Text: Urs Heller

Die grandiose Gartenterrasse. «Ich kriege jeden Tag Hühnerhaut, wenn ich runterkomme ins Restaurant und in den Garten», sagt Tanja Grandits. Wir auch: Hans Stucki hat vor Jahrzehnten dieses Haus auf dem Bruderholz mit seiner Klasse und seinem burschikosen Charme zu einer der ersten Adressen Europas gemacht. Tanja brachte dem «Stucki» diese Aura zurück. Ein aussergewöhnliches Restaurant. Geführt von einer aussergewöhnlichen Frau. Geschaffen für einen aussergewöhnlichen Abend. Vorzugsweise unter eleganten Sonnensegeln auf der grandiosen Gartenterrasse.

Tanja Grandits Stucki Basel Gartenterrasse Juni 2021

Romantisch und ruhig: Die «Stucki»-Traumterrasse.

Image Tanja Grandits Stucki Basel Küchenchef Marco Böhler 2021

5,2 Kilo: Spencer Gulf Kingfish präsentiert von Marco Böhler.

«Kleine Dose, grosse Körner.» Der Start in den Abend? Gewaltig! Zum Stil des Hauses gehört es, dass Tanja Grandits den ersten Teller selbst an den Tisch balanciert; der «Gruss aus der Küche» wird so zu einem persönlichen Gruss der Chefin. Natürlich lässt sich Tanja für den ersten Auftritt auf der Stucki-Bühne immer etwas ganz Besonderes einfallen, und diesmal war’s besonders gut: Eine Orgie in der Hausfarbe Grün, eine Variation von Spargel und Pistazie. Unsere beiden Lieblingskomponenten: Das Spargel-Tartelette, mit frischer Limette. Und die Panna Cotta. Küchenchef Marco Böhler pimpte das Schälchen auf: «Royal Belgian Kaviar», Beluga. «Kleine Dose, grosse Körner», kommentierte Chef Marco ganz cool.

Spencer Gulf Hiramasa. Darf man das? Böhler hatte gleich einen weiteren, starken Auftritt: Goldbrasse! Goldbrasse? Der «Spencer Gulf Hiramasa Kingfish» schwamm im eiskalten Wasser Australiens, bevor er in die Schweiz geflogen wurde. 5,2 Kilo schwer und von beeindruckender Eleganz war die Gelbschwanzmakrele, die gegen den Strom ankämpft und wenig Fett ansetzt. Passt ein Fisch vom anderen Ende der Welt in Tanjas Öko-Bilanz? «Einmal im Menü darf man sich so etwas erlauben», sagt die Chefin gelassen und serviert den sanft gebeizt «Spencer» mit Avocados, Kohlrabi und Matcha-Öl. Fisch grossartig (Sashimi-Qualität), Zubereitung grossartig.

Das Wagyu mit dem perfekten «Bodymass-Index». Marco Böhler, zuständig für alles «Fleischliche» im Haus, hat in Japan eine neue Wagyu-Rasse entdeckt: Miyazaki! «Technische» Daten: A5, «Bodymass-Index» von 12. Besser geht nicht! Wir kriegen das Wagyu angenehm früh im Menü, in der richtigen Dosierung (zu viel ist bei diesem hohen Fettanteil wirklich zu viel) und mit Tomaten aller Art: Ochsenherz, Strauchtomaten, Johannisbeeren-Tomaten, alle drei Sorten von unglaublicher, sommerlicher Intensität. Dem Miyazaki kann auch die Chefin nicht widerstehen: «Ich gönne mir jeden Tag einen kleinen Abschnitt davon.» Pro memoria: Eigentlich ernährt sich Tanja vegetarisch.

Mini-Eierschwämmli aus dem Elsass. Wir erholen uns bei einer Dashi. Bei einer Sommer-Dashi: Fenchel und Zitrone (Lemonquats!) halten sich in einer spannenden Balance, fein geschnittene Calamaretti aus Sizilien kommen dazu. Über einer mit Bergkäse von Floh Bienerth (Andeer) gebunden Gerste liegen jede Menge geschmacksintensiver Wildkräuter und vor allem die kleinsten Eierschwämmli, die wir je gesehen haben. Elsässer Sammler sind in den Wäldern unterwegs und wissen, wo diese rare Ausbeute hinmuss: Ins «Stucki». Im Gegensatz zum «Spencer Gulf» kommt der nächste Fisch ganz aus der Nähe: Brüggli-Saibling, vom Sattel SZ. Umsetzung: Safran, Joghurt, Rüebli, gedörrte Aprikosen.

Ein Vegi-Gang in jedem Menü. Die Chefin baut dezent immer mal wieder einen Vegi-Gang ins «normale» Menü ein und setzte diesmal auf den rauchigen Geschmack der Spitzpaprika, direkt vom Grill, serviert mit einem eleganten Mandel-Ravioli und einer Harissa-Hollandaise. Marco Böhler kennt die Stammgäste, weiss, wer von ihnen doch nicht so ganz 100 % vegi ist:  Für sie hält er noch ein wunderbar geschmortes «Lammhäxli» bereit.

Chef-Sommelier Grégory Rohmer, Stucki, Tanja Grandits, Delamotte Blanc de Blancs 1999,Foto: Digitale Massarbeit, Tanja und Simon Kurt,

Grégory Rohmer garantiert die kluge Weinbegleitung.

Chef-Sommelier Grégory Rohmer, Stucki, Tanja Grandits, Salon 2007,Foto: Digitale Massarbeit, Tanja und Simon Kurt,

Grandiose Champagner-Karte! Hier ein Salon 2007 von Laurent-Perrier.

Tanja Grandits Stucki Basel Julien Duvernay, Patissier des Jahres Juni 2021

Desserts der Extraklasse von Julien Duvernay.

Sommerbock, Kugel 43. Marco will immer sehr genau wissen, wo die Ware herkommt. Den Sommerbock beispielsweise kriegt er von den Jägern aus Hemmingen BL. Und die Zahl 43 neben dem Rücken? Kugel 43 hat den 17 Kilo schweren, stattlichen «Jährling» getroffen. Tanjas Beitrag bei diesem Hauptgericht: Sesam-Lack, Auberginen. The perfect match!

Julien Duvernay & Grégory Rohmer. Die 19-Punkteküche auf Bruderholz ist Teamwork. Eine junge, verschworene Truppe ist da am Werk. Mit zwei weiteren Solisten: Julien Duvernay arbeitet im tiefen Keller des herrschaftlichen Hauses an seinen ungewöhnlichen Desserts. Gepröbelt und entwickelt wird auch mal nachts und an Ruhetagen. «Julien macht es sich nicht leicht», weiss die Chefin. Leicht und verführerisch ist dafür das Ergebnis: Johannisbeere, Roibusch Krokant und ein unglaublich gutes Rosen-Sorbet (mit Rosenblättern!). Gastgeber Grégory Rohmer hat den Shutdown genutzt, um Produzenten und Weingüter zu besuchen, in der Champagne, in Schaffhausen, im Jura. Für die erste Karte hat er sich etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Weine aus dem Dreiländereck, alle höchstens 40 Kilometer von Basel entfernt, ausgeschenkt konsequent aus Grossformaten. Best of: Der Weissburgunder «Chätsch» (Weingut Brenneisen) zur Goldmakrele, der Cabernet Sauvignon «am Klotz» (Weingut Keller & Reinecker) zu Spitzpaprika und Lammhäxli.

 

>> Fotos: Digitale Massarbeit, Olivia Pulver, Lucia Hunziker, Patricia Heller, HO.

 

www.tanjagrandits.ch