch vor sich und wird dann erstmal 18 Wochen weg sein.