Text: Urs Heller
Drei magische Zahlen: 60 – 40 – 10. Rico Zandonella feiert: Seinen 60. Geburtstag. Sein 40. Jahr in Küsnacht (früher «Kunststuben», heute «Rico’s»). Sein 10. Dienstjahr als Patron. Sehr erfolgreiche Jahre: Erst hat er seinen Lehrmeister Horst Petermann an die Schweizer Koch-Spitze begleitet, jetzt zeigt er solo, was er draufhat: Er begeistert die Stammgäste an der Zürcher Goldküste. Er hat mit seiner unkomplizierten Formel die Herzen vieler jungen «Foodies» erobert. Er ist der Leibkoch von Nachbarin Tina Turner. Und er überzeugt die Tester: 18 Punkte im Guide GaultMillau, zwei Sterne im Guide Michelin.
Gourmet-Küche statt Pedalo. Rico ist in Ascona aufgewachsen. Sein Vater vermietete Pedalos und kleine Motoboote, aber «ll figlio» hatte andere Pläne. Koch wollte er werden, und mit dem gestrengen und sehr erfolgreichen Horst Petermann fand er im «Ascolago» den bestmöglichen Lehrmeister. Rico war ein guter Lehrling: «Der beste meines Jahrgangs», schmunzelt der fröhliche Chef, «abgeschlossen habe ich mit der Note 5,8.» Prüfungsexperte war der damals berühmteste Koch im Tessin: Der unvergessene Angelo Conti Rossini. Rico zog mit Horst Petermann in die Deutschschweiz: Eine Freundschaft fürs Leben! Seine Geschwister sind am Lago Maggiore geblieben: Pia arbeitet in Ascona, Bruno führt den Campingplatz von Tenero.
Rampazzi & Risottino. Das «Rico’s» in Küsnacht ist so etwas wie die Tessiner Botschaft in Zürich. Wer eintritt ins lässig-elegante Restaurant, sieht erstmal rot: Der Tessiner Carlo Rampazzi, ein Freund des Hauses, hat das Intérior gestaltet, frech und fröhlich, wie es der Chef, der sich selber auch immer frech und fröhlich kleidet, mag. Ticino ist auch auf der Karte. Der Chef: «Ich bleibe meiner Heimat treu. Eine Lasagnetta, Ravioli oder ein Risottino gehören bei meinen Menüs dazu. Es sind auch meine persönlichen Lieblingsgerichte.» Die Lasagnetta mit Drei-Zitronen-Zabaione und Meergetier ist längst «signature dish» geworden. Der Risotto wird der Saison und der Laune angepasst: Mal ist es ein «Risottino verde» mit Pétoncles, mal ein Rotwein-Risottino mit St. Pierre und ganz dünn geschnittenen Calamaretti. Auch eine Carbonara, Gnochetti oder eine Tessiner Polenta schaffen es immer wieder ins 18-Punkte-Menü: Mit Onsen-Ei etwa und Würfel von der Alpstein-Poularde.
Die Formel Rico. Vor zehn Jahren hat Rico Zandonella Zürichs berühmtestes Restaurant von seinen Freunden Horst und Iris Petermann übernommen – und fröhlich umgekrempelt. Noch mehr Rampazzi, noch mehr Farben im ganzen Haus, ein neuer Stil im Umgang mit Brigade und Gästen: Die Mitarbeiter tragen im «Rico’s» jetzt farbige Sneakers, sind ziemlich locker drauf. Was einer jungen Feinschmecker-Generation stark entgegenkommt. Geblieben ist die unglaubliche Lust am Kochen, der Spass, Gastgeber zu sein, das Talent, das Beste aus verschiedenen Kulturen in ein Menü unterzubringen. Geblieben ist auch ein grosses Stück Dankbarkeit: «Horst hat mir alles beigebracht. Ich denke beim Kochen täglich an ihn. Er ist der beste Lehrmeister, den ein junger Chef haben kann.» Horst Petermann lebt zurückgezogen in Küsnacht. Auf seinen «Ricolino» ist er mächtig stolz.
>> Fotos: Fabian Häfeli, Joan Minder, Thomas Buchwalder.