Text: Urs Heller I Fotos: Thomas Buchwalder
Streetfood statt Fine Dining. Stefan Heilemann und Thailand – das ist eine Liebesgeschichte. Immer wieder zieht es den «Widder»-Chef (18 Punkte, zwei Sterne, Koch des Jahres 2021) nach Asien. «Diesmal war ich fünf Wochen lang unterwegs im ganzen Land. Ich habe mich gut erholt. Und ich habe fantastisch gegessen: Selten in Fine Dining-Restaurants, öfter Streetfood. Meine Thai-Freunde führen mich zu den besten Ständen.» Seine beste Thai-Freundin? Renu Homsombat, die für «Banyan Tree» ein Dutzend Restaurants führt und selbst im «Saffron» Bangkok kocht. Stefan Heilemann und sie haben früher bei Harald Wohlfahrt zusammengearbeitet.
Tom Yum-Crashkurs bei Renu. Heilemann ist mittlerweile selbst ein hervorragender Thai-Koch, aber eine Frage beschäftigt ihn schon länger: Wie bereitet man eine Tom Yum perfekt zu, schön scharf und schön «sour»? «Jetzt weiss ich es», lacht Heilemann, «aber dafür ging ich den Ferien nochmals zu Chef Renu in die die Lehre.» Renus Rezept: Chua Hah Seng Chili-Paste, Cherrytomaten, Kaffirblätter, Galgant, Zitronengras, Knoblauch, Schalotten, Koriander. «Alles fein mixen», empfiehlt Renu. Alles klar?
Ein Koffer voller Teller und Schalen. Heilemanns Tom Yum-Nummer ist der Aufreger im aktuellen «Widder»-Menü. Weil die Paste genial ist. Und weil er den Gang ganz schön aufpeppt: Kaisergranat vom Luxuskaliber 3/6 gibt’s dazu und einen echt spicy Gurkensalat; den Gaumen beruhigt man mit einem Jasmin-Reis mit Ei und Soja. Der Chef richtet in neuen, hübschen Schalen an: «Die habe ich in Chiang Mei entdeckt. Ich habe sie auf dem Markt gekauft, ebenso einen zusätzlichen Koffer und das Geschirr so selbst nach Hause transportiert.»
Hommage an Paul Bocuse. Die Tom Yum ist nicht der einzige Höhepunkt im neuen Menü- Wir zählen auch das leicht gebeizte, kühl servierte Wasserbüffel-Tatar mit den geeisten Estragon-Perlen dazu, den französischen Prunier-Kaviar zur Balfego-Variation und vor allem die sensationelle Ochsenschwanz-Essenz. Heilemann hat mit seinen Jungköchen Berge von Knochen ausgekocht und die Intensiv-Brühe ordentlich veredelt: Mit Entenleber-Würfeln, eingelegten Périgord-Trüffeln, feinen Ravioli und eleganter Blätterteig-Haube. «Ich baue gerne einen Klassiker in mein Menü ein. Diesmal ist es eine kleine Hommage an Monsieur Bocuse.» Eine kleine Schrecksekunde hatten wir auch: Heilemann servierte zum Atlantik-Seeteufel die Seeteufel-Leber («wie Foie gras»). Etwas für Fortgeschrittene.
PS. Was trinkt man zu Heilemanns wilder Küche? Sein souveräner Partner Stefano Petta bleibt gelassen und greift zu Flaschen von Schweizer Top-Winzern: Marie-Thérèse Chappaz (Completer), Jacques Tatasciore (Pinot Noir).