Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Full House im Kursaal in Bern. Grund für die Menschenansammlung ist das Finale des Kochwettbewerbs «Der Goldene Koch». Fünf Kandidaten kämpfen um das begehrte Goldmännchen: Robin Höfer (Atlantis Hotel, Dubai), Daniele Angelosanto (Restaurant de l’Hôtel de Ville, Crissier), Mario Garcia (Mario Garcia GmbH), Shaun Rollier (Restaurant Valrose, Rougemont) und Janic Mühlemann (Giardino, Bern). Die Spielregeln sind für alle gleich. Zunächst müssen alle eine Fischplatte abliefern, auf der die Komponenten Schweizer Fisch, Frischkäse und Haselnüsse vorhanden sein müssen. Bei der Fleischplatte geht es darum, aus einem Kalbsnierstück sowie der Zunge zusammen mit Rhabarber und rosa Pfeffer ein harmonisches Gericht zu gestalten.
Grosses Bild oben: Shaun Rollier (rechts) und sein Commis Gabriel Lopez.
Stress pur. Die Voraussetzungen für den von Kartoffel- und Tiefkühlexpertin Kadi AG durchgeführten Wettbewerb sind nicht bei allen gleich. Robin Höfer kommt direkt aus Dubai, wo er arbeitet. Janic Mühlemann hingegen kocht im Kursaal, er hat also klar Heimvorteil. Ausserdem musste Höfer kurzfristig seinen Commis auswechseln. Und am Montag, am Finaltag, läuft die Zeit für alle gleich schnell. Und zwar sehr schnell. Jeder Kandidat hat zwar seine eigene Küche, doch einige Küchengeräte befinden sich weiter weg. Und da gibts nur eins: «seckle»!
Ehrengast aus Frankreich. Doch dank höchster Konzentration mehren sich die einzelnen Komponenten für die Platten – genau so wie die Schweissperlen auf der Stirn. «Wenn man sieht, wie die am Rennen sind, dann hofft man auch auf das Beste», sagt Jury-Mitglied Rolf Fliegauf. Er ist einer von 16 Chefs der Degustationsjury. Präsident der Degustationsjury ist Franck Giovannini, 19-Punktechef im Restaurant Hôtel de Ville in Crissier. Er hat einen Ehrengast an seiner Seite: César Troisgros, 3-Sterne-Chef im «La Grande Maison Troisgros» in Frankreich. Vom Franzosen lernt man am Finaltag eins: Auch ein 3-Sterne-Chef leckt das Messer ab.
Stolze Väter. Zur Jury gehört auch Laurent Eperon. Der Waadtländer hat Zeit. Bis im November letzten Jahres kochte er noch im Baur au Lac (18 Punkte). Als nächstes steht ein Pop-up an (Marmite Chef’s Table) und danach widmet er sich seiner Karriere als Private Chef. «Ich will einfach nicht mehr alles auf eine Karte setzen», erzählt Eperon. Mehrere Standbeine hat auch Kollege Tobias Funke. Seit diesem Jahr verkauft er frische Pasta im Freiraum in Zug und im Herbst bespielt er das Restaurant im Globus in St. Gallen. Wegen des Finals von «Der Goldene Koch» verpasst er allerdings den ersten Geburtstag seiner Tochter. «Zum Glück realisiert sie das noch nicht», sagt er mit leicht schlechtem Gewissen. Beim Wort Tochter zückt Marco Campanella sofort sein Handy und zeigt Bilder seiner Enola. Die stolzen Väter sind fast so süss wie ihre Mädchen.
Hohes Niveau. Doch zurück zu den Kandidaten. Die Uhr tickt. Und für Robin Höfer tickt sie etwas zu lang. Die anderen sind alle «on time». Doch am Ende geht es auch um Geschmack, die richtigen Temperaturen und es muss gut aussehen. «Das Niveau war sehr hoch», sagt Jury-Präsident Franck Giovannini. Es ist bereits die 20. Ausgabe des Kochwettbewerbs und Giovannini selbst konnte den Titel schon zweimal einheimsen. «Über die Jahre hat sich natürlich viel verändert. Die Gerichte werden immer präziser und detaillierter.»
Expertise und Unterhaltung. Doch mit mehr Details kann man sich auch verzetteln. Sven Epiney, der durch die Veranstaltung führt, darf zusammen mit Ivo Adam sämtliche Gerichte probieren. Ivo Adam gibt für das Publikum vor Ort eine erste Einschätzung. «Salz ist immer eine Gratwanderung. Dieser Fisch hier befindet sich haarscharf an der Grenze.» Oder: «Die Garstufe ist mir hier ein bisschen zu durch.»
Koch des Jahres & Goldener Koch. Doch am Ende entscheidet die Degustations-Jury, wer die besten Platten geliefert hat. Die Küchenjury bewertet Aspekte wie Sauberkeit am Arbeitsplatz. Die zusammengerechneten Punkte ergeben einen klaren Sieger: Shaun Rollier! Der Schweizer fällt seinem Commis, Gabriel Lopez, um den Hals. Dann gibt es kein Halten mehr: Shaun stürmt von der Bühne zu seinen Fans. Die stemmen ihn hoch, tragen ihn durch die Menge. Auch Benoît Carcenat, sein Chef, gehört zu den ersten Gratulanten. «Das ist ein gutes Jahr für das Restaurant Valrose», sagt er und lacht. Im letzten November wurde er mit dem Titel «Koch des Jahres 2023» ausgezeichnet, jetzt ist sein Schützling der «Goldene Koch».