Endlose Sonntage. Eben haben wir den Laden nach den Ferien wieder aufgemacht, ich habe seit längerer Zeit wieder einen ganzen Tag als Verkäuferin und Quartierseelsorgerin hinter der Theke verbracht. Es ist schön zu sehen, wieviel Freude man den Leuten mit kleinen Köstlichkeiten machen kann. Trotzdem fühlt sich das Leben zurzeit oft an wie ein endloser, langweiliger Sonntag. Auch wenn ich froh bin, hier in Basel und nicht irgendwo anders zu sein, wäre etwas mehr Normalität doch schön.
Gäste und Gastgeber. Ich glaube, es gibt, grob gesagt, zwei Arten von Menschen: Gäste und Gastgeber. Ich bin zweifelsohne letzteres, und das definiert mich letztlich. Was den Sinn und die Leichtigkeit im Leben ausmacht, entsteht bei mir, wenn ich Gastgeberin sein kann. Einmal pro Woche laden Emma und ich deshalb jemanden ein, wir halten uns an die Corona-Massnahmen, sitzen weit auseinander, und ich geniesse diesen Austausch mit Freunden, die Gespräche über Gott und die Welt. Und es zeigt mir, worin der wirkliche Wert meines Schaffens liegt.
Wenn die Zeit ausgeht. Meistens koche ich vegetarische Gerichte, weil ich aber noch sehr schöne Kaisergranate im Gefrierfach hatte, gab es einmal Langoustinen in einer asiatischen Kokossuppe und einmal mit Tagliatelle. Erstaunlicherweise passiert es mir trotz aller Erfahrung immer noch, dass mir beim Vorbereiten eines Essens die Zeit ausgeht. Dann bin ich froh darüber, dass ich unten im Laden ein paar Aperonüsse oder salzige Sablés holen kann. Und zum Dessert gibt es schon mal eine Degustation von sieben verschiedenen Sorbets, die mein genialer Patissier Julien Duvernay noch auf Vorrat hatte.
Wald und Reiterhof. Für meine Tochter Emma und mich ist es eine schöne Zeit. Ich fahre sie zum Reiterhof, und während sie sich um ihr Pferd Merlin kümmert, spaziere ich stundenlang durch den Wald. Dabei habe ich eine starke Faszination für Äste entwickelt, die ich sammle und nach Hause schleppe, um sie dort in Vasen zu stellen. Bei einem Schneesturm kürzlich, hat der Wind einen grossen Magnolienast auf die Strasse geworfen. Ich habe ihn zerteilt und die einzelnen Stücke ins Wasser gestellt und nun beginnen diese zartrosafarbenen Knospen langsam zu treiben. Die unregelmässige, scheinbar chaotische Form dieser Äste ist alles, was Schönheit für mich ausmacht, und ich könnte vor lauter Freude darüber einfach vor diesen Ästen sitzen und zuschauen, wie sie zu blühen beginnen.
Was fressen Pferde? Inzwischen backe ich auch ziemlich tolle Pferdekekse mit Schwarzkümmel, Thymian, Kamillenblüten oder Haferkleie zum Beispiel. Wenn sie sehr knusprig sind, gibt es tolle Geräusche, wenn ich Emmas Wallach Merlin damit füttere, und er scheint sich jedes Mal zu freuen wenn ich mich mit diesen Guetsli nähere. Ich habe natürlich recherchiert, was Pferde fressen dürfen, und die Pferdekekse gibt es mittlerweile auch in verschiedenen Farben: rote mit Randen, orangefarbene mit Karotten oder grüne vielen Kräutern.
Kleine, grossartige Momente. Kleine Dinge erhalten zurzeit ohnehin eine ganz neue Bedeutung, scheinbar Banales wird zu einem kleinen wohltuenden Ereignis. Kürzlich haben Emma und ich einen Spaziergang unternommen, auf dem ich bei den Hofläden auf dem Bruderholz Quark oder Mehl eingekauft habe. Emma hatte ein Pony an der Leine dabei, das sie ausführen sollte, und allein dieses Erlebnis, das gemeinsame Erwandern der Zutaten für die Küche, war ein schlichter grossartiger Moment.
Ideen kommen beim Machen. Über neue Gerichte fürs Restaurant denke ich nicht nach, das ist mir zu theoretisch und zu stark abgekoppelt von der Realität. In der Theorie entsteht bei mir nie etwas, die Ideen kommen beim Machen. Vielleicht bin ich auch schon zu alt, um mich einfach in die Küche zu stellen, und etwas auszuprobieren. Das ist etwas, was man eher als junge Köchin, als junger Koch macht.
Ein zweites Restaurant? Aber ich schaffe gerade die Voraussetzungen für Neues. Ich denke darüber nach, wie wir das Restaurant noch schöner machen könnten oder überlege, wie es wäre, ein zweites Lokal zu haben. Deshalb habe ich mein Büro aufgeräumt und das Material aus vier Jahren, das an meiner Magnetwand hing, radikal entfernt: Hunderte To-do-Listen, Fotos, Gedanken sind weg, nun hängt da die sprichwörtliche weisse Wand und nur einen Spruch habe ich mir aufbewahrt: «Es ist Zeit etwas Neues zu beginnen, um dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.»
Fotos: Lucia Hunzier, Tanja Grandits