«Wir konnten den Gästen etwas Neues bieten»

Fabrizio Zanetti, wie kamen Sie ursprünglich auf die Idee, die Levante-Küche zum Thema des St. Moritz Gourmet Festivals zu machen?
Wir haben viele Gäste, die beispielsweise von tollen Erlebnissen in Israel erzählt haben. Ich selbst bin ein Fan der Bücher und Geschmackskombinationen von Yotam Ottolenghi, und die so genannte Middle-East-Küche ist einfach interessant. Es ging darum, dem Festival einen neuen Impuls zu geben. (Bild oben: Zanetti mit seinem Gastkoch Sami Tamimi.)

Und, hat es sich gelohnt?
Auf jeden Fall, die Resonanz von Sponsoren, meinen Kollegen in den verschiedenen Partnerhotels und den Gästen waren sehr gut.
 

Was hat den Leuten an diesem Thema gefallen?
Viele Gästen hier am Festival und in St. Moritz überhaupt sind auf der Suche nach etwas Neuen, und das konnten wir bieten. Sami Tamimi hat bei uns im Suvretta House Gerichte zum Teilen serviert. Das war vielleicht zunächst ungewöhnlich, kam aber gut an. 

Passt Sharing in den Speisesaal eines traditionsreichen Fünf-Sterne-Hauses?
Zunächst sollten wir als Gastgeber einfach die Philosophie eines Kochs respektieren. Und dann ist Sharing ja nichts Neues, das gibt’s seit jeher an jedem Familientisch. Es muss aber natürlich in der richtigen Atmosphäre stattfinden, und bei uns hat es gut funktioniert.

Gab es bei der Zusammenarbeit mit Sami Tamimi für Sie in der Küche einen Lerneffekt?
Er hat sehr viel mit frischen Kräutern und Gewürzen wie Zatar und Sumak gearbeitet. Nicht, dass ich diese Zutaten noch nie gesehen hätte, aber es zeigt, dass es nicht immer Luxusprodukte für ein gutes Gericht braucht. Seine Fischbällchen zum Beispiel hatten eine Frische und Schärfe, und dann wieder die Leichtigkeit von Joghurt. Das fand ich interessant zu sehen.

Was war Ihre Aufgabe in der Küche?
Ich habe mit meinen Leuten kiloweise Dill gezupft, Fleisch-Dumplings und Fisch-Koftas zubereitet. Im Gegensatz zu manchen Gastköchen, die viele Zutaten schon fertig mitbringen, wurde hier alles von Anfang an in unserer Küche produziert. Das war zu Beginn ziemlich aufwendig, aber natürlich lehrreich.

Zur Grundidee des Festivals gehört der Austausch in der Küche mit Leuten aus verschiedensten Ecken der Welt. Wie erleben Sie das?
Das Gourmet Festival ist für jeden Küchenchef eine Zusatzaufgabe in einem meist voll gebuchten Hotel. Aber meine Köche freuen sich, mitzuhelfen und etwas Neues zu sehen. Das macht den Anlass aus, er ist auch eine Art Weiterbildung und Kontaktbörse. Das sind wichtige Momente für die 42 Leute in meinem Team. Sami Tamimi und ich haben gegenseitig füreinander gekocht, es war ein wirklich schöner Austausch.

War es eigentlich nie ein Problem, Köche aus einem Raum voller politischer Spannungen zusammenzubringen?
Es gab im Vorfeld schon Diskussionen, aber das Schöne an diesem Festival ist, dass man sich am Ende über das Kochen austauscht und verständigt. Das hat ohne jegliche Probleme geklappt.

Gab es ein persönliches Highlight für Sie?
An der Kitchen Party bin ich fast nicht dazu gekommen, etwas zu probieren. Aber die  frittierten Austernpilze von Zizi Hattab waren ein absolutes Highlight. Das hat mich an Streetfood während meiner Zeit in Asien erinnert.

2024 findet das St. Moritz Gourmet Festival zum 30. Mal statt. Was planen Sie?
Das Jubiläum im komenden Jahr wird ein Highlight. Wir feiern die 30 Jahre mit zehn Top-Chefs, aber mehr kann ich noch nicht verraten. Am Montag fange ich an, Einladungen an Kollegen zu verschicken.

>> Fabrizio Zanetti ist Executive Chef im Swiss Deluxe Hotel Suvretta House und seit vier Jahren kulinarisch verantwortlich für das St. Moritz Gourmet Festival.

>> Sami Tamimi ist einer von zehn Gastköchen am St. Moritz Gourmet Festival 2023. Der gebürtige Palästinenser lebt in London und betreibt dort verschiedene Delis und Restaurants. Zusammen mit Yotam Ottolenghi hat er Bestseller-Kochbücher wie «Jerusalem» oder «Ottolenghi» veröffentlicht.