Text: David Schnapp | Fotos: Kurt Reichenbach
Der Silber-Sommelier. Es ist seine erste Saison im glamourösen Gstaad Palace, aber der neue Head Sommelier Davide Campaniello kann auf viel Erfahrung in der Gastronomie bauen: «Ich arbeite seit 25 Jahren im Restaurantbusiness», sagt der 53-Jährige. Um den Hals hat er die typische silberne «Kelle» italienischer Sommeliers, die von einem Kranz kleiner Vertiefungen umgeben ist. Darin lässt sich die Farbe eines Weins bestimmen, um Rückschlüsse auf seinen Zustand zu machen. «Denn ein Wein ist wie ein Mensch: Erst wird er neugeboren, dann steht er mitten im Leben und am Ende stirbt er», sagt Campaniello mit trockenem Humor.
Champagner-Trend. Zu Saisonbeginn ist der Keller im Swiss Deluxe Hotel Gstaad Palace natürlich gut gefüllt, der grosse Trend zum Schaumwein zeichnet sich auch im weltberühmten Berner Oberländer Dorf ab: «Wir haben Gäste, die nur Champagner trinken», sagt Franz W. Faeh, der seit sieben Jahren für die Küche des Hauses zuständig ist. Sommelier Davide Campaniello fügt an, dass diese Entwicklung selbst in Italien zu beobachten ist: «In meiner Heimatstadt Neapel hat jemand kürzlich im Stadtzentrum eine Champagner-Bar eröffnet.»
Lieblingswein. Eben noch hat Executive Chef Faeh mit seinem Team einen Teil der rund 120 Gerichte zubereitet, die auf den Karten der fünf Restaurants im Haus stehen, damit jeder Mitarbeiter die Teller einmal gesehen hat und weiss, was zu tun ist. Der international erfahrene Koch ist stolz darauf, dass die Abteilung «Food & Beverage» im «Palace» schwarze Zahlen schreibt, was in der Luxushotellerie keine Selbstverständlichkeit sei. Als nächstes kommt aus seiner Küche ein Gericht, das sich perfekt eignet, um dazu ein Glas hochwertigen französischen Schaumwein zu trinken: Carpaccio vom Wolfsbarsch mit Oscietra-Kaviar aus Paris, bloss mariniert mit etwas Salz, Pfeffer und Olivenöl. Davide Campaniello hat eine Flasche Grand Siècle No 25 von Laurent-Perrier geöffnet, der Lieblingschampagner von «Palace»-Besitzer und -Geschäftsführer Andrea Scherz. Auch in den Augen des Sommeliers ist das für fast jede Gelegenheit eine gute Wahl: «Das ist eine fantastische Cuvée aus 60 Prozent Chardonnay und 40 Prozent Pinot Noir.»
Langer Abgang. Grand Siècle lasse sich sehr gut als Aperitiv trinken, aber gerade zu Fisch passe er hervorragend. «Dieser Wein hat einen sehr langen Abgang, das sollte auch das Essen haben, das man dazu geniesst», rät Sommelier Campaniello. Für Küchenchef Faeh ist die Frage, was man zu Champagner bestellt, leicht zu beantworten: «Zu Champagner passt Fisch am besten, Kaviar oder Schokolade geht auch.» Diesem Prinzip bleibt er beim zweiten Teller treu, auch wenn der Hauptgang mit mehr Gewürzen zubereitet wird: Der in Wasser und Sesamöl pochierte Wolfsbarsch «Hongkong Style» mit Pak Choi, Broccoli, Erbsen, Chili, Koriander und Soja-Mirin ist ein angenehm leichtes, aber dennoch aromatisches Gericht. «Das Sesamöl bricht die Salzspitzen und passt sensationell zu diesem Champagner», sagt der Koch.
Raum für das Aroma. Den Grand Siècle Itération 25, der aus Grand-Cru-Weinen der Jahrgänge 2006, 2007 und 2008 hergestellt wird, müsse bei einer etwas tieferen Temperatur serviert werden als andere Champagner, rät Sommelier Davide Campaniello: «Ich schenke ihn bei 8 bis 10 Grad ein, denn durch die lange Reifezeit hat der Wein ein feines, aber intensives Hefe-Aroma – Vergleichbar mit einer Brotkurste –, deshalb sollte er etwas kälter getrunken werden.» Damit das Aroma der Prestige-Cuvée zur Geltung kommen könne, schenke er sie ausserdem in einem Universal-Weinglas aus: «Der intensive Geschmack braucht Raum, um sich zu entfalten», sagt der Wein-Experte.