Text: Urs Heller
Das starke Comeback der «Egerner Höfe». Ganz München fährt hin und viele Schweizer auch: Der Tegernsee, nur eine halbe Autostunde von Bayerns Metropole entfernt, ist Sehnsuchts- und Kraftort zugleich. Hier geniesst man das Leben, bei einem Glas Champagner oder einem Mass vom Herzöglichen Brauhaus Tegernsee. «E gscheids Essen» und «Schmankerl» gibt’s auch. Nur wenige Schritte von der Flaniermeile am See entfernt gibts eine erstklassige Adresse: Parkhotel Egerner Höfe, in neun Monaten spektakulär kernsaniert, modernisiert, kaum wiederzuerkennen. 108 Zimmer und Suiten (Stein, Holz, ab 300 Euro). 5000 m2 Hotelpark, «Mangfall Spa» mit 20-Meter-Pool und der neuesten TechnoGym-Kollektion im Fitnessraum. Epizentrum im Haus ist das Restaurant «Dichter». Der «Dichter» heisst Kellermann. Thomas Kellermann. Beim aktuellen Rating (17 GaultMillau-Punkte, ein Stern), wirds kaum bleiben.
Japanische Stechpalmen mitten im Restaurant. Kellermann ist auch Co-Direktor des Hauses, und er hatte einen Wunsch: «Holt mir bitte die Natur ins Restaurant!» Wunsch erfüllt: Grosse Fensterfronten geben im «Dichter» den Blick frei auf die uralten Kastanien und Eichen, und mitten im Restaurant, in drei offenen Glaskuben wachsen beeindruckende japanische Stechpalmen zum Himmel. Kellermann dankt es mit einer präzisen, unaufgeregten, angenehmen Küche. Der Tegernseer Kult-Fischer Christoph von Preysing ist sein Hoflieferant: Tegernseer Renke (zum Tatar verarbeitet), Tegernseer Saibling (mit wilder Brunnenkresse).
Erbsen & Kaviar, Krebs & Erdbeere. Der beste Gang im «Glashaus»: Die kühle Erbensuppe, eigentlich ein Erbsensuppen-Spiegel, mit Zuckererbsensalat und reichlich Imperial Kaviar auf der Sauerrahmbutter. Grosses Handwerk auch danach. Eine in geklärter Butter knusprig gebratene, innen saftige Milke, mit einer Frischebombe: Zitrone! Den Langostino gibts mit scharfer roter Zwiebel und Erdbeeren. Krebs & Erdbeere? Kennen wir doch schon. Das ist ein Klassiker im Repertoire von Heiko Nieder (The Dolder Grand, Zürich). Finale: Rehrücken aus dem Tal, angerichtet mit roter Beete, Brombeere und überraschend mit Erdnuss. Kellermanns Klassiker: «Phönix», ein ganzer Fenchel, im Salzteig gegart, am Tisch tranchiert, mit Bronzefenchel und bayrischen Garnelen serviert. Weinkarte? Alles, was in Deutschland Rang und Namen hat, dazu Klassiker aus Frankreich und Italien. Nix aus der Schweiz.
Ein Restaurant nur fürs Frühstück. Bemerkenswert ist in den «Egerner Höfe» bereits das Frühstück, das täglich bis 11 Uhr in einem eigenen Restaurant («Florian») aufgetragen wird: Weisswürste und Bretz’n. Leberwurst fein und grob. Grosse offene Küche nur für Rührei, Omelette & Co. Riesige Teeauswahl: «Nette Nani» (Pfefferminze), «Freche Vroni» (Bio-Kräuertee), «Greana Gustl» (Grüntee) und noch viel mehr. Bayrische Küche gibt es auch in den gemütlichen Stuben «Alois» und «Anton», auf der Terrasse zum Park oder in der behaglichen Kaminlounge.
Der Lois & der Christian. Thomas Kellermann hat noch einen Freund direkt am See: Der Lois (Alois Neuschmid) ist Wirt im «Haubentaucher»: Tagsüber gibt’s Kaffee & Kuchen (Aprikosen mit Schmand, Buttermilch-Charlotte) oder eine «Brotzeit» (selbstgebackene Ciabatta), abends ein Michelin-Stern für ein blitzsauberes Viergang-Überraschungsmenü mit Secreto vom Iberico-Schwein mit Zitronenstampf zum Schnäppchenpreis (70 Euro). Kellermann und Neuschmid hatten den gleichen Lehrmeister: Hans Haas vom berühmten «Tantris» in München. Berühmtester Chef im Tal: Christian Jürgens («Seehotel Überfahrt», drei Sterne, 19 Punkte). «Sauguet und sauteuer», sagt man am Tegernsee und staunt über die Küchen-Lyrik bei der Umschreibung des Menüs: «Bei uns sticht die Biene anders» (Brioche mit Kaviar). «Blueberry Hill» (Rehrücken mit Blaubeeren). «Wer hat die Kokosnuss geklaut?». «Wir», sagt Jürgens und serviert die Nuss im Zitronengras-Champagnersud.