Text: Urs Heller 

Fleisch? Da lässt Tanja Grandits Marco ran! Im berühmten «Stucki» in Basel ist die Aufgabenverteilung klar: «Koch des Jahres» Tanja Grandits ist der Boss, mit persönlichem Flair für alles, was vegetarisch ist. Marco Böhler, der Mann ihres Vertrauens und Küchenchef, kümmert sich vor allem um die Fleischgerichte. Auf diesem Gebiet macht ihm keiner was vor: Sein Opa war Metzger. Und Marco greift jederzeit auch selber zum Messer. Beim prächtigen Kalbsrücken etwa sind Filet und Koteletts bereits weggeschnitten. Jetzt ist das Carré dran, zur Begeisterung der Gäste.

 

Dienstreise nach Gstaad. Böhler setzt auf Schweizer Fleisch und fährt am liebsten gleich selber zum Metzger, um die schönsten Tiere auszusuchen. Dafür ist ihm kein Weg zu weit. Zwischen Mittag- und Abendservice fährt er schon mal in die «Buuremetzg» nach Gstaad. Dort werden die Kälber auf seinen Wunsch hin in drei Etappen gelagert, damit sie im «Stucki» perfekt abgehangen auf den Tisch kommen.

07.10.2019; Basel: Koch des Jahres - Tanja Grandits; Marco Böhler (Küchenchef). © Valeriano Di Domenico

Marco Böhler: «Beim Lamm mag am liebsten die Koteletten mit schön langen Knochen.»

Der geschmorte Laffenspitz. Dem Zufall überlässt der Chef nichts: Er kennt das Schlachtdatum jedes Kälbchens auswendig (!), und er macht zur finalen Kontrolle von jedem Stück auf dem Grill eine Bratprobe. «Nur Filet» ist keine Option. Kalbshaxen (von Jenzer, Arlesheim BL) gehören zu seinen Paradegerichten, geschmort wird im «Stucki» eh mit Sorgfalt und Begeisterung. Böhlers Schmorstück im aktuellen Menü: Keine Kalbsbacke wie in den meisten Restaurants, sondern Laffenspitz alias Schulterspitz: Butterzart! Ein Messer braucht es dafür nicht. Apropos Kalbshaxen (24 Stunden bei 64 Grad geschmort): So eine Haxe reicht im Menü locker für sechs bis acht Personen; es gibt aber auch Fans, die sie zu zweit wegputzen…

 

32 Lämmer. Und dann der Lockdown! Auch für das perfekte Lamm fährt Marco Böhler ins Berner Oberland, zu Metzger Hans Boss nach Grindelwald. Fachsimpeln im «Metzgerstübli», Einkaufen. Und zwar in stolzen Mengen! Böhler: «Als der Lockdown kam, hingen 32 Lämmer im Kühlhaus ab. Unsere Lösung: Take-away! Wir verkauften in unserem «Lädeli» Ragout, Koteletten, Nierstücke, Filets, gaben den Käufern eine genaue Gebrauchsanweisung mit und konnten so die Tiere trotzdem verwerten.» Setzt der Chef Lamm aufs Menü, so sind es meistens Lamm-Koteletts, «mit schön langem Knochen».

«Ich will wissen, wie die Tiere aufwachsen». Zu den Stucki-Lieferanten gehört auch die Familie Jenzer in Arlesheim BL; diese Metzgerei gibt es seit 1898! Böhler: «Jenzer schlachtet noch selber. Am Montag Kalb, am Dienstag Rind. In seiner «Fleischwerkstatt» herrscht die totale Transparenz. Für die Bauern gibt es pro Kilo einen Franken mehr als üblich. Die Bergbauern machen einen tollen Job. Das muss man honorieren. Mir ist der Kontakt zu den Produzenten wichtig: Ich will wissen, wie die Tiere aufwachsen.»

 

Schweinenacken für den Grill. Schweinefleisch kauft Böhler in Ormalingen ein («Freilauf-Hausschweine, das ganze Jahr draussen»). Der Schweinebauch ist sein Lieblingsteil. Der Chef ist auch ein begabter Grillmeister. Sein Tipp für Anfänger: «Schweinenacken, schön durchzogen. Wunderbar!» Das Wild (im Sommer und im Herbst) stammt aus der Region. 100 Prozent Schweizer Fleisch also? «99 Prozent», lacht Marco, «zwischendurch kaufe ich auch mal japanisches Wagyu sein. Miyazaki-Wagyu. Erste Blutlinie. Am liebsten Rib-Eye der Klasse A9.»

 

Fotos: Lucian Hunziker, Stefan Matzke, Claudia Link, Valeriano Di Domenico