Text: Urs Heller Fotos: Thomas Buchwalder, Leonardo Mariani
Mehr Rampenlicht für die «schwarze Brigade»! Der GaultMillau zeichnet jedes Jahr Köche aus. Arrivierte Stars genauso wie Talente von morgen. Aber da gibt es noch andere, die viel zum perfekten Restaurantbesucher beitragen. Die Restaurantleiter, Maîtres, «Directeurs de salle». Dass wir die «schwarze Brigade» vermehrt ins Rampenlicht rücken (und sie auch in unseren Testberichten öfter erwähnen), ist auch ein Anliegen der Köche: «Macht mehr für den Service», sagt uns beispielsweise Kultchef Andreas Caminada, «diese Mitarbeiter sind so wichtig für uns und auch für den Gast.» Der Wunsch ist uns Befehl, das Anliegen berechtigt. Also fahndeten wir erstmals nach dem «Gastgeber des Jahres»; Nespresso ist bei dieser Wahl unser Partner.
Sergio Bassis geheime Kartei. Ortstermin im grandiosen Swiss Deluxe Hotel «Castello del Sole», Ascona. Im an jedem Abend ausverkauften 18-Punkte-Restaurant «Locanda Barbarossa» ist Sergio Bassi der Regisseur. Er leitet die schwarze Brigade, sorgt für überraschende Weinbegleitung («Kerner» aus dem eigenen Gutsbetrieb, «Castello di Cantone» zum Tessiner Limousin-Rind), löst akkurat eine «Sogliola Atlantica» (Seezunge) oder einen «Rombo» (Steinbutt) von der Gräte, richtet den Dessert-Klassiker an: «Soufflé Locanda Barbarossa». Signor Bassi führt dezent und leise, ist weder Gockel, noch Besserwisser, mag seine Mitarbeiter und seine Gäste. «Die sollte man vom zweiten Besuch weg schon beim Namen kennen», findet Bassi. Er verrät uns seine Tricks: «Die wichtigsten Gästeinformationen stehen im Computer. Aber zusätzlich führe ich noch eine kleine Kartei: Da stehen handgeschrieben die Vorlieben drin und auch allfällige Abneigungen.» Grosses Bild oben: Sergio Bassi und «Castello»-Küchenchef Mattias Roock (r.).
Maître? Sommelier? Sergio Bassi ist beides. Sind Sie eher Maître oder Sommelier, Signor Bassi? «Diese strikte Aufteilung ist «vecchia scuola»», sagt der stets klassisch in schwarz und mit Fliege gekleidete Gastgeber, «ein bravo Maître» ist auch ein «bravo Sommelier» und ein «bravissimo Commis»: Er muss sich in der Küche sehr gut auskennen, die Gerichte auf Wunsch genau erklären und selber zupacken können.» Bassi, der lange in Italien und in England («Savoy» London) gearbeitet hat, weiss faszinierende Geschichten zu erzählen: Was im Menü «Sapori del nostro orto» serviert wird, kommt wenn immer möglich aus dem eigenen Garten und aus dem hauseigenen Gutsbetrieb Terreni alla Maggia. Bassi erklärt kurz & knapp; Monologe, die den Gast ermüden, sind nicht sein Ding. Dafür Konzentration bis zur letzten Minute: «Wir wollen auch den Espresso perfekt servieren. Meine Ragazzi und ich haben uns ausbilden lassen, gemeinsam degustiert. Selbst bei der Wahl des richtigen Zuckers machen wir uns Gedanken.»
«Mein Aug’ und Ohr im Speisesaal». Küchenchef Mattias Roock, Nachfolger des legendären Ottmar Schlegels, hat sich im «Castello del Sole» schnell gut eingearbeitet und den 18. Punkt problemlos zurückerobert. Sergio Bassi hat ihm dabei sehr geholfen, die Stammgäste und ihre Vorlieben vorgestellt. Roock schätzt die enge Zusammenarbeit: «Signor Bassi ist eine Koryphäe, mein Aug’ und Ohr im Speisesaal. Seine Feedbacks nehme ich mir sehr zu Herzen.» Traditionsgemäss kracht’s häufig in Stresssituationen zwischen Küche und Service. Auch im «Castello»? «Natürlich», lacht Sergio Bassi, «aber Rumschreien geht nicht. Die seltenen Meinungsverschiedenheiten regeln wir immer nach dem Service. Bei einem Glas Wein.»