Fotos: Digitale Massarbeit
Gäste als Freunde. Restaurants sind besondere Orte menschlicher Interaktion, es kommt immer wieder zu interessanten Begegnungen – zwischen Gästen ebenso wie zwischen Gastgebern, Köchinnen und Gästen. «Ich verbringe so viel Zeit im Restaurant, da entstehen ganz schöne Sachen», sagt dazu Tanja Grandits. Die 19-Punkte-Köchin aus dem «Stucki» in Basel zählt nach vielen Jahren im Bruderholzquartier auch einige Gäste zu ihrem Freundeskreis, dazu gehört der Immobilienunternehmer Roland Zanotelli, dem nebenbei auch die Schweizer Lizenz für die Ladenkette Dunkin’ Donuts sowie eine Olivenöl-Manufaktur an der Costa Brava im Nordosten Spaniens gehört. Ein Dinner in seinem Haus im Süden war denn auch ein aussergewöhnliches Freundschaftsgeschenk, das Tanja Grandits ihrem Stammgast Roland Zanotelli kürzlich gemacht hat.
«Eine Prise Magie.» Entstanden ist die Freundschaft während dem Corona-Lockdown im Jahr 2020, als Tanja Grandit’s kleiner «Stucki»-Laden zum Quartiertreffpunkt wurde, wo noch ein wenig menschlicher beziehungsweise kulinarischer Austausch möglich war. «Roland kam fast jeden Tag und hat alles gekauft, was wir angeboten haben. Irgendwann hat er beiläufig erwähnt, dass er auch Olivenöl produziere und gefragt, ob ich es mal probieren wollte», erzählt die Köchin über den Beginn dieser wunderbaren Freundschaft. Seither wird im «Stucki» ausschliesslich mit Fontclara-Olivenöl gekocht, das in pittoresken Hainen in der Nähe von Girona in viel Handarbeit und drei reinsortigen Varianten hergestellt wird: «Ich war von diesem Öl sofort begeistert, und gerade bei Olivenöl bin ich sehr heikel. Ich möchte intensiven Geschmack, der aber nicht extrem sein soll, das heisst ohne eine zu intensive Grasigkeit und Schärfe», erklärt Tanja Grandits ihre erste Wahl. Gutes Olivenöl, findet sie, sei «eine Prise Magie» an einem Gericht.
Faszinierende grüne Früchte. Dass Roland Zanotelli mit Engagement und Begeisterung hochklassiges Olivenöl herstellt, hat familiäre und berufliche Gründe. «Die Familie meiner Mutter hat Obstmühlen betrieben, ich selbst habe an der ETH in Zürich und in Paris Tierernährung studiert», sagt der 84-jährige Unternehmer. Die Freude an gutem Essen sowie das Interesse für Vorgänge in den Organismen von Mensch und Tier habe ihn schliesslich nach Fontclara geführt, so Zanotelli. 12500 Olivenbäume werden auf seinem Gut heute biologisch bewirtschaftet, 16'000 Bäume sollen es einmal werden. «Ich hätte auch Wein machen können, aber das ist ja noch komplizierter. Ich bin froh, dass ich wenigstens verstehe, wie Olivenöl hergestellt wird», sagt er. Sein Ehrgeiz sei es gewesen, das bestmögliche Öl aus den faszinierenden grünen Früchten herzustellen.
Höhenflug für den Focaccia-Teig. Von der Olivenöl-Mühle geht es auf die Terrasse seines Hauses, 24 Gäste – Freunde aus Spanien und der Schweiz – wurden von Roland Zanotelli eingeladen. Tanja Grandits hat ihren Küchenchef Marco Böhler und Sous-Chef Manuel Engel dabei, Gastgeber Grégory Rhomer sowie dessen Sommelier-Kollege Paul Fröhling. Auf Einladung Zanotellis konnte das «Stucki»-Team gemeinsam im Privatjet – eine Pilatus PC-24 der Zürcher Fluggesellschaft Cat Aviation – von Basel nach Girona/Costa Brava fliegen. Zum Komfort an Bord der kleinen Maschine mit acht Plätzen gehörten Champagner und Canapés. Im Frachtraum wurden ausserdem mehrere gut isolierte Boxen mit Zutaten für das Dinner transportiert: Mehr als ein Dutzend Komponenten für das Olivenöl-Trauben-Dessert von Patissier Julien Duvernay etwa, perfekt parierte Rehrücken aus dem Angebot von Spezialitätenhändler Alfred von Escher oder der ungebackene Teig für das Apero-Focaccia. «Ich bin gespannt, wie der Teig den Flug und die Höhe übersteht», sagt Tanja Grandits mit einem unverkennbaren Grandits-Lachen.
Abend voller Überraschungen. Es wird ein Dinner der Höhepunkte und Herausforderungen: Der Focaccia-Teig hat die Reise zwar unbeschadet überstanden, die schwankende Leistungskurve des Ofens wird dann für die Köche zu einer ersten Hürde. In einer durchschnittlichen Haushaltsküche ein Sechs-Gänge-Menü zu kochen, erweist sich trotz hervorragender Vorbereitung als Abend voller Überraschungen. Zwischendurch fällt der Strom aus und die Herdplatten geben nicht ganz her, was die Profis sich erhoffen. Davon merkt niemand etwas, der an einem der runden Tische sitzt, Tanja Grandits löst die Aufgabe mit Übersicht und Humor, Marco Böhler setzt fröhlich eine Stirnlampe auf, brät Steinbutt goldbraun in Olivenöl und Rehrücken auf exakt 52 Grad Kerntemperatur. Bei den genialen Spätzle mit Miso und Pfifferlingen hilft die Mikrowelle und am Ende ist es für Protagonisten und Gäste schlicht ein denkwürdiger Abend.
«Geschichten, die uns bleiben.» «Marco und ich arbeiten jetzt seit 16 Jahren zusammen und haben schon so viel erlebt», sagt Tanja Grandits später. Auftritte dieser Art ausserhalb des eigenen Restaurants suche sie sehr sorgfältig aus, sie seien wie Schulreisen. «Solche mit dem Essen verbundenen gemeinsamen Erinnerungen, ergeben wertvolle Geschichten, die uns bleiben. Das macht so viel Sinn», findet die Köchin.