Fotos: Nik Hunger, HO
Archaische Brotspeise. Dass es ein Erfolg werden würde, war am 2. Februar 1965 überhaupt nicht offensichtlich. An diesem Tag eröffnete Rudolf Bindella im Erdgeschoss des Hauses an der Luisenstrasse im Zürcher Kreis 5 die Pizzeria Santa Lucia. Dazu geraten hatte ihm ein neapolitanischer Bekannter, andere hingegen sahen zu dieser Zeit in der archaischen Brotspeise aus Süditalien einen Trend, der schnell vorübergehen würde. Aber Rudolf Bindella glaubte an das Konzept, 60 Jahre später feiert «Santa Lucia» Geburtstag. Grosses Bild oben: Rudi Bindella Sen. mit Sohn Rudi im «Santa Lucia» an der Luisenstrasse in Zürich.
Vom «Hecht» zu «Santa Lucia». Während er das Haus umgebaut habe, sei sich sein Vater im Unklaren gewesen, was mit dem Lokal, das früher «Hecht» hiess, geschehen solle, erzählt Rudi Bindella Sen. heute. «Machen Sie doch eine Pizzeria mit Holzofen», habe sein Bekannter gesagt. Und so begann das, was heute der Leitgedanke der Familienunternehmung Bindella ist: «Italien war die Idee», sagt der Senior-Chef, der die Firma seit rund 15 Jahren zusammen mit seinem Sohn Rudi führt. «La vita è bella», lautet das Motto der Bindellas – es steht auf jedem Lastwagen und auf jeder Menükarte und ist weit mehr als ein flotter Marketing-Satz, sondern vielmehr eine Verpflichtung und ein unverrückbare Überzeugung.
Bestseller aus dem «Santa Lucia»: Pizza Michelangelo (Mitte).
Das Duo von der Luisenstrasse: Küchenchef Pasquale Gizzi mit Gastgeberin Nermina Gracic.
Keine «Multiplikations-Gastronomie». Mittlerweile elf Lokale unter dem Namen «Santa Lucia» betreibt die Familie Bindella im ganzen Land, und es ist nicht übertrieben zu sagen, dass die Schweiz in diesen Ristoranti gelernt hat, italienisch zu essen. Dabei hat man geschickt vermieden, aus dem erfolgreichen Konzept eine seelenlose «Multiplikations-Gastronomie» zu machen, wie das Rudi Bindella Sen. nennt. Jedes Lokal ist individuell gestaltet und hat seinen eigenen Charakter, aber die sorgfältig gepflegte Grundidee verbindet alle miteinander.
Ein Restaurant für die ganze Familie: Rudi Sen., Ehefrau Christa und Sohn Rudi Bindella vor dem Ur-«Santa Lucia» im Zürcher Kreis 5.
Bestseller «Michelangelo». Zum Geburtstag haben sich die Bindellas eine schöne Überraschung einfallen lassen, alle Kunden in sämtlichen «Santa Lucia»-Lokalen wurden am 2. Februar 2025 zum Essen eingeladen. «Das hat unsere Gäste natürlich total überrascht, aber fast noch mehr Freude hatten unsere Mitarbeiter an dieser Geste», erzählt Rudi Bindella am Tag danach bei einer Tavolata in der Ur-«Santa Lucia». Die glänzenden rötlichen Kacheln an den Wänden und der Marmorboden sind noch genauso wie vor 60 Jahren, ausgesucht hat die Baumaterialien Annie Bindella. Das Ristorante hat verschiedene Umbauten erlebt. Nicht zuletzt musste der Pizzaofen vergrössert werden, er wird aber immer noch mit Holz befeuert. Die beliebteste Pizza heisst übrigens «Michelangelo», sie wird mit Rohschinken und Rucola belegt. «Jeder denkt, dass er die beste Pizza macht», sagt Rudi Bindella Sen. dazu lachend. Wichtig sei bloss, dass sie einem selbst schmecke.
Die (Erfolgs-)Geschichte geht weiter: Ofenbau am neuen Standort in Altstetten.
Jede 60. Pizza gratis. Und jede 60. Pizza pro Ristorante wird im Jubiläumsjahr 2025 kostenlos serviert. Ausserdem halten die Bindellas unbeirrt an einer weiteren charmanten Idee fest, welche den Charakter der Ristoranti prägt: «Zu Italien gehört die Familie, es war uns deshalb immer wichtig, dass diese sich günstig auswärts verpflegen kann», sagt Rudi Bindella Sen. Kinder essen im «Santa Lucia» deshalb bis heute pauschal für 10 Franken – ganz unabhängig davon, was sie bestellen. Und so gilt auch weiterhin, dass viele kleine Gäste im «Santa Lucia» lernen, italienisch zu essen. Und die (Erfolgs-)Geschichte geht weiter, Am 1. März 2025 wird das neue «Santa Lucia» in Altstetten eröffnet. In dem auffälligen Wohnbau der Star-Architekten Herzog & De Meuron werden gerade letzte Bauarbeiten ausgeführt. Natürlich gehört dazu ein gemauerter Pizza-Holzofen.