Text: David Schnapp | Fotos: Thomas Buchwalder
Eltern und Tochter. Mit erst 29 Jahren hat Noémie Bernard im «Sternen» in Walchwil ein erstaunliches Modell der familiären Betriebsführung etabliert: Den neu mit 15 Punkten ausgezeichneten, geschichtsträchtigen Gasthof am Zugersee leitet die junge Köchin zusammen mit ihren Eltern, am Herd steht sie zusammen mit Vater Giorgio, Mutter Anita verantwortet den Service. «Natürlich gibt es auch Konflikte, aber grundsätzlich funktioniert unser Modell», sagt Noémie Bernard. «Am Schluss entscheide ich, wie gekocht wird», fügt sie mit einem leisen Lächeln noch an.
Täglich besser. Ihr Ziel sei es, jeden Tag ein wenig besser zu werden, so die Chefin, die nicht mit überambitionierten, sondern eher mit geschmackvollem Pragmatismus überzeugt. Vor drei Jahren hat die erfahrene Gastronomenfamilie den «Sternen» übernommen und Schritt für Schritt wieder zu einer populären Adresse gemacht, die auf ein treues Stammpublikum zählen kann. Die Schritt-für-Schritt-Philosophie wendet das Vater-Tochter-Gespann auch in der Küche an, die Gerichte sind immer ästhetisch, aber nie zu kompliziert, «wir streben einen vollmundigen Geschmack an», der bei den Gästen sehr gut ankommt, erklärt Noémie Bernard.
Lokale Zutaten. Wie das geht, demonstriert die Köchin am Beispiel der Swiss Shrimps, die ausgezeichnet in ihr Konzept lokaler Zutaten passen: «Mein Gemüse kommt von einem Bio-Bauern aus Hünenberg, die Eier aus Walchwil, das Fleisch liefert Markus Heinzer aus dem Muotathal, Rolf Beeler bringt den Käse. Und am liebsten arbeiten wir mit Fischen aus dem Zugersee», sagt Noémie Bernard. Dogmatisch ist sie allerdings nicht, Zander aus dem Lago Maggiore oder eine bretonische Seezunge von Fischspezialist Bianchi kommen auch ins Menü, wenn aus dem See vor der Haustüre gerade wenig zu erwarten ist. Und Frische ist oberstes Gebot: «Wir bestellen so, dass die Produkte dann geliefert werden, wenn wir sie brauchen.»
Am liebsten roh. In der Küche nimmt Noémie Bernard jetzt aber eines der blauen Krebse aus der nachhaltigen Schweizer Zucht in Rheinfelden in die Hand: «Das sind schon sehr schöne Tiere und die blaue Farbe ist toll», sagt sie. Shrimps möge sie am liebsten roh, «so kommt der knackige Biss und der hervorragende Eigengeschmack am besten zur Geltung». Brate man die Crevetten hingegen, wirkten sie «eher lasch». Bernard zeigt zwei Varianten roher Shrimps-Zubereitung, zum einen werden sie mit einer Mischung aus Zucker und Salz zu gleichen Teilen sowie Orangenabrieb für eine Stunde gebeizt und zum andern als Tatar zubereitet. Die «Sternen»-Chefin verwendet die Grösse «Kolossal», «die ist ideal, nicht zu gross und nicht zu klein», findet sie. Gewürzt wird das Tatar bloss mit etwas Salz und Olivenöl
Kürbis und Cremigkeit. Als Beilage bevorzugt Noémie Bernard eine gewisse Cremigkeit, die einen schönen Kontrast zum festen Biss der Swiss Shrimps erzeuge. Kürbis hat Saison, die Köchin hat ihn im Ofen geröstet und dann mit etwas Joghurt zu einer Creme gemixt, die sie nun über das Tatar und das gebeizte Exemplar gibt. Zusammen mit knackigen rohen Kürbisspaghetti, einigen Kräutern und Blüten entsteht schnell ein typisches «Sternen»-Gericht: ästhetisch, schlicht und wohlschmeckend.
Egli aus dem See. Eigentlich hätten wir gerne noch gesehen, wie Noémie Bernard mit den typischen und ziemlich exklusiven Zugerseefisch namens Rötel umgeht. Aber das Netz von Fischer Toni Hürlimann ist leer geblieben, dafür gibt es Egli – auch der stammt aus dem idyllischen Gewässer vor der «Sternen»-Haustüre. «Unsere Gäste erwarten eine lokale Fischküche», sagt die 15-Punkte-Chefin. Im Gegensatz zu den Swiss Shrimps ist Braten in Butter hier die bevorzugte Zubereitungsmethode – «das schmeckt genial», findet Bernard. Blumenkohlpüree und roh marinierter Blumenkohl gibt es dazu, und auch hier führt die begabte Köchin vor, dass gute Fischküche nicht kompliziert sein muss, wenn die Zutaten so frisch sind wie die Zugersee-Egli oder die Swiss Shrimps.