Text: Urs Heller I Fotos: Fabian Häfeli
Der japanische Kick. «The Twins»! So nennen sie im Swiss Deluxe Hotel «The Chedi» stolz die beiden neuen Küchenchefs des japanischen Signature Restaurants. Die Zwillinge Dominik Sato und Fabio Toffolon kochen erstmals gemeinsam, und sie stehen vor einer ziemlich grossen Herausforderung: Hieven sie «The Chedi» auf ein (noch) höheres Niveau? Die Ausgangslage ist gut: Vorgänger Dietmar Sawyere (neu im «Kreuz», Dallenwil NW) hinterlässt ihnen Punkte, Stern, ein volles Reservationsbuch und vor allem ein raffiniertes Konzept: «The Japanese» ist kein japanisches Restaurant im strengen, klassischen Sinn. «Modern Omakase» ist angesagt, eine fröhliche, vergnügliche Ferienküche, auf französischer Basis aufgebaut, aber natürlich immer mit einem japanischen Kick. Der Start ist geglückt.
«Sakizuke»! Vier Starters der Extraklasse. Die Twins haben bei ihren berühmten Lehrmeistern (Heiko Nieder, Peter Knogl) gut aufgepasst, in Thun und Bern selbst erste Erfolge gefeiert und sind jetzt bereit für die nächste Challenge. Die vier «Sakizuke» (Amuse-bouches) sind so etwas wie eine Kampfansage: Eine unglaublich intensive Shitake-Essenz, die erst im dritten Ansatz und nach drei Tagen die gewünschte Tiefe erreicht. Eine Tartelette mit Saibling, Kaviar und mit liebevoll applizierten Shiso-Blüten. Eine Gillardeau-Auster No.2, in der Spitzengastronomie momentan allgegenwärtig, mit Granny Smith und vor allem mit ein paar Tropfen Ponzu-Vinaigrette. Und dann ein erster Hammer: Kaisergranat! Eine wunderbare Miso-Hollandaise umschmeichelt den edlen Krebs, Togarashi sorgt für die erwünschte Schärfe, und der knackige Spargel, in Nussbutter zubereitet, passt auch dazu.
King Crab vom Binchontan-Grill. In «The Japanese Restaurant» hatten die Köche noch nie Limiten beim Einkauf. Auch die Twins lassen es krachen. Sie starten mit Balfego Tuna ins Menü. Der Maguro (Rücken) wird zu Tatar verarbeitet, den noch edleren Otoro (Bauchlappen) gibt’s abgeflämmt: Sashimi von einem anderen Stern! Mioga (japanischer Ingwer) und Shishito Pepper setzen wuchtige Akzente, gefährden aber nicht die Harmonie im Teller. Aufregend gut auch die Königskrabbe: Sie kriegt auf einem kleinen Grill und auf Binchontan («weisse» Holzkohle aus Japan) den finalen Kick. Noch wichtiger als die elegante Räuchernote: Die raffinierte Dashi-Beurre blanc mit Fingerlimes für die Säure und Frische, mit Saiblingsrogen für den Biss und mit frischen Erbsli, von den Chefs persönlich gepuhlt. Wir erholen uns bei einem auf den ersten Blick harmlosen Steinbutt mit den üblichen Frühlingskomponenten Spargel (aus Flaach) und Morcheln. Der Extra-Kick fehlt auch hier nicht: Zehnjähriges Mirin kommt in die Nage und eine XXL-Portion Kaviari Kristal Kaviar obendrauf.
Taube oder Wagyu im Hauptgang? Beides! Der Zürcher «Vogelhändler» Alfred von Escher liefert perfekt abgehangene Königstauben ins Urserntal, die Jungs servieren sie mit der nötigen Präzision, mit knuspriger Haut, rotem Chicorée und einem erstklassigen Kalbsjus. Das Wagyu stammt aus Kagoshima, die Chefs mögen die «leichte» Variante. Toffolon: «Dubno beschafft uns exklusiv für die Schweiz Wagyu A3. Das ist weniger fett als das übliche A5. Wir servieren eine japanische Vinaigrette dazu; die ist leichter als ein mastiger Powerjus.» Die Sensation lag in einer kleinen Schale neben dem Teller: Nanatsuboshi, der Rolls Royce-Reis aus Hokkaido, Güteklasse A5. Besser und teurer geht nicht. «Richtig geil», schwärmt Dominik Sato und träufelt noch ein Löffelchen von der feinen Vinaigrette drüber.
Frau Sato steht auch in der Küche. Sato heisst Sato, weil er fürchterlich verliebt ist in seine Frau Yoshiko und bei der Hochzeit ihren Namen übernahm. Yoshiko spielt in der «Chedi»-Küche diskret eine wichtige Rolle. Sie ist zuständig für Desserts und Friandises. Genau so wichtig: die junge Mutter kümmert sich morgens um die Mise-en-place und ist «Mastermind» für alle Fragen zu Traditionen, Techniken und Produkten der geheimnisvollen japanischen Küche.
Das Sake-Tasting! Nigiri, Uramaki und Sashimi gibt es auch. Diesen Job delegieren die beiden jungen Chefs ihrem erfahrenen Sushimaster Masagji Nakanishi. Zum «Modern Omakase Menu by the Twins» empfehlen wir ein Sake-Tasting: Ein erfrischender, unkomplizierter «Ima for Oysters» als Einsteiger-Sake, «Snowflakes» zwischendurch, «Inatahime Goriki» zur Taube.