Text: David Schnapp Fotos: Thomas Buchwalder
Essen und Fahren. Das Design eines luxuriösen Automobils und die Gestaltung eines Gerichts oder eines ganzen Menüs haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Falsch, sagt 19-Punkte-Chef Heiko Nieder. Der bekennende Motorrad- und Auto-Fan sprach an einem speziellen Lunch im Swiss-Deluxe-Hotel «The Dolder Grand» kürzlich über Design in der Spitzengastronomie und zog Parallelen zwischen Spass am Essen und Freude am Fahren. Eingeladen hatte Paul de Courtois, CEO und Präsident von BMW Schweiz AG.
Alle Sinne. So wie bei einem Auto das Spiel mit Licht und Schatten oder die Art der Linienführung einen bestimmten Charakter hervorrufe, ginge es beim Design eines Menüs darum, gewisse Effekte zu erzielen. «Unser Apero beispielsweise soll alle Sinne ansprechen», sagt Heiko Nieder. Dafür wurde eigens aus Silber und Holz ein spezielles Set designt, um die vegetarischen Kleinigkeiten optimal zu präsentieren, die es zum Start ins Menü im «The Restaurant» gibt (grosses Bild). Die Inspirationen kommen dabei aus überraschenden Ecken: «Das Nachotütchen, ein Filoteig-Cornet mit einer Käsefüllung, ist beispielsweise eine Idee aus dem Kino. Ich wollte diesen typischen Film-Snack aus Nachos und Käsesauce neu interpretieren», erklärt Nieder.
Inspirationen aus überraschenden Ecken: Heiko Nieder spricht über Design in der Spitzengastronomie.
«Knack macht glücklich!» Der Koch des Jahres 2019 achtet beim Start in sein Menü unter anderem darauf, verschiedene Varianten von Knusprigkeit zu servieren. «Knack macht glücklich!», sagt er. Wenn es im Mund knuspere, löse das beim Menschen positive Gefühle aus – «deshalb ist es auch so schwer mit dem Chipsessen aufzuhören». Das Ansprechen verschiedener Sinnesreize sieht Heiko Nieder als Parallele zwischen Küchenkunst und Automobilbau: «Man sieht etwas, riecht es anschliessend und dann kommt hoffentlich der Spass dabei: beim Fahren ebenso wie beim Essen.»
Auftakt zu einem speziellen Lunch: Hummer mit Zitrus, Ingwer, Vanille und Ampfer von Heiko Nieder.
Der Instagram-Effekt. Der Wandel in den Sehgewohnheiten, aber auch technische Möglichkeiten verändern das Autodesign, aber auch das Kochen. «Instagram ist nach der molekularen Küche der nächste grosse Bruch in unserem Beruf», ist Heiko Nieder überzeugt. Noch vor zehn Jahren wurden die technischen Möglichkeiten ausgelotet, Lebensmittel wurden als Summe ihrer Moleküle wahrgenommen, die man auseinandernehmen und neu zusammensetzen kann. Nun sorgt das soziale Bildernetzwerk Instagram dafür, dass Gerichte und Ideen in Sekunden um die Welt gehen, aufgenommen, weitergedacht oder bloss kopiert werden. «Heute ist Instagram einer der wichtigsten Treiber in der Spitzenküche. Das schönste Kompliment ist deshalb für mich, wenn jemand sagt, so wie bei uns habe er noch nirgends gegessen», so Nieder.
Viele Gemeinsamkeiten: Starchef Heiko Nieder und BMW-Schweiz-Chef Paul de Courtois.
Die Essenz ist der Geschmack. Für BMW-CEO Paul de Courtois liegen die Gemeinsamkeiten von Spitzengastronomie und Premium-Fahrzeugen auf der Hand: «Es geht um beste Produkte, Handwerkskunst und einmalige Erlebnisse», sagt der Auto-Manager. Und während ein Fahrzeug durch sein Design im besten Fall eine unvergängliche Ikone werden kann, besteht das Wesen der Haute Cuisine aus viel Vorbereitung für einen kurzen, vergänglichen Moment des Genusses, wovon höchstens eine schöne Erinnerung bleibt. Er sehe dennoch eine verbindete Essenz der beiden Disziplinen, sagt Heiko Nieder: «Es geht immer um den guten Geschmack.»
