Text: Kathia Baltisberger | Fotos: Olivia Pulver
Stresslevel. Die Ausgangssituation ist für alle gleich: Vier junge Köchinnen und Köche treten am Montag beim Kochwettbewerb «La Cuisine des Jeunes», organisiert von «Schweizer Fleisch», gegeneinander an. Sie alle müssen ein Gericht aus Schweizer Kalb zubereiten und das innerhalb von 2,5 Stunden. Der Stresslevel ist aber längst nicht bei allen gleich hoch. Anastasia Mischukova (Victoria-Jungfrau Grand Hotel & SPA, Interlaken) ist die erste, die ins Rennen startet. Und sie ist durchs Band die Ruhe selbst. Auf der anderen Seite der Wettbewerbsküche in der Welle 7 in Bern sieht die Lage etwas anders aus. Matthieu Maeder (Restaurant des Trois Tours, Bourguillon) wirbelt hin und her, arbeitet unglaublich schnell.
Grosses Bild oben: Björn Inniger, Gaston Zeiter, Anastasia Mischukova, Dominic Bürli und Reto Gadola (v.l.).
Jury mit Argusaugen. Christopher Reupsch kocht für gewöhnlich im Lux Restaurant & Bar im Kongresshaus in Zürich. Die letzte und jüngste im Bunde ist Nicole Schuler. Sie ist Diätköchin in der Clienia Schlössli AG in Oetwil am See. Auch ihr Puls schnellte gleich zu Beginn in die Höhe, als ihr das Gemüse für die Sauce auf den Boden fiel. Das mag zwar einen Abzug geben, verloren ist aber noch nichts. Die hochkarätige Jury sieht aber alles. Die besteht 2022 aus den Jeunes Restaurateurs Björn Inniger (Alpenblick, Adelboden), Dominic Bürli (Gasthaus Wildenmann, Buonas), Reto Gadola (Casa Alva, Trin) und Gaston Zeiter (Zum Zähringer, Bern).
Eine Frage der Organisation. Die Jury soll am Ende nicht nur den Geschmack bewerten. «Ich schaue auch, wie sauber die Kandidaten und Kandidatinnen arbeiten. Und ob sie sich an das halten, was sie sich vorgenommen haben», sagt Dominic Bürli, der selbst nie die Zeit für Wettbewerbe gefunden hat. Kandidat Christopher hat sich einen minutiösen Plan zurecht gelegt, der auf die Minute genau durchgetaktet ist. Matthieu Maeder hingegen arbeitet nach dem Konzept «Free Flow». Er hat sich den Timer auf 2,5 Stunden gestellt, mehr zeitliche Struktur hat er nicht. «Ich schaue nicht gross auf die Zeit. Ich gebe einfach Vollgas», sagt er zwischendurch.
Das Motto des Wettbewerbs: «The Art of Veal». Die Teilnehmenden müssen ein Kalb verarbeiten, das von einem Betrieb kommt, der nicht weiter als 50 Kilometer vom Restaurant, in dem sie kochen, entfernt ist. Interessant ist: Die jungen Chefs stürzen sich nicht nur aufs Filet, sondern es werden auch andere Stücke und sogar Innereien verarbeitet. Anastasia Mischukova verarbeitet die Huft und die Schulter. Die Schulter landet in einem sogenannten Wareniki, einer ukrainischen Teigtasche. Gaston Zeiter, der selber selbst eine Faszination für Ravioli hat, ist begeistert. «Das war wirklich sehr gut. Anders als ein klassisches Ravioli, aber wirklich gut.»
18 Komponenten. Christopher Reupsch zaubert die volle Ladung Frühling auf den Teller. Das Schweizer Kalbsbries packt er in eine Roulade, dazu serviert er Rhabarber und grünen und weissen Spargel. Matthieu Maeder hat vermutlich das ambitionierteste Gericht: Ganze 18 Komponenten will er auf den Teller bringen. Kein Wunder legt er ein solches Tempo an den Tag. Bei ihm spielt das Filet die Hauptrolle. Drumherum drapiert er ein hübsches Tartelette mit Morchelpaste. Und Nicole Schuler will die Jury mit einem Gericht überzeugen, das schon ihre Grossmutter gekocht hat: Kalbsbäggli mit Kartoffelstock.
And the winner is... Doch am Ende kann nur jemand den Wettbewerb «La Cuisine des Jeunes» gewinnen. Jury Präsident Björn Inniger verkündet: «Die Siegerin heisst Anastasia Mischukova!» Die Freude ist immens. «Ich habe viel dafür gemacht und jetzt bin ich dankbar, dass ich gewonnen habe», sagt Anastasia – den Tränen nahe. «Das Gericht war sehr harmonisch, so richtiger Comfort Food. Ich hätte gerne noch einen zweiten Teller gegessen», sagt Björn Inniger zum Siegergericht.