Text: Claudia Salzmann Fotos: Nik Hunger

Neue Zimmer, neue Eventreihe. Angeregt, um nicht zu sagen aufgeregt ist die Stimmung im «Giardino». Jeder Tisch ist besetzt, ältere und jüngere Paare sowie Familien sitzen im Restaurant des Swissôtel Kursaal Bern und erwarten freudig das Essen. Für die meisten ist es das erste Auswärtsessen seit Monaten. Das Restaurant im Erdgeschoss - mit Blick auf den mutmasslich romantischsten Garten von Bern - hat wieder offen, aber nur für Hotelgäste. Mit der Eventreihe «Chefs @ Kursaal» lockt das Viersterne-Hotel an den Wochenenden Gäste an: Mit einer Übernachtung in einem der nigelnagelneuen Zimmer. Hungrig bleibt auch niemand: Das Frühstücksbuffet ist inkludiert und am Vorabend wird ein Mehrgangmenü von einem der besten Chefs der Bundesstadt geboten.

Grosses Bild oben: Simon Apothéloz, Kevin Kunz und Luis Feitknecht.

Von der Rigi inspiriert. Die Gäste lassen sich nicht bitten, praktisch alle Abende bis Ende März sind ausgebucht. «Es ist eine Solidaritätsaktion für unsere Kollegen, die ihre Passion nicht ausleben können», sagt Kevin Kunz, der das Swissôtel Kursaal Bern mit seiner Frau Karin führt. Die Idee stammt von seinem Küchenchef Fabian Raffeiner. Der Punktekoch liess sich im Kräuterhotel auf der Rigi von einem ähnlichen Event inspirieren: Chefs, deren Lokal wegen der bundesrätlichen Verordnung geschlossen ist, bespielten dort als Gastkoch das Hotelrestaurant. Alles ganz legal, mit nötigem Abstand und Masken. Innert zwei Wochen haben Kevin Kunz und Fabian Raffeiner den Event «eingebernert» und die besten Chefs der Stadt in den Kursaal gebeten. 

Berner Chefs im Kursaal, Simon Apotheloz und Luis Feitknecht, Sauerteig Reisbrot, Kresse, Champignon

Mutig: Apothéloz und Feitknecht servieren ein Pilz-Sandwich im Znüni-Säckli. 

Apothéloz ist wieder da! Mit dem zweiten Abend der Eventreihe sind Simon Apothéloz und Luis Feitknecht von der geschlossenen «Eisblume» (ehemals 17 Punkte) in Worb betraut. Am Herd verstehen sie sich noch immer blind. «Alle Gerichte sind Ideen, die wir hier zum ersten Mal umgesetzt haben», sagt Luis Feitknecht. «Wir haben ein Jahr nicht mehr zusammen gekocht. Und dann aus dem Stand für 70 Gäste ist ein steiler Einstieg», ergänzt Simon Apothéloz. Feitknecht und Apothéloz stellen ihre Freundschaft bereits beim ersten Gang unter Beweis: Chicorée mit Hühnerleber. Die leichten Bitternoten des Salats, die cremige Leber und das Süsse der Quitte vereint in einem Biss sorgt für einen fulminanten Start in den Abend. 

Berner Chefs im Kursaal, Simon Apotheloz und Luis Feitknecht spritzt Creme fraiche

Luis Feitknecht arbeitete unter Simon Apothéloz in der «Eisblume» in Worb. 

Berner Chefs im Kursaal, Simon Apotheloz und Luis Feitknecht, Anrichten des Softice mit Aceto bianco und pochierter Birne mit Meringue

Am Ende hiess es: Rassig anrichten, bevor das Softice schmilzt.

«Endlich wieder arbeiten» Das Swissôtel Kursaal Bern, das letzte Woche unter neuem Namen und mit neuen Zimmern aufgemacht hat, hat mit dieser Eventreihe den Nerv der Berner Foodies getroffen. Nicht nur 70 Gäste des Kulinarikevents schlafen hier, sondern auch weitere Gäste, sie speisen im asiatischen Restaurant Yù. Seit November war das Hotel geschlossen und jetzt fängt es wieder an zu pulsieren. Sehr zur Freude von Gastgeber Kevin Kunz, der am besagten Abend einen zufriedenen Eindruck macht. Sein Küchenchef Fabian Raffeiner sagt: «Endlich dürfen wir wieder arbeiten.» An Arbeit mangelt es wirklich nicht: Im Akkord wird im Hinterzimmer angerichtet. Mit dabei sind auch zwei Lernende, die sich freiwillig zum Anricht-Dienst gemeldet haben. Im zweiten Gang gibt es eine tadellose gebeizte Forelle aus Rubigen, dazu Crème fraîche mit Senfkörnern und Schnittlauchöl. 

Ein Sandwich als Zwischengang. Der Gang drei sorgt für begeisterte Ausrufe: Eine Papiertüte mit einem halben Sandwich aus Sauerteig-Reisbrot mit Champignons und Kresse. Einige behelfen sich mit Besteck, andere verspeisen das Sandwich mit blossen Händen. «Jeder kann essen, wie es ihm gefällt», sagt Simon Apothéloz. Er selber mag Fingerfood. Im nächsten Gang gibt einen Cannellini-Edamame-Eintopf mit Miso-Nage. Der Kursaal-Küchenchef Fabian Raffeiner macht gleich selbst die Runde, um den Gästen Belper Knolle auf den Eintopf zu raffeln. Diese Knolle kommt vom Käseaffineur Jumi in Boll, wo Simon Apothéloz seit der Schliessung der Eisblume arbeitet. Seine Zeit als «Zauberlehrling», wie intern die Jobs bei Jumi genannt weren, ist abgelaufen. Er arbeitet ab nächsten Montag für die experimentierfreudige Gelateria di Berna. 

Berner Chefs im Kursaal, Luis Feitknecht (l), Simon Apotheloz und Kursaal Chefkoch Fabian Raffeiner am Besprechen, wie angerichtet wird

Auch Kursaal-Küchencher Fabian Raffeiner (hinten rechts) hilft beim Event mit.

Softeis zum Schluss. Für den Hauptgang hat das Küchen-Duo eine Piemonteser Rinderbrust geschmort. Dazu gibts Gourmet-Gremolata. Dafür hat Luis Feitknecht schon Tage vorher die heimische Küche besetzt: Die kandierten Orangenzesten und der gepoppte Buchweizen zwischen dem Fleisch und der dünn aufgeschnittenen Rande sorgen dafür, dass dieser Fleischgang den Gästen lange in Erinnerung bleiben wird. Den Abschluss des Abends macht ein fantasievoll angerichtetes Soft Ice mit Aceto Bianco, pochierter Birne, Estragon und Meringue. Simon Apothéloz schwärmt: «Dieser Event zeigt uns, Kochen ist unser Ding. Den Groove der Gastronomie lieben wir einfach», sagt der Punktekoch. Diesen Groove spüren auch die Gäste. Das Glück ist den Gesichtern anzusehen, endlich wieder in einem Restaurant zu sein. Die Musik wird vom angeregten und weinseligen Stimmengewirr übertönt. Im Halbstundentakt trägt das maskierte Personal die Gänge auf, nur dann wird es ein wenig leiser. Das Klappern des Geschirrs in der kleinen Küche, das Klirren der Gläser hinter der Bar, das Klingeln der Kasse und das Stimmengewirr macht einen ganz benommen. Das ist nicht schlimm, denn der Heimweg war noch nie kürzer. 

 

>> Der Event findet an verschiedenen Daten im März statt. Wenige Tickets sind noch hier erhältlich: www.kursaal-hotel.ch