Fotos: Olivia Pulver
Klein aber fein. Das Restaurant «S.Zimmer» ist klein, aber fein. Und wirklich nicht viel grösser als ein Esszimmer. Gerade mal 16 Plätze gibt es im Lokal an der Dorfstrasse in Adelboden. «Wir wollten es so», sagt Inhaber und Küchenchef Stefan Zimmermann. Er führt das «S.Zimmer» seit drei Jahren zusammen mit seiner Frau Tünde und steigert sich kontinuierlich. Erst im Herbst gab es vom GaultMillau den 14. Punkt. Beeindruckend, wenn man bedenkt, dass die beiden hier fast alles alleine machen. «In der Wintersaison haben wir noch einen zusätzlichen Koch angestellt», erzählt Zimmermann. Den braucht es, denn in der kalten Jahreszeit sind die wenigen Plätze immer ausgebucht.
Ungarisches Amuse-bouche. Auf dem Herd tummeln sich zahlreiche Pfännchen, alle gefüllt mit verschiedenen Saucen. Daneben macht Stefan gerade das Öl für die Spezialität des Hauses heiss. Làngos! «Das ist ungarischer Streetfood, den wir hier als Amuse-bouche servieren», sagt Zimmermann. «In Ungarn hat jede Familie ihr eigenes Rezept. Das hier ist mein Familienrezept», ergänzt Tünde, die in Ungarn aufgewachsen ist. Der Kartoffel-Hefeteig wird frittiert und mit Knoblauch-Sauerrahm getoppt. «Das gibt beim Essen immer ein bisschen eine Sauerei. Aber das macht gar nichts, dann fühlen sich unsere Gäste hier noch mehr wie zu Hause.»
Ein harziger Start. Stefan Zimmermanns Heimat ist das Berner Oberland. Der 32-Jährige kommt aus Thierachern bei Thun. Wenn er an seine Lehre zum Koch zurückdenkt, kommen bei ihm keine freudigen Gefühle hoch. Hunderte Überstunden und ein herrischer Chef machen die Ausbildung unerträglich. «Am Ende wechselte ich den Betrieb und beendete die Lehre im Spital», sagt Zimmermann. Doch im Lebenslauf kommt das bei potenziellen Arbeitgebern nicht gut an. «Niemand wollte mich einstellen.» Nach drei Monaten auf dem Bau nimmt Stefan Zimmermann einen letzten Anlauf und bewirbt sich bei Heinz Rufibach, der damals im «Alpenhof» in Zermatt kocht. «Wir hatten ein unglaublich langes Gespräch, haben uns sofort verstanden. Heinz war bereit, mir eine Chance zu geben.» Zimmermann nutzt diese und blüht regelrecht auf. «Ich habe das Kochen nochmals neu gelernt. Ich bin Heinz bis heute dankbar dafür. Er ist einfach so ein richtig gmögiger Typ und für mich immer noch eine Art Mentor.»
Mentor Heinz Rufibach. Zimmermann zieht es aber weiter. In den Kursaal nach Bern und ins Beau Rivage in Interlaken. Er lernt von Jürgen Willing im «Bellevue» in Adelboden und von Kurt Mösching in der «Sonne» in Scheunenberg. In Adelboden lernt er auch seine zukünftige Frau Tünde kennen. Zuletzt kochte er bei René Schudel in Unterseen, dann ergab sich die Möglichkeit, etwas Eigenes in Adelboden zu übernehmen. «Das Lokal war vorher eine Bar. Aber wir wollten ein Restaurant daraus machen», sagt Zimmermann. Und obwohl der Platz beschränkt ist, läuft das Restaurant. «Wir zählen vor allem Zweitwohnungsbesitzer zu unseren Stammgästen», sagt Tünde. Natürlich kommen auch Touristen und Einheimische gern zu den Zimmermanns.
Regionale Produkte, asiatische Komponenten. Im «S.Zimmer» (spricht man Ässzimmer aus) geniesst man ein Menü und wählt zwischen drei und sieben Gängen aus. Ganz neu auf der Karte ist die Appenzeller Ente. Stefan Zimmermann hat sie sousvide gegart. Anschliessend brät er sie kurz an. Dazu gibt es ein Dreierlei von der Rande. «Die Rande ist von meiner Grossmutter. Sie ist 88 Jahre alt und baut für mich auf 1200 Meter über Meer Gemüse an», schwärmt Zimmermann. Für seine Gerichte greift der Chef gerne auf regionale Produkte zurück. Die Ravioli füllt er mit einem Alpkäse aus Adelboden. «Ich will mich aber nicht einschränken und serviere auch mal einen Meeresfisch.» Der Fischgang kommt aktuell aber mit einem Schweizer Fisch aus. Zum konfierten Brüggli-Saibling gibt es Schwarzwurzeln und eine Zitronengras-Beurre-blanc.
Ungarische Weine. Gäste sollten im «S.Zimmer» auch unbedingt den einen oder anderen ungarischen Wein zum Essen ausprobieren. Das ist Tündes Metier. «Ich wollte neben Schweizer, italienischen und spanischen Weinen unbedingt auch Weine aus Ungarn ausschenken. Früher gab es in Ungarn eine grosse Weintradition und seit etwa 15 Jahren versucht man, an den alten Zeiten anzuknüpfen», erklärt die Sommelière. «Die Gäste lassen sich sehr gerne auf meine Empfehlungen ein.»