Text: Kathia Baltisberger Fotos: Joan Minder

«Gedegedegedegede...», ruft Toni Odermatt seinen Geissen zu. Es ist Vormittag, Zeit für die Weide. Der Himmel ist wolkenverhangen, die Tiere noch etwas zaghaft. «Das sind halt Schönwetter-Tiere.» Toni Odermatt ist Bauer, Käser, Metzger und Verkäufer. Er hält auf seinem Hof oberhalb von Stans Ziegen und Molkesäuli. Aus der Ziegenmilch macht er Käse, im Frühling gibt’s Gitzi, geschlachtet wird auf dem Hof. Das Schweinefleisch ist bei Köchen besonders beliebt. Fabian Inderbitzin vom Seerestaurant Belvédère in Hergiswil ist seit 15 Jahren Kunde. Und heute ist er mit Toni und den Geissen auf der Weide. «Wenn man sieht, wie die Tiere hier leben, dann ist das viel der grössere Luxus als Wagyu aus Japan oder Angus aus den USA», sagt Inderbitzin.

Toni Odermatt Geissäheimat Stans

Eine Spezialität von Toni Odermatt ist der geräucherte Geissen-Ricotta.

Toni Odermatt Geissäheimat Stans

Sensible Wesen: Toni und seine Geissen.

Gemecker. Wer Toni Odermatt beobachtet, merkt schnell: Für ihn sind das nicht einfach Nutztiere, sondern sensible Wesen, auf deren Bedürfnisse man eingehen muss. Vor allem die Geissen. «Die sind manchmal wie Damen. Sie laufen nicht durch den Matsch, weil sie nicht gerne dreckige Hufe haben.» Wenn Toni zu spät in den Stall kommt, meckern sie. Auch wenn die Geissen ihre Jungen selbständig zur Welt bringen können, warten einige mit der Geburt auf «ihren» Toni. 

Viel Platz = viel Spass. Das Gelände am Fusse des Stanserhorns eignet sich optimal für die Ziegen. «Mein Vater hat 1990 umgestellt, weil der Hang so steil ist», erzählt Toni. So steil, dass Toni die Fussballschuhe montiert, um genügend Halt zu haben. 2003 habe er übernommen. «Wäre es noch eine Kuhmilch-Produktion, wäre ich nicht Bauer geworden.» Die Geissen, die haben es dem 39-Jährigen angetan. 120 Ziegen sind es. Das Gelände, der Platz im Stall würden noch mehr Tiere zulassen. Vor allem bei den Schweinen. Doch Toni winkt ab. «Es haben sich schon viele gefragt, wieso ich den Platz nicht optimal ausnutze. Aber das will ich einfach nicht.» Die jungen Säuli, die mit eiweisshaltiger Molke gefüttert werden, balgen sich, rennen durchs Gehege, steigen auf einander rauf – und geben Toni mit ihrem Verhalten recht. 

Toni Odermatt Geissäheimat Stans

Fabian Inderbitzin setzt auf lokale Produkte im «Seerestaurant Belvédère» in Hergiswil.

Toni Odermatt Geissäheimat Stans

Toni Odermatt gehört zu seinen nächsten und liebsten Produzenten. 

Toni Odermatt Geissäheimat Stans

Regelmässig macht sich Fabian ein Bild von den Ziegen auf dem Hof. 

Ayurveda für die Geiss. Durch den vielen Platz, die hohen Räume und die damit verbundene Luftzirkulation, sind die Schweine kaum krank. Bei den Ziegen gilt das Motto «weniger ist mehr». «Die Toggenburger Ziegen haben vielleicht eine tiefere Milchleistung, aber dadurch haben sie viel weniger Euter-Probleme.» Und Toni greift auch noch zu ein paar Naturheilmitteln: Die Ziegen bekommen eine indische Gewürzmischung ins Futter gemischt – ein natürliches Entwurmungsmittel. «Und es tut ihnen auch sonst einfach gut.» Ayurveda für die Geiss sozusagen. Trächtige Tiere bekommen Leinsamen, das sorgt für mehr Fruchtwasser. 

Hardcore-Kunde. Fabian Inderbitzin verwertet seit rund einem Jahr fast nur noch einheimische Produkte. «Ich schaue, dass meine Produzenten innerhalb von ein paar Kilometern sind», sagt der 17-Punkte-Chef. «Fabian gehört zu meinen Hardcore-Kunden. Er kauft ziemlich konsequent.» Auch Corona hat den Chef nicht abgehalten. «Ich hatte 120 Gitzi und plötzlich keine Restaurants mehr, die mir das Fleisch abgekauft haben», sagt Odermatt. «Doch Fabian hat innerhalb von wenigen Tagen ein Konzept aus dem Boden gestampft, das hat mich beeindruckt.»

Toni Odermatt Geissäheimat Stans

Die Ziegen «zicken» schon mal rum. Zum Beispiel wenn Toni Odermatt zu spät im Stall aufkreuzt.

Toni Odermatt Geissäheimat Stans

Toni Odermatt führt die Geissäheimet Meierskählen mit Herz - das macht ihn zum Geissenflüsterer. 

Auf dem Märt in Luzern. Aktuell gibt es im Seerestaurant gleich mehrere Gerichte mit Geissäheimet-Produkten. Zum Beispiel den geräucherten Geissen-Ricotta, der viel fester ist in der Konsistenz als herkömmlicher Ricotta. Dazu serviert Inderbitzin eingelegte Aprikosen und Trüffel-Honig. Oder beim Hauptgang gibt’s geschmortes Bäggli und Carré vom Molkesäuli, dazu Artischocken und Erbsen. Alternative für Geisskäs-Liebhaber: Toni ist jeden Samstag auf dem Markt im Helvetiagärtli in Luzern, wo er Chälä-Rugeli, Halbhartkäse, Ricotta, Trockenfleisch und Birnendicksaft verkauft. Auch Zürcher kommen nicht zu kurz. Anlaufstellen sind Marlene Halters «Metzg», «Tritt» im Viadukt oder «Nah und fein» beim Rigiplatz. 

 

www.meierskaehlen.ch

www.seerestaurant-belvedere.ch