Einlass auf Knopfdruck. Eine geheime Tür in der Wand öffnet sich auf Knopfdruck automatisch für den Gast mit einer Reservation. Dann geht es eine dunkle steile Treppe hinauf in das mysteriöse Obergeschoss. «Dry Club» heisst dieser Teil des Lokals, inspiriert von den längst vergangenen Tagen der Prohibition, als Alkohol noch ein rares oder vielmehr verbotenes Gut war. Und es ist eine der ungewöhnlichsten Orte in Zürich, um in eher untypischer Atmosphäre gut zu essen. «Tipsy Tiger» heisst die Bar an der berühmt-berüchtigten Ecke von Militär- und Langstrasse in Zürich. Unten gibt es Drinks aus Zapfhähnen, und wer will bekommt dazu beispielsweise mit die besten Pommes Frites der Stadt («Triple Cooked Fries»). Oben sind die Cocktails «State of the Art» und auf dem Menü steht Bar Food oder ein erstaunliches Fünf-Gang-Menü mit Anspruch. Grosses Bild oben: Küchenchef Samuel Widmer und seine Lobster Roll.

Dry Club Tipsy Tiger

Besondere Atmosphäre: der «Dry Club» in der oberen Etage des «Tipsy Tiger»

Alles hausgemacht. Dabei hat Küchenchef Samuel Widmer, in dessen Lebenslauf Stationen bei Heiko Nieder, im Uccelin-Programm von Andreas Caminada oder im Hotel The Fontenay in Hamburg stehen, hohe Ansprüche an beide Küchendisziplinen. Für seine erst blanchierten und dann zweimal frittierten Pommes etwa gibt es eine lange Liste von geeigneten Kartoffelsorten, jede mit individuell angepassten Garzeiten. Alles hausgemacht, alles auf hohem Niveau, auch wenn es nur frittierte Kartoffelstäbchen sind, lautet das Küchencredo.

Hamachi Jalapeno

Farbenfroh: roh gebeizter Wolfsbarsch an Jalapeño-Peperoni-Sud mit Passionsfrucht.

Pata Negra Rolle

Fast schon genial: geschmorte Backe vom Pata-Negra-Schwein mit Kräutersalat und japanischer Senf-Mayo.

Heiss, knusprig, fettig. Empfehlenswert sind auch die knusprig gebackenen Blumenkohl-Nuggets mit Barbecue-Sauce, aber uns interessiert insbesondere das Menü. Dazu gibt es auf Wunsch passende, ebenso hochstehende Cocktails wie einen «Old Fashioned» mit Bourbon, Miso und – selbstverständlich hausgemachtem – Pilzsirup. Der passt zur betörenden Pilzessenz zum Start des Menüs, die mit zwei aromatisierten Ölen aus Thymian und Frühlingslauch, neben der harmonisch-runden Umami-Grundierung auch leichte, ätherische Akzente bekommt. Beim kurz gebeiztem rohen Wolfsbarsch an einem Ceviche-Sud auf Basis von Jalapeño und grüner Peperoni fehlt es etwas an Mut beim Abschmecken, auch wenn die Zugabe von Passionsfrucht feine fruchtige Säure-Akzente setzt. Vom Sauerteig-Focaccia mit Belper-Knolle-Butter kann man hingegen nur schwer ablassen, und der nächste Gang ist fast schon genial an der Grenze zwischen herzhaftem «Soul Food» und raffiniertem «Fine Dining» platziert: Fleisch geschmorter Backen vom Pata Negra-Schwein, das in eine erstaunlich lockere Rolle verpackt und von einem knusprigen Panko-Mantel umhüllt wird, gibt es mit Senf-Mayonnaise, Kräutern, Salat sowie eingelegten Zwiebeln und Jalapeño-Ringen – heiss, knusprig, leicht fettig und gleichzeitig mit einer angenehmen Frische.

Dry Club Bar

Passende Cocktails zum Menü: die «Dry Club» Bar.

Rauer Kreis 4. Die im Anschluss servierte Lobster Roll mit Lachsrogen in einer goldbraun gebratenen Brioche ist zwar ebenfalls ausgezeichnet, hätte aber im Sinne einer ausgeklügelten Dramaturgie besser früher ins Menü gepasst. Bevor wir aus der angenehmen, diskreten Bar-Welt wieder hinaus ins raue Kreis-4-Zürich treten, gibt es noch ein Stück Karamell-Tarte mit Sauerrahm und die Gewissheit, dass hier ein talentierter Koch seinen ganz eigenen, aber sehr vielversprechenden Weg geht.

>> Tipsy Tiger / Dry Club
Langstrasse 133
8004 Zürich
www.tipsytiger.ch
Tipsy Tiger: Mo–Sa ab 17 Uhr
Dry Club: Do–Sa ab 18 Uhr


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