Eine halbe Tonne Skrei. Bloss drei Monate, von Anfang Januar bis Ostern dauert die Saison für den Skrei. Nur während dieser Zeit und nur in einem eingegrenzten Fanggebiet vor den Lofoten in Norwegen dürfen die Fische auf ihrer Wanderschaft geangelt werden, um das Skrei-Label zu bekommen. «Ausserhalb des Gebietes ist es dann ein ganz normaler Barsch oder Winterkabeljau», sagt Luca Bianchi. Beim traditionsreichen Delikatessen-Händler bestellen Starchefs wie Patrick Mahler den besonderen Fisch während der kurzen Saison. «Winterkabeljau darf nur dann als Skrei bezeichnet werden, wenn er aus Norwegen kommt und dort, mit der Langleine oder Handangel gefangen, direkt an Bord ausgeblutet und mit Meerwasser gereinigt wurde. Die Fische müssen innerhalb von vier Stunden das Land erreichen, ohne dass die Kühlkette unterbrochen wird», sagt Bianchi. Nur die besten Exemplare erhalten schliesslich in zertifizierten Betrieben das Label «Skrei» an der Flosse. Bianchi hat schon mal eine halbe Tonne bestellt. 

Frisch Skrei

Delikatesse aus Norwegen: frisch geangelter Skrei von den Lofoten.

Patrick Mahler, jetzt beginnt die bloss drei Monate dauernde Saison für den Skrei. Was zeichnet den norwegischen Winterkabeljau aus ihrer Sicht aus?
Die Art des Fleisches und das Aroma dieses Fisches sind sehr zugänglich und angenehm zu essen, weil er eine schöne Struktur hat, und mit der richtigen Garmethode beinahe in einzelne Lamellen zerfällt. Das unterscheidet ihn von allen anderen Fischen.


Woran merkt man den Unterschied zwischen Skrei und Kabeljau?
Der Skrei ist kleiner und feiner und mir scheint, das Fleisch ist etwas weisser. Aber geschmacklich ist der Unterschied klein. Beide Fischen habe eine gewisse Süsse, die fast an Jakobsmuscheln erinnert. Der Skrei aber ist mein persönlicher Favorit. Seit ich vor rund zehn Jahren im Park Hotel Vitznau die erste Küchenchef-Stelle angetreten habe, ist der Fisch bei mir im Menü, und wir servieren ihn immer, wenn Skrei-Saison ist.


Skrei ist auch ein streng geprüftes Qualitätssiegel, achten Sie auf solche Zertifizierungen?
Natürlich schauen wir auf solche Kriterien, dies wird auch immer wichtiger. Wir tauschen uns regelmässig mit Lieferanten wie Bianchi darüber aus. Der Skrei zum Beispiel ist schwer zu fangen, weil die Boote weit hinaus aufs Meer fahren müssen. Nur vor den Lofoten geangelte Fische bekommen das Skrei-Label. Das ist schon etwas Besonderes.

Skrei Boot Lofoten

Um Skrei zu fangen, müssen die Boote auf den Lofoten weit hinaus aufs Meer fahren.

Sie haben auf die aussergewöhnliche Textur des Fisches hingewiesen. Welche Garmethode ziehen Sie vor, um das hervorzuheben?
Wir beizen den Fisch erst trocken mit Salz und Zucker, dann rollen wir ihn straff in Frischhaltefolie ein, damit er eine schöne Form bekommt. Vor dem Anrichten wird diese «Fischrolle» in Portionen geschnitten und sanft im Fett konfiert. Ich verwende dafür Nussbutter, neutrales Traubenkern- oder Rapsöl. Wichtig ist, dass das Öl kein zu starkes Eigenaroma und keine zu intensive Farbe hat, sonst überträgt sich beides auf den Fisch. Als ideale Garmethode hat sich das Dämpfen im Steamer bei 62 Grad erwiesen. Nach 8 bis 12 Minuten – je nach Grösse der Stücke – ist der Skrei perfekt glasig gegart.


Welchen Fehler bei der Zubereitung sollte man nicht machen?
Kabeljau-Fische sind grundsätzlich nicht so empfindlich, in nordischen Ländern werden sie oft auch stark geröstet serviert und schmecken dabei immer noch. Mir behagen sanfte Garmethoden wie Pochieren oder Dämpfen aber mehr, das bringt die geschmacklichen Feinheiten besser zum Ausdruck.

Skrei, Muschel, Morchel, Kräuter-Vin-Jaune - Focus Caviar Lunch mit Patrick Mahler und Jürg Kappeler von Sense fof Delight, Importeur von Kaviari Paris - Restaurant Focus, Parkhotel Vitznau - Montag, 22.4.2019 - Copyright Olivia Pulver

«Geschmackliche Feinheiten»: Skrei mit Muscheln, Morcheln, Kaviari-Kaviar und Kräuter-Vin-Jaune von Patrick Mahler.

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«Skrei ist seit zehn Jahren immer im Menü»: «Focus»-Küchenchef Patrick Mahler


Verwenden Sie ganze Fische oder Filets?
Das kommt darauf an, wieviel wir gerade zu tun haben, meistens kaufe ich aber Filets ein. Der Kabeljau ist nicht so einfach zu zerlegen. Und bei Bianchi arbeiten absolute Spezialisten in diesem Bereich, die das viel besser und schneller können als ich. Die Fische werden morgens filetiert und sind vier Stunden später bei uns im Kühlhaus.

Was passt geschmacklich zum Skrei, was geht gar nicht?
Jetzt kommen wir zum vielleicht grösste Vorteil dieses Fisches – dazu passt sehr viel: Wir haben Skrei schon mit einem Röstzwiebelfond, weissem und schwarzem Trüffel oder einem Salzzitronen-Chimichurri kombiniert. Sogar erdige Töne von Morcheln oder auch Krustentierelemente wie eine Bisque mit Vadouvan oder Muscheln passen dazu. Manche Fische brauchen eine fettige Sauce oder eine Vinaigrette, zum Skrei passt auch bloss ein klarer, leichter Sud – etwa eine Fisch-Dashi.

Skrei - Schwertmuscheln - Perlzwiebel- Mandel - Dashi Beurre Blanc -Zwiebelcréme

«Grosse Bandbreite»: Skrei by Patrick Mahler an Dashi-Beurre-Blanc mit Schwertmuscheln, Zwiebelcrème, Mandeln und Perlzwiebeln.

Kräuter, Gemüse, Kapern oder Oliven – was lässt sich noch dazu kombinieren?
Auch hier ist die Bandbreite gross. Ich mag etwas Kaviar dazu oder kleine Muscheln, vor allem wenn die Sauce eine gewisse Säure hat. Gemüse kombiniere ich eher in unterstützender Form zu Fisch und nicht als optisch wahrnehmbares Element. Zu Skrei passt das Aroma von Sellerie oder Spinat, wir haben aber auch schon eine Broccoli-Emulsion verwendet. 

>> Patrick Mahler (42) ist seit 2018 Küchenchef im Restaurant Focus Atelier im Park Hotel Vitznau, wo er seit 2013 tätig ist. Er ist Mitglied von Les Grandes Tables de Suisse, seine Arbeit wird mit 18 GaultMillau-Punkten und zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Das «Focus»-Team geht demnächst auf Tour: mit Auftritten im Palais Coburg in Wien vom 24.1. bis 2.2.2025 und im Suvretta House St. Moritz vom 26.2. bis 2.3.2025.

Fotos: Tina Sturzenegger, Olivia Pulver, HO