Text: Urs Heller Fotos: Egle Berruti, Roberto Patti

Die Olive ist natürlich keine. Die Aussicht runter auf die Bucht von Lugano ist spektakulär. Die Küche auch: Diego Della Schiava, im modernen Fünfsterne-Hotel «The View» über Nacht zum Chef aufgestiegen, macht einen Superjob, holt sich seine Produkte mal in den Büschen rund ums Hotel (wilder Spargel), mal etwas oeko-unfreundlich im fernen Neuseeland («ll Carbonaro», schwarzer Seehecht), kocht mit Klasse und auch mit Humor: Die pralle Olive bei den Amuse-bouches ist natürlich keine, sondern eine elegante Foie gras-Kugel. Und die schönste Spargel im Teller entpuppt sich als kunstvoll geformter Flan.

 

Benvenuto mit «Büscion». Der Reihe nach: «Benvenuto» heissen die Starter hier im Haus. Sie werden im halben Dutzend angekarrt. Das aus Maggiabrot hergestellte knusprige Blatt gefällt uns am besten, auch der «Büscion» (Frischkäse) mit Bärlauch hat was. Ziemlich genial der Start ins Menü: Ricciola und Spargeln! Die Tranchen von der Bernsteinmakrele werden mit Limes behandelt und sind so sommerlich frisch, die «asparagi violetti e di bosco» werden mal roh, mal gekocht serviert. «Für den wilden Spargel, der vor dem Hotel wächst, muss ich früh aufstehen, sonst schnappen in mir die Nachbarinnen weg», sagt Chef Diego.

THE VIEW Lugano Junior Suite bathtub romantic set-up

Freistehende Badewannen, Blick auf den See: Romantik pur!

THE VIEW Lugano

Geheimtipp über Lugano: «The View». Boutique-Hotel mit toller Küche.

«Sottobosco»: Gnudi, Trüffel & Schnecken. Pasta (Tortelli mit Ochenschwanz) und Risotto (Carnaroli Riserva San Marco mt rosa Pfeffer) sind sein Ding. Variante 3 ist eher etwas für Fortgeschrittene: Elegante, «leichte» Gnudi, geformt aus Tessiner Ricotta, dazu alles, was man «sottobosco», also im Unterholz findet. Mit schwarzem Trüffel und Wasserkresse können alle Gäste leben, mit den «Chiocciole» weniger. Schnecken liegen da im tiefen Teller, ein Relikt der guten alten französischen Küche. Beim «Carbonaro» greifen wieder alle zu: Applaus für den kräftigen, perfekt gebratenen Fisch. Applaus aber auch für Diegos Spiel mit Zucchine: Wir kriegen die Zucchini in allen möglichen Konsistenzen, auch als Mousse, auch als Geschmacksträger in der feinen Sauce; der Kaviar, ein Malossol aus dem italienischen Brescia, spielt da eine klare Nebenrolle.

 

Wachtel & Luganighetta. Der Hauptgang wird sehr sympathisch präsentiert: Der Chef hebt den Deckel einer blauen Cocotte, auf Kräutern liegt eine knusprige kleine Wachtel. Aufgeschnitten wird der Vogel draussen in der Küche, und wir staunen über die Füllung: Luganighetta! «Klassische französische Küche trifft auf eine echte Tessiner Spezialität», sagt Diego Della Schiava zur Wurst in der Füllung. Er kriegt die ungewöhnliche Combo prima hin (im Römer, bei 62 Grad) und legt ein elegantes Kartoffeltörtchen auf den Teller, mit einem kleinen Kräuter-Bouquet, getränkt mit Kirsch! Hauptgang-Alternativen: Fassone-Rind aus dem Piemont, «Pluma» vom Iberico-Schwein. Beim Dessert ist «Gamen» angesagt: Wie beim Computerspiel «Candy crash» liegen verschiedene Kugeln im Teller; der Gast rätselt, der Chef klärt auf.

Tolles Frühstücksbuffet. Und sieben Elektro-Smarts. «The View» mit seiner atemberaubenden Terrasse hat Erfolg. Dazu trägt Della Schiavas Partner an der Front viel bei. Mario Miranda leitet den Service und entkorkt Tessiner Weine, die man nicht überall kriegt: La Dama Bianca 2019 von der Tenuta Luigina, Blu di Notte 2019 von Adrien Stevens. Wer hier hoch über Lugano übernachtet, hat Privilegien: Ein beeindruckendes Frühstücksbuffet. Und einer der sieben Elektro-Smarts zur freien Verfügung. Für Sightseeing oder Shopping im nahen «Foxtown».

 

PS. Aktuelles GaultMillau-Rating: 15 Punkte. Auf der «watchlist» für Punkt Nr. 16.

 

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